Es mag nicht unbedingt überraschend sein, dass die Krise auch die Führungskräfte unter 40 Jahren erreicht hat. Erstaunlich ist aber, in welch erheblichem Maß die Wirtschaftsflaute das Selbstverständnis der jungen Elite trifft. "Dabei geht es nicht (nur) um das Abschreiben von Lehman-Zertifikaten, sondern um eine tiefe Verunsicherung in den Lebensstrategien", wie es in der PwC-Studie heißt.
Insgesamt 302 junge Manager hat die Unternehmensberatung für ihre "Young Executives' Study", prägnant "YES" abgekürzt, befragt - zum zweiten Mal nach 2007. Zu konstatieren sind dabei beträchtliche Unterschiede im Vergleich zur Stimmungslage von vor zwei Jahren.
Ein Indikator für die gewachsene Verunsicherung ist das geschwundene Zutrauen, gegebenfalls im Ausland Karriere machen zu können. Vor zwei Jahren äußerte noch ein Viertel der Befragten, sich den Schritt ins Ausland gut vorstellen zu können. Ein guter Teil der Probleme schien hausgemacht, außerhalb Deutschland standen nach damaligem Dafürhalten notfalls viele Möglichkeiten offen. Inzwischen ist das Ausland nur noch für sieben Prozent der jungen Manager eine Option. Vielen erscheint der Schritt in diesen Zeiten als zu gewagt.
Zwei Drittel der Befraten sind davon überzeugt, dass die globale Krise das gesellschaftliche System nachhaltig verändern werde. 78 Prozent spüren bereits einen raueren Wind in den Führungsetagen. Da klammern sich viele umso stärker an das, was sie haben - und verzichten lieber auf häufige Jobwechsel zugunsten eines schnellen Aufstiegs.
Derweil wächst erkennbar die Bereitschaft, unliebsame Kröten zu schlucken. 93 Prozent der Jungmanager zeigen sich bereit, für den beruflichen Erfolg Abstriche im Familienleben zu machen. 2007 sagten das lediglich 86 Prozent.
Mikadotaktik: Wer sich bewegt, verliert
Die Führungskräfte sind also nach der Krise stärker bereit zu unliebsamen Kompromissen. Das geht einher mit einem Verlust an Flexibilität. Nur noch ein Fünftel der Befragten hält langfristige Pläne im Beruf und im Privatleben für obsolet - vor zwei Jahren war es noch fast die Hälfte. In den von PwC beauftragten Interviews sprachen die Befragten von "Mikadotaktik" - wer sich bewege, habe verloren. Die Rede war außerdem vom Willen zum "Aussitzen" und vom Spatz in der Hand, der im Zweifel der Taube auf dem Dach vorzuziehen sei.
Auf den ersten Blick widerspricht dieses ausgeprägte Sicherheitsdenken einem anderen Befund: 2007 gaben noch 35 Prozent an, in ihrer beruflichen Laufbahn jedes Risiko vermeiden zu wollen, jetzt sind es nur 21 Prozent. Es ist offenbar aber nicht die Lust am Risiko, die dahinter steckt - sondern der Verlust des Grundvertrauens, diese Option überhaupt zu haben.
So glaubt auch nur noch ein Fünftel daran, Schwierigkeiten durch die Treue zu einem einzigen Arbeitgeber vermeiden zu können. Vor zwei Jahren dachte das noch knapp die Hälfte. In der Studie heißt es dazu, die Einstellungsdimension "Konzentration auf das Machbare" sei in der Auflösung begriffen. Heißt, dass mit einer Krise immer und überall zu rechnen ist.
Unerschüttert immerhin ist der Glaube an die eigene Leistungsfähigkeit.77 Prozent sagen, sie hätten sich schon immer für leistungsstärker gehalten als andere. 74 Prozent haben nach eigener Aussage schon früh gemerkt, dass sie beruflich weiter kommen können als andere. Die Urteile fielen vor zwei Jahren noch zurückhaltender aus, wenngleich nur einen Tick.
Kehrseite dieser Besinnung auf die eigenen Stärken ist der Verlust des Vertrauens in das gesellschaftliche System, das einen zur Not auffängt. Wobei sich auch bei den jungen Managern hier der Blickwinkel verschiebt - der Staat hat gegenüber dem Markt unverkennbar Punkte gesammelt. Die neoliberale Doktrin, dass der Staat sich völlig aus dem Wirtschaftsleben heraushalten müsse, halten 76 Prozent der Befragten für einen Irrglauben.
Sicherheitsdenken paart sich mit Optimismus
Insgesamt hat die Krise zu einer Verschiebung der Prioritäten geführt. Nur 17 Prozent des Führungsnachwuchses denken beispielsweise, dass die Bedeutung von Shareholder Value künftig noch zunehmen werde. 70 Prozent meinen hingegen, dass das Verfolgen nachhaltiger Unternehmensziele immer wichtiger werde.
Diesem Denken auf der Unternehmensebene entsprechen Verschiebungen in der politischen Perspektive. 87 Prozent halten das Auseinanderdriften von Reich und Arm in der Gesellschaft für ein wichtiges Problem - vor zwei Jahren waren es lediglich 70 Prozent. Demgegenüber bereiten Probleme wie Terrorismus, Epidemien oder der Nord-Süd-Konflikt vergleichsweise weniger Sorgen.
Sicherheitsdenken gepaart mit größerer Nachdenklichkeit, könnte das Fazit über die Auswirkungen der Krise auf die jungen Führungskräfte lauten. Der Optimismus ist dabei indes keineswegs völlig verloren gegangen. 88 Prozent gehen davon aus, aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten die Krise unbeschadet überstehen zu können.