Rainer Janßen, CIO der Münchener Rückversicherung, hat schon 1998 mit der IT Infrastructure Library (ITIL) angefangen. Nachdem er jetzt die Prozesse im IT-Betrieb sortiert hat, will er die Anwendungsentwicklung industrialisieren. "Industrialisieren" heißt für ihn: effizienter arbeiten zu lassen. Rund 270 seiner 370 IT-Mitarbeiter programmieren in der internen AE. Rund 400 weitere liefern von außen zu. Alle seien unterschiedlich zu behandeln, sagte Janssen vor kurzem dem "CIO Magazin". "Anwendungsentwickler sind Kunsthandwerker. Die zu Industriearbeitern zu machen, ist viel schwieriger, als Mitarbeiter im IT-Betrieb zu verändern." Manche Dienstleister in der Entwicklung haben zwar ein Modell, um Software nach festen Prozessen, aber es gibt keinen Standard. "In der AE gibt es so etwas wie ITIL nicht", klagt der CIO. Außerdem sei die scharfe Rollentrennung bei vielen Entwicklern nicht beliebt.
Um zu industrialisieren, will der IT-Boss des in München änsässigen DAX-Unternehmens deshalb in einem ersten Schritt die Rollen innerhalb der AE schärfer trennen. Bislang denkt er an fachliche Architekten, technische Architekten, Entwickler, Testmanager und reine Projektmanager. Diese Gliederung seiner "neuen" AE ist auch das, wenn man so will, zentrale Schaubild eines Vortrages, den Janßen auf den am 16. und 17. Februar stattfinden IT-Strategietagen in Hamburg halten wird. Dieses horizontale Modell soll seiner Ansicht nach entscheidend dazu beitragen, dass die IT den klassischen Produktlebenszyklus (Idee/Bedürfnis, Lösung/Konzept, Umsetzung, Betrieb/Wartung, Ausphasen/Migration) von Software effektiver und vor allen Dingen besser verzahnt mit den Geschäftsprozessen abzubilden. Bis zum Frühjahr will er sein Rollenmodell ausgefeilt haben, wenn die "Senior Managers Working Group" zu diesem Thema tagt. Janßen ist Dauergast in diesem Lenkungsausschuss für Business-IT-Alignment.
Laut Janßen interessieren sich jedenfalls die konzerneigenen Business-Vertreter für die Anwendungsentwicklung, weil sie hier Potenzial für effizienteres Sourcing sehen. In welche Richtung dies gehen kann, ist dem Vernehmen nach im Moment noch offen. Das Beratungshaus Compass beispielsweise hat nach einem Benchmarking die Vermutung nahe gelegt, dass sich Insourcing bei der Münchener Rück lohne. Andererseits könnten die Sourcing-Überlegungen auch in die konträre Richtung zum Compass-Vorschlag führen – auch in Richtung Offshore. Janßen`s Begründung: "Wenn ich einen Developer-Pool einrichte, werden die Guten in den Architekturbereich abwandern, und ich sammle sukzessive den Bodensatz. Da ist es immer besser, zu einer spezialisierten Firma zu gehen." Der bundesweit renommierte CIO hält jedenfalls seine AE durchaus für beide Spielarten geeignet. Im Augenblick ist also noch offen, wie die "Industrialisierung" der AE aussehen wird. Besucher der IT-Strategietage in Hamburg dürfen gespannt sein, wenn Janßen bezüglich seine Strategie den Schleier lüften wird. Fest steht für ihn aber jetzt schon, dass er "wiederholbare Ergebnisse" am Ende von Softwareprozessen haben will. Ein Job also, den man "Ingenieurmäßig" angehen müsse.
Weiter Informationen und Anmeldung zu den Hamburger Strategietagen 2006 unter: www.cio.de/strategietage
IT-Strategietage 2006
Janßen plädiert für die Industrialisierung der Entwicklung
01.02.2006
Rainer Janßen, CIO der Münchener Rückversicherung, hat schon 1998 mit der IT Infrastructure Library (ITIL) angefangen. Nachdem er jetzt die Prozesse im IT-Betrieb sortiert hat, will er die Anwendungsentwicklung industrialisieren.