Wie betreiben Unternehmen IT-Service-Management (ITSM), also die Gesamtheit der Maßnahmen, die nötig sind, damit die IT-Organisation die Geschäftsprozesse im eigenen Unternehmen bestmöglich unterstützt? Wie erfolgreich sind sie bisher, welche neuen Aufgaben stehen ihnen bevor?
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IDG Research Services befragte 347 Unternehmen aus 18 Branchengruppen von Unternehmensdienstleistern (27 Prozent) bis Baugewerbe und Handwerk (zwei Prozent), dazu kamen mehrere kleine Branchen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
1. Gute Zwischenbilanz
61 Prozent aller Studienteilnehmer sind mit dem ITSM in ihrem Unternehmen sehr zufrieden oder zufrieden, 28 Prozent eher zufrieden. Richtig unzufrieden äußerten sich nur drei Prozent. Die Größe des Unternehmens und der IT-Abteilung sowie die Höhe der IT-Aufwendungen korrelieren mit keinen starken Abweichungen von der Gesamtheit. Überall sind ungefähr 60 Prozent der Befragten zufrieden oder sehr zufrieden.
Größere Unterschiede sind mit der Position und den täglichen Aufgaben der Befragten verbunden. Zum Beispiel loben 78 Prozent der CIOs, aber nur 38 Prozent der Praktiker aus dem Service-Management das ITSM. Auch von den Teilnehmern aus dem IT-Bereich ist nur jeder zweite zufrieden.
Die Befragten konnten elf weitere IT-Leistungen bewerten, zum Beispiel die "Passgenauigkeit der IT-Services" und die "Nachhaltige Beseitigung bekannter IT-Fehler". Die Beurteilungen fielen hier unterschiedlicher aus, ungefähr 60 Prozent "gut" und "sehr gut" waren jedoch ebenfalls typisch. Grob gesagt: ITSM wird als ungefähr genauso gut eingeschätzt wie die Unternehmens-IT im Allgemeinen.
2. Nur Cloud Computing ist dringlicher
Unter 27 Themen konnten die Studienteilnehmer auswählen, womit ihr Unternehmen sich im nächsten Jahr vor allem auseinandersetzen müssen wird. Mehrfachnennungen waren zugelassen. Das wichtigste Thema ist demnach Cloud Computing (51 Prozent) vor ITSM und Security/Cyber Security (je 46 Prozent). Es folgen die Standardisierung, Konsolidierung und Integration von IT-Systemen sowie die Digitalisierung von Geschäftsprozessen mit jeweils gut 43 Prozent, also ebenfalls Themen, auf das ITSM reagieren oder das es vorantreiben muss. Hier zeigt sich die Fülle der Aufgaben, aber auch der strategischen Möglichkeiten, vor denen die IT-Bereiche mit ITSM stehen.
"Auf jeden Fall", "wahrscheinlich" oder "vielleicht" werden zusammen 77 Prozent der Unternehmen in den nächsten Monaten in ITSM oder Enterprise-Service-Management (ESM) investieren. Je mehr Mitarbeiter und IT-Mitarbeiter ein Unternehmen hat und je mehr es für IT ausgibt, desto eher wird es "auf jeden Fall" Geld für das IT-gestützte Servicemanagement in die Hand nehmen. Das kann auch eine Frage der Bezeichnung sein: Was anderswo ITSM hieße, wird vor allem in sehr kleinen und kleinen IT-Abteilungen unter einem anderen oder unter gar keinem Titel mit erledigt. Am meisten mit ITSM-Investitionen rechnen CIOs (93 Prozent). Sie müssten es eigentlich wissen.
Studiensteckbrief Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner Partner: Als Gold-Partner unterstützte OMNINET Software-, System- und Projektmanagementtechnik die Studie, als Silber-Partner engagierte sich USU, als Bronze-Partner halfen Axios Systems, Realtech und TOPdesk Deutschland. Technologischer Partner war Questback, als Umfrage-Software diente EFS Survey Summer 2017. Grundgesamtheit: 347 oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen aus der DACH-Region nahmen an der unabhängigen Studie "IT-Service-Management 2018" des Marktforschungsunternehmens IDG Research Services teil. Die Teilnehmer sind strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und den Fachbereichen (Lines of Business), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich. Untersuchungszeitraum: Die abgeschlossenen und qualifizierten Interviews fanden online vom 2. bis 10. November 2017 statt. Die Teilnehmer waren durch Stichprobenziehung aus der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media ermittelt und dann per E-Mail persönlich zur Teilnahme eingeladen worden. Methode: Online-Umfrage. Fragenbogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern. ... zur Studie |
3. CIOs wollen flexibel und unabhängig arbeiten
Welche Kriterien muss ein ITSM-/ESM-Tool erfüllen? Diese Frage bekamen nur CIOs, IT-Leiter und Mitarbeiter aus dem IT-Bereich gestellt. Einzelne Funktionen und Leistungen wie etwa Cloud Brokering und Customer Relationship Management (CRM) sind ihnen dabei weniger wichtig. Den größten Wert legen sie darauf, dass die Tools sehr gut integrierbar sind und sich Prozesse mit ihnen flexibel modernisieren lassen. Auch sollten sich die Werkzeuge ohne Hilfe des Herstellers customizen lassen. Die IT-Experten wollen ohne fremdbestimmte Standardisierung und ohne externe Eingriffe die spezifischen Prozesse ihres Unternehmens unterstützen und formen können. Das ist ein strategischer Ansatz und ein Angebot an das noch höhere Management.
Dass ITSM sich hier noch verbessern kann, zeigt die Einschätzung seiner wirtschaftlichen Wirkung. Sieben von zehn Teilnehmern stimmten dem Satz "ITSM sorgt generell für eine bessere Servicequalität in der IT" zu; Leistungen, die direkt mit Geld zu tun haben, wie etwa die Professionalisierung des IT-Sourcings (51 Prozent) und die Zuordnung der IT-Kosten (49 Prozent), wurden weniger gelobt.
4. Strategische Möglichkeiten halb genutzt
Gilt ITSM als Mittel, mit dem die IT unternehmensstrategische Neuerungen vorbereiten und, zusammen mit weniger fachkundigen Beteiligten, treffen kann? Indizien dafür wären: Die IT bietet ITSM- und Service-Tools an, die sich im ganzen Unternehmen verwenden lassen, darunter solche, die sie zunächst nur selbst benutzt hat; neue Geschäftsprozesse werden von vornherein mit solchen Tools und Methoden entworfen und gestaltet; die IT macht das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher.
Bei den entsprechenden Fragen sind Halbe-halbe-Antworten, die auf genutzte wie ungenutzte Chancen verweisen, typisch. Beispielsweise hat knapp jedes zweite Unternehmen ein ESM-Tool übergreifend in mehreren Servicebereichen in Betrieb oder führt es gerade ein. Wo solche Einführungen nicht gelingen, liegt es oft am Personalmangel. Am häufigsten klagen darüber große Firmen mit hohen IT-Ausgaben.
5. Künstliche Intelligenz statt Mail und Telefon?
Seit es IT gibt, ist sie eine Rationalisierungstechnik. Wegen der Unsicherheit, die sie damit verbreitet, ist sie zugleich ein People Business. Dieses Dilemma erschwert die strategische Orientierung des ITSM. Als wichtigste Meldewege im ITSM und ESM nennen die Teilnehmer die E-Mail (77 Prozent) und das Telefon (72 Prozent). Anwender schätzen die Kollegen aus der IT als persönliche Ansprechpartner mit Mail-Adresse und Durchwahlnummer. Das anonyme Self-Service-Portal (35 Prozent) ist nachrangig. Wird es tatsächlich zum wichtigsten Meldeweg aufsteigen, wie 58 Prozent der Teilnehmer glauben, werden nicht alle Anwender begeistert sein.
Der zweitwichtigste Meldeweg wäre dann die Künstliche Intelligenz (53 Prozent), die bisher keine große Rolle spielt (neun Prozent). Wenn die Teilnehmer recht haben, steht im ITSM also noch eine zweite Rationalisierung bevor, die auch die Self-Service-Portale eines Tages überflüssig machen könnte: die Automatisierung.
6. Geschäftsprozess-Automatisierung läuft
Künstliche Intelligenz ist das eine Schlagwort, das heute in vielen strategischen Diskussionen fällt, das andere heißt Automatisierung. Drei Viertel der Unternehmen automatisieren Geschäftsprozesse in größerem Stil oder werden bis 2019 damit anfangen. Viele verwenden dazu auch Intelligent-Automation-Lösungen, die unter anderem auf Künstlicher Intelligenz beruhen. Das betrifft alle Unternehmensbereiche.
Hier zeigt sich, welche Chancen die IT hat und auf welchem Seil sie tanzt. Mit den Mitteln des ITSM kann sie dazu beitragen, dass anspruchsvolle Abläufe, die bisher von Menschen gesteuert werden, sich in Zukunft selbst steuern. Von außen oder gar von oben kann sie das nicht tun, vielmehr wird sich auch ihre eigene Arbeit verwandeln. Künstliche Intelligenz wird vieles ändern, hat aber ihr Tal der Desillusionierung noch vor sich. Die IT kann sich Verdienste erwerben, indem sie Veränderungen vorantreibt, aber auch, indem sie falschen und überzogenen Erwartungen entgegentritt. Mit beidem kann sie sich, unter anderem durch ITSM, im Zentrum des Geschehens positionieren.
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Lesehilfe
Alle Antworten, die die 347 Teilnehmer der IT-Service-Management-Studie zu einer Frage gegeben haben, werden jeweils als "Gesamtheit" bezeichnet. Teilweise sind es 347 Antworten, teilweise weniger. Prozentzahlen, über die nichts anderes gesagt wird, beziehen sich auf die Gesamtheit.
Die Antworten wurden aber auch getrennt nach der Mitarbeiterzahl der Unternehmen, nach der Kopfstärke ihrer IT-Abteilungen und nach der Höhe ihrer IT-Aufwendungen ausgewertet. Im Interesse der Lesbarkeit werden dazu in diesem Beitrag Kurzbezeichnungen verwendet. "Kleine Unternehmen" haben unter 100 Mitarbeiter, "mittlere Unternehmen" beschäftigen 100 bis 999 Mitarbeiter, in "großen Unternehmen" sind es 1000 und mehr Mitarbeiter. IT-Abteilungen sind "sehr klein" (unter zehn Mitarbeiter), "klein" (zehn bis 50 Mitarbeiter), "mittel" (51 bis 100 Mitarbeiter) oder "groß" (mehr als 100 Mitarbeiter). Ein "kleines IT-Budget" haben Unternehmen, die im Jahr weniger als eine Million Euro für IT aufwenden, ein "mittleres IT-Budget" beträgt eine bis unter zehn Millionen Euro, ein "großes" ab zehn Millionen Euro.
Unterschieden wurde auch, welche Positionen die Studienteilnehmer in ihren Unternehmen ausfüllen. Mit "CIOs" sind auch IT-Vorstände, CDOs, CTOs und Technikvorstände gemeint, mit "IT-Leitern" auch IT-Fachbereichsleiter, mit "Geschäftsführern" auch Vorstände.
Alle Prozentangaben sind auf ganze Zahlen gerundet.