Zwei Forscher von der US-amerikanischen North Carolina State University haben anhand von Datensätzen untersucht, wie viele Stellen in den USA und Deutschland über Vitamin B besetzt werden. Die beiden Wissenschaftler wollten dabei unter anderem herausfinden, wie häufig Stellen über persönliche Beziehungen besetzt werden und ob die Unternehmenskulturen und nationalen Strukturen diese Praxis beeinflussen.
Bei der Stellenbesetzung über Vitamin B unterscheiden McDonald und Benton zwischen Jobs, nach denen Kandidaten ausdrücklich über ihre persönlichen Kontakte gesucht haben und Jobs, die Personen angeboten wurden, obwohl sie eigentlich gar nicht auf Jobsuche waren. Insgesamt kommen mehr Angestellte aus Deutschland über Vitamin B an einen neuen Job - das liegt an einem hohen Anteil von Nicht-Suchern. 40 Prozent der Deutschen, deren Datensätze die Wissenschaftler ausgewertet haben, haben eine Stelle angenommen, nach der sie eigentlich gar nicht gesucht haben. In den USA liegt der Anteil bei 27 Prozent.
Vitamin-B-Erfolg in Deutschland unabhängig von der Ausbildung
Suchten US-Angestellte nach einer neuen Stelle, kamen 21 Prozent von ihnen über Vitamin B an einen neuen Job, in Deutschland gelang dies 17 Prozent. Im Vergleich dazu rechneten die Forscher auch aus, wie viele Angestellte ohne persönliche Kontakte eine neue Stelle antraten. In den USA waren das 53 Prozent, in Deutschland 43 Prozent.
Bei der Auswertung der Datensätze aus Deutschland fiel den Wissenschaftlern der Geschlechterunterschied auf: Männer gelangen häufiger als Frauen über Vitamin B an einen neuen Job. Darüber hinaus kommen Angestellte aus Deutschland ganz unabhängig von ihrem Bildungsstand, ihrer Ausbildung und ihrer Berufserfahrungen über persönliche Kontakte an eine Stelle. Auch bei den Gehältern wurden hier keine Unterschiede festgestellt.
In den USA hingegen fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen Bildung und der Stellenbesetzung über persönliche Kontakte. Wer dort über Beziehungen nach einem neuen Job sucht, hat eher einen niedrigeren Bildungsstand und ist als Arbeiter tätig. Anders verhält es sich bei den Positionen, nach denen Kandidaten überhaupt nicht gesucht haben: Dort sind es am häufigsten Manager, die über den persönlichen Kontakt an eine neue Stelle kommen. Insgesamt sind die Jobs, die über Vitamin B in den USA besetzt werden, besser bezahlt als Positionen, die ohne persönliche Beziehungen gefunden wurden.
Erklärungsansatz deutsches Sozialsystem
Einen möglichen Grund für die Länderunterschiede sehen die Forscher im deutschen Sozialsystem, dass es in den USA in dieser Form nicht gibt. US-Angestellte, so die Vermutung der Forscher, seien weniger abgesichert als Angestellte aus Deutschland. Bei ihnen sei es oft dringender einen neuen Job zu finden, deshalb seien sie aktiver bei der Jobsuche über den formalen nicht-persönlichen Weg. Deutsche könnten wählerischer sein und auf das richtige Angebot warten.
Die Forschungsergebnisse von Steve McDonald und Richard Benton von der North Carolina State University wurden im Juli 2012 unter dem Titel "Dual Embeddedness: Informal Job Matching and Labor Market Institutions in the United States and Germany" in der Zeitschrift Social Forces veröffentlicht. Für ihre Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler 7.392 US-Datensätze aus dem NLSY sowie 1.126 Datensätze aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP) aus Deutschland. Die Daten stammen aus dem Zeitraum von 1994 bis 2000.