Herr Gouverneur, Sie sind 1999 in die IT der Dresdner Bank eingestiegen. Welche Hürden mussten Sie dafür nehmen?
Ich habe damals im Asset-Management als Abteilungsleiter begonnen, um die Anwendungsentwicklung zu betreuen. Vorher hatte ich für den IT-Dienstleister sd & m ein Projekt in der Bank geleitet und war deshalb kein Unbekannter. Im Rahmen der Einstellung führten dann die damals verantwortlichen Konzernstabsleiter für die IT und die Personalabteilung die Bewerbungsgespräche mit mir. Meine nächste Beförderung - also vom Abteilungsleiter zum Fachbereichsleiter - erfolgte auf Empfehlung des IT-Vorstands. Meine aktuelle Rolle ist die des COO für die IT der Dresdner Bank.
Sie haben selbst dafür gesorgt, dass es heute nicht mehr so einfach ist, in die Abteilungsleiterebene vorzustoßen …
Ich würde nicht sagen, dass es heute schwerer oder leichter ist. Die Bank hat neue Leadership-Excellence-Programme aufgesetzt, für die ich Sponsor des IT-Bereichs bin. Kernelement ist ein Kompetenzmodell für die Management-Ebenen. Die Idee hinter diesem Kompetenzmodell ist es, die Anforderungen an die Führungskräfte zu objektivieren und für die Bank einheitlich festzuschreiben. Das hilft gleichermaßen denjenigen, die Führungskräfte auswählen und ernennen, wie auch denjenigen, die sich für solche Positionen bewerben. Auf der Basis dieses Kompetenzmodells wurden Auswahlverfahren konzipiert. Dazu gehören heute auch Assessment-Center, vor allem aber Entwicklungsprogramme, mit denen sich die Kandidaten ideal auf ihre Aufgabe als Führungskraft vorbereiten können.
Natürlich haben Assessment-Center ihr Für und Wider. In der Dresdner Bank engagieren sich jedenfalls viele Führungskräfte der ersten Ebene unterhalb des Vorstands, also L1, in der Beobachtung und individuellen Beurteilung der Teilnehmer. Ist dann etwa eine Stelle auf der nächsten Ebene, also Abteilungsleiter L2, vakant, so kommt dafür ein bereits entsprechend entwickelter Anwärter in Frage, oder ein neuer Kandidat muss den Auswahlprozess durchlaufen.
Haben Sie eine Talent-Pipeline, auf die Sie ständig zurückgreifen können?
Das ist die grundsätzliche Idee, ja. Die Kandidaten, die etwa ein L2-Assessment bestanden haben, sind Kandidaten für künftig zu besetzende Abteilungsleiterstellen und damit im entsprechenden "Pool". Dieser sollte einerseits nicht zu voll sein, sonst werden die Talente unruhig. Er darf aber auch nicht leer sein, damit man auf plötzliche Wechsel reagieren kann.
Wer gelangt bei Ihnen ins Assessment?
Dazu muss man von einem Vorgesetzten der nächst-höheren Ebene vorgeschlagen werden. Und damit das nicht nur zufällig passiert, gibt es hierfür eigens eingerichtete Planungsgesprächsrunden. Diese werden von HR-Kollegen einberufen und moderiert. In einem strukturierten Gespräch beratschlagen dann die Führungskräfte einer Organisationseinheit über die Potenziale der von ihnen geführten Kollegen. Auch hier ist Sorgfalt angesagt, denn schließlich gehen nicht alle Kandidaten erfolgreich aus einem Assessment, und niemand möchte seine Mitarbeiter in einem solchen Prozess verheizen. Man kann sicherlich sagen, dass die Dresdner Bank mit den neuen Prozessen der Auswahl und Förderung ihrer Führungskräfte eine hohe Augenmerksamkeit schenkt. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Aufwand gut investiert ist und jeder, der durch diesen Prozess gegangen ist, etwas für seine persönliche Entwicklung mitnehmen kann.