Near Field Communication (NFC) kann inzwischen fast jedes neue Smartphone. Telcos bemühen sich um sichere Transaktionen. Branchengrößen wie Visa und MasterCard drängen mit kontaktlosen Lesegeräten in den Markt. Dennoch fließt das Geld in Deutschland langsamer als in Ländern wie Kenia oder Afghanistan. Auf dem Roundtable des Finance Forum Germany diskutierten Branchenvertreter über den behäbigen Start und die eigentlich wichtigen Mitspieler im Bereich Mobile Payment.
Was machen die Banken?
Tatsächlich sieht es nicht so aus, als würden die traditionellen Banken Mobile Payment vorantreiben. Nahezu alle Teilnehmer waren sich einige, dass die Impulse hier bislang fehlten. Die großen Banken und Sparkassen halten sich zurück und beschränken sich auf das Betreiben der Konten. Einer der Teilnehmer formulierte seine These wie folgt: "Die Banken werden sicher nicht aktiv auftreten, sondern nur, und das ist sicher ein interessanter Schachzug, in Verbindung mit einem Telekommunikationsunternehmen." Sie hätten allerdings dann den Vorteil, dass sie vom Verbraucher deutlich mehr Vertrauen erhalten würden als etwa eine Kombination aus Google und Telekommunikationsunternehmen. Aktuell, so das Plenum aber einstimmig, sieht es nicht so aus, als würden die etablierten Banken innovativ in Mobile Payment einsteigen.
Die Mobilfunkanbieter
Die logische Marktmacht im Bereich Mobile Payment sind die Mobilfunkunternehmen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie haben oft eine langjährige Verbindung mit den Kunden und genießen zumindest so viel Vertrauen, dass sie auf die Konten zugreifen können. Dank dieses Rechnungsformats muss man keine neuen oder zusätzlichen Bezahlwege einführen, sondern kann Ausgaben bequem über die anderen Telefonkosten abrechnen. Sie haben zudem mehr oder weniger direkten Einfluss auf die verkauften Geräte, können sie doch einzelne Produkte gezielt unterstützten.
Allerdings gehen die Teilnehmer davon aus, dass sich die Telekommunikationsanbieter langfristig Banken als Partner suchen werden, mit denen sie die Zahlung abwickeln können. Das müssen aber nicht die klassischen Geldinstitute sein. Ähnlich wie etwa die Kreditbanken im Kraftfahrzeugbereich aus eigentlich völlig bankfremden Unternehmen hervorgegangen sind, so könnten sich auch hier neue Geldinstitute in anderen Industriezweigen auftun.
Die Kreditkartenbetreiber
Ein weiterer starker Mitspieler sind die Kreditkartenbetreiber. Diese fahren teilweise bereits erfolgreiche Kooperationen und bieten eigene Bezahlsysteme wie "mpass". Meist kooperieren die Unternehmen ebenfalls mit Mobilfunkbetreibern, um den Zugang zum Kunden zu sichern.
Allerdings gibt es hier eine große Hürde: In Deutschland ist die Bezahlung per Kreditkarte noch immer ein Nischensegment. Das liegt unter anderem daran, dass die Akzeptanz von Kreditkarten im Einzelhandel oder in Restaurants noch immer weit hinter dem Ausland zurückliegt. Aber auch die Nutzer selbst ziehen andere Zahlmethoden vor. Eine aktuelle Studie des Bitkom beispielsweise zeigt, dass nur 34 Prozent der Online-Shopper mit Kreditkarten zahlen. Auf Platz eins liegt die Zahlung per Rechnung (58 Prozent), gefolgt von Bezahldiensten wie Paypal (52 Prozent) und Bankeinzug (46 Prozent). Selbst wenn die Kreditkartenausgeber also überzeugende Kooperationen eingehen und ausreichend Terminals für die Bezahlung bereitstellen, ist noch immer nicht garantiert, dass die Deutschen dieses Angebot auch annehmen.
Google, PayPal und Apple
Während der Diskussion wurden immer wieder Dienste wie PayPal oder Google als Innovator im Mobile-Payment-Bereich angeführt. Tatsächlich bietet Google etwa mit Google Wallet und NFC-fähigen Android-Smartphones aktuell die größte technische Plattform für Mobile Payment. Allerdings sind diese Funktionen aktuell noch vielen Highend-Geräten vorenthalten.
PayPal dagegen bietet mit seiner mobilen App bereits jetzt ein Bezahlsystem für unterwegs an. Aktuell ist es so, dass man vom Smartphone aus Geld an einen anderen PayPal-Account überweisen kann. Die komplette Abwicklung erfolgt hier allerdings über die Server von PayPal; im Endeffekt ist die mobile App eine tragbare Version der Website. Dafür klappt diese Überweisung wahlweise per E-Mail oder indem zwei Smartphones mit NFC aneinandergehalten werden. PayPals großer Vorteil ist zudem die Banklizenz. Damit könnte der Dienst theoretisch eine Alternative zu etablierten Geldinstituten bilden, etwa indem Kunden dort "richtige" Konten anlegen. In der Praxis verzichtet der Konzern aber noch auf diesen Vorteil, wohl auch weil der Bankensektor einer enormen Regulierung unterliegt.
Die große Unbekannte in diesem Geschäft ist Apple. Der Konzern hat bereits mehrfach bewiesen, dass er das Zeug dazu hat, neue Geschäftsmodelle und Konzepte in atemberaubender Geschwindigkeit in den Massenmarkt zu drücken. Auch hier sind Gedankenspiele durchaus erlaubt: Apple könnte die Infrastruktur von iTunes nutzen und Mobile Payment einen ähnlich starken Schub verleihen, wie es vor einigen Jahren im App-Bereich der Fall war. Aktuell hält sich Apple hier noch stark zurück, selbst das aktuelle Spitzenmodell verzichtet auf Nahfunktechniken wie NFC.
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Um als Anbieter von Lösungen rund um Mobile Payment erfolgreich zu sein, müssen die Angebote mindestens drei Punkte erfüllen:
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Sie sollten sicher sein. Eine Teilnehmerin, die für die Anti-Fraud-Abteilung eines bekannten Flugunternehmens arbeitet, merkte an, dass Länder, die eine starke Mobile-Payment-Kultur aufweisen, auch zu den Lieblingsländern der Betrüger gehört.
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Ein weiteres Problem sind die anfallenden Gebühren: Zwar müssen auch ec-Karten-Einsatz und Kreditkartenterminal bezahlt werden, viele Händler werden es sich aber überlegen, ob sie genügend Umsatz erwirtschaften, um ein weiteres Zahlungsmittel zu finanzieren.
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Nicht zu vergessen der Nutzer: Für ihn darf Mobile Payment nicht mehr Aufwand sein, als Geldscheine oder die ec-Karte zu zücken. Seine Akzeptanz ließe sich durch Zusatzfunktionen erhöhen. Etwa könnte man Mobile Payment mit Gutscheinfunktionen koppeln. In der Praxis könnte das so aussehen, dass ein Nutzer an einem Geschäft vorbeigeht und in seiner digitalen Geldbörse automatisch ein Gutschein für einen vergünstigten Einkauf auftaucht.
Die Teilnehmer des Roundtables waren auch nach dem Ende der offiziellen Veranstaltung noch in Gespräche rund um das Thema Mobile Payment vertieft. Insgesamt wurde der Gipfel positiv wahrgenommen, vor allem der Austausch zwischen verschiedenen Branchen wurde sehr gelobt. Die gesammelten Daten des Treffens bilden die Grundlage für eine weitere Veranstaltung: Im Rahmen des Finance Forum Germany widmet der Executive Think Tank im Januar und Februar 2013diesem Thema jeweils zwei Tage.
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