Editorial

ITIL vereitelt "Hey-Joe-Prinzip"

08.11.2004
Mitarbeiter im IT-Service haben ein Problem: Am liebsten erteilen ihnen ihre Kunden die Aufträge auf dem Flur oder im Fahrstuhl. "Meine E-Mail-Box läuft über, kannst du nicht irgendwie automatisch..." oder "Hey, könntest du nicht mal auf meinem Rechner... installieren" gehören zu den Klassikern in der Kommunikation mit IT-Mitarbeitern. Erstaunlich dabei ist, dass viele von ihnen dieses Hey-Joe-Prinzip gar nicht als ihr Problem erkennen. Ein IT-Joe gefällt sich in der Rolle des Helfers in allen Lebenslagen. Ihm gefällt die Omnipotenz, die ihm an allen Orten in der Firma zugesprochen wird.

Mitarbeiter im IT-Service haben ein Problem: Am liebsten erteilen ihnen ihre Kunden die Aufträge auf dem Flur oder im Fahrstuhl. "Meine E-Mail-Box läuft über, kannst du nicht irgendwie automatisch..." oder "Hey, könntest du nicht mal auf meinem Rechner... installieren" gehören zu den Klassikern in der Kommunikation mit IT-Mitarbeitern. Erstaunlich dabei ist, dass viele von ihnen dieses Hey-Joe-Prinzip gar nicht als ihr Problem erkennen. Ein IT-Joe gefällt sich in der Rolle des Helfers in allen Lebenslagen. Ihm gefällt die Omnipotenz, die ihm an allen Orten in der Firma zugesprochen wird.

Wer ehrlich ist, gibt jedoch zu, dass das Hey-Joe-Prinzip spätestens seit dem Client-Server-Zeitalter überhand genommen hat. Es kann nicht jeder IT-Mitarbeiter jede Frage beantworten - nicht ad hoc und schon gar nicht, wenn die Frage durch umständliche Prozesse in den Fachbereichen verursacht wird. Insbesondere um dieses letzte Problem von den üblichen Help-Desk-Anfragen zu trennen, ist es sinnvoll, IT-Services zu kategorisieren und feste Prozesse für eine Lösung zu definieren. Die IT Infrastructure Library (ITIL) kann dabei helfen.

ITIL tut dies manchmal umständlich oder ohne großen Zugewinn für die Unternehmen. Selbst hartgesottene ITIL-Befürworter wie Roman Studenic von John Deere haben deshalb nicht alle der vorgeschlagenen Prozesse von ITIL implementiert (siehe Seite 12). Forrester-Analyst Thomas Mendel wirft der Methode zudem vor, sie suggeriere, bereits eine Lösung für IT-Probleme zu sein (siehe Interview auf Seite 20).

Dennoch: ITIL hilft CIOs, Prozessdenken in ihren IT-Abteilungen zu verfestigen. Und wie wichtig dies ist, zeigt die Studie "State of the CIO" auf Seite 22. US-amerikanische CIOs sind demnach gerade dabei, ihre Bedeutung in den Unternehmen zu verlieren. Sie berichten immer seltener direkt an den CEO. Eine Ursache dafür liegt in einer zu Technik-bezogenen Sicht, die ihnen die Vorstandsvorsitzenden ankreiden. CEOs wollen wertsteigernde Maßnahmen für das Unternehmen. Wer sich als CIO im Vorstand halten will, tut gut daran, dieser Erwartung gerecht zu werden.

Viel Spaß beim Lesen

Ihre CIO-Redaktion