Fraunhofer-Projekt

Katastrophen-Warnung aufs Smartphone

03.07.2012 von Johannes Klostermeier
Ein Exempel für moderne Behörden-Kommunikation: Berlin hat "Katwarn" installiert - das System informiert Bürger gezielt über Gefahrenlagen in ihrer Umgebung.
Das Warnsystem wurde von Fraunhofer im Auftrag der Öffentlichen Regionalversicherer Deutschlands entwickelt.
Foto:

Ab sofort gibt es in Berlin das Katastrophen-Warnsystem Katwarn. Das von Fraunhofer Fokus (Institut für offene Kommunikationssysteme) entwickelte System informiert die Berliner bei Gefahren per SMS oder E-Mail. Die Anmeldung am System ist für sie freiwillig und kostenlos.

Bei Unwettern, Entschärfungen von Blindgängern oder großen Unfällen erhalten die am System angemeldeten Bewohner nun ortsgenaue Warnungen und Verhaltenshinweise durch die Leitstelle der Berliner Feuerwehr.

Warnungen sollen im Handynetz vorrangig befördert werden

Selbst bei großen Belastungen des Handynetzes sollen die Warnungen vorrangig befördert werden und dadurch zeitnah die Empfänger erreichen. Das System bietet Feuerwehr- und Rettungsleitstellen und dem Feuerwehr-Krisenstab die Möglichkeit, sich mit Kurzinformationen schnell, gezielt und direkt an die Bevölkerung zu wenden.

SMS-Beispiel: "Großbrand – Warnung der Feuerwehr, gültig ab sofort, öffentliche Plätze verlassen, Fenster geschlossen halten". Während Lautsprecherwagen der Polizei und Feuerwehr nur Personen erreichen, die sich gerade in der Nähe aufhalten, kann Katwarn die Bürger flächendeckend erreichen.

Sirenen haben ausgedient. Warnungen kommen in Zukunft per SMS aufs Handy.
Foto: Juan Fuertes - Fotolia.com

"So soll vermieden werden, dass Warnungen falsch aufgefasst werden oder sogar zu panischen Reaktionen führen", sagte Landesbranddirektor Wilfried Gräfling. Auch sollen die zielgerichteten Warnungen dafür sorgen, dass sich weniger Schaulustige einfinden, die die Arbeit des Bevölkerungsschutzes behindern.

Das System wurde von den Forschern des Fraunhofer Fokus entwickelt und ist bereits an verschiedenen Orten in Deutschland im Einsatz. Berlin ist nach Hamburg das zweite Bundesland, das den Sicherheits-Service flächendeckend anbietet.

"Katwarn ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie Fraunhofer Fokus zusammen mit Verwaltung und Wirtschaft Innovationen zum Nutzen der Menschen von der Idee über die Entwicklung bis zum Regelbetrieb führt", freut sich Professor Radu Popescu-Zeletin, Leiter des Fraunhofer Fokus. "Mit intelligenten IT-Lösungen können wir viel für die Sicherheit der Bewohner in den Smart Cities von morgen tun."

Warnserver eindeutig identifizierbar

Neben der Entwicklung des Systems trägt das Institut auch die technische Umsetzung, Betreuung und Schulung. Die Einführungs- und Betriebskosten für den Warndienst übernimmt das Land Berlin, die technische Plattform in der Feuerwehrleitstelle stellt die Berliner Feuersozietät kostenlos zur Verfügung.

Erstellt und verbreitet werden die Warnungen über eine Warnredaktion in der Leitstelle. Diese ist über einen Rechner mit einem Warnserver verbunden. Der Rechner wird dabei eindeutig über seine physikalische Adresse identifiziert, so dass eine missbräuchliche Eingabe von Warnungen über andere Rechner ausgeschlossen ist. Nur für Notsituationen wird ein zweiter Rechner vorbereitet. Das System liefert die Warnungen zunächst postleitzahlengenau, kann aber für den späteren Einsatz an Straßen-Niveau und sogar an Geokoordinaten-Niveau angepasst werden.

Grundlage des Systems ist ein vom Fraunhofer Fokus entwickeltes Architekturkonzept für performante Frühwarnsysteme, das bereits in anderen Projekten zum Einsatz gekommen ist. Darin wird der Informationsbedarf von betroffenen Nutzern in Aufträge umgewandelt. Anschließend werden die Aufträge strukturiert und von speziellen Komponenten bearbeitet.

Der „Content Broker" stellt den jeweils geforderten Inhalt, der „Locator" den Aufenthaltsort der betroffenen Person oder des zu überwachenden Objekts und der „Timer" den Zustellzeitpunkt zur Verfügung. Über die Komponente „Presentation Producer" werden alle Informationen für das jeweilige Endgerät aufbereitet und den Nutzern zugestellt. Da das System offen und flexibel gestaltet ist, lässt sich eine Vielzahl von Inhalten verschiedener Content-Systeme einbinden.

Tornados sind in Deutschland eher selten. Doch auch davor kann das System warnen.
Foto: Victor Zastolskiy - Fotolia.com

Wer den Warndienst nutzen möchte, meldet sich per SMS über die Servicenummer 0163-755 88 42 mit dem Stichwort "Katwarn" und der Postleitzahl des Gebietes, für das Warnungen ausgegebenen werden sollen, an. Dabei ist zu beachten, dass nur eine Postleitzahl pro Handy angegeben werden kann. Die Abmeldung ist jederzeit möglich. Dazu muss eine SMS mit dem Text "Katwarn aus" gesendet werden

Kommerzielle Anbieter mit ähnlichen Systemen

Angemeldete Nutzer erhalten automatisch Warnmeldungen, sobald sich eine Gefahrensituation für das angegebene Gebiet ergibt. Außer den üblichen SMS-Gebühren des Mobilfunkanbieters für die einmalige SMS-Anmeldung ist der Warndienst kostenlos.

An verschiedenen anderen Standorten in Deutschland ist Katwarn bereits seit längerem im Einsatz. Die öffentlichen Regionalversicherer stellen dafür Landkreisen und kreisfreien Städten das System und die technische Infrastruktur kostenlos zur Verfügung.

Bei "Stadt und Gewerbe" könnte auch Werbung verschickt werden.
Foto:

Auch andere Unternehmen bieten derartige SMS-Plattformen den Kommunen an. So hat beispielsweise die in Fürth im Odenwald ansässige Firma "Software Exclusive" zusammen mit dem Portal „Stadt und Gewerbe" ein ähnliches nationales Hilfs- und Frühwarnsystem via SMS entwickelt, das auch als Amokwarnsystem an Schulen dienen kann.

SMS-Marketing-Tool als Gefahrenwarner

Hierbei sollen auch kommerzielle SMS verschickt werden können. "Wir bieten nicht nur Städten, Gemeinden, Kindergärten, Schulen und öffentlichen Einrichtung den Informationsversand via SMS an, sondern auch Gewerbetreibenden und Unternehmen, welche per SMS-Newsletter ihre Dienstleistungen und Produkte bewerben", sagte Gründer Peter Malek.

"'Stadtundgewerbe.de‘ ist im Prinzip ein SMS-Marketing-Tool", sagte Malek. Es ermöglicht Kommunen und Gewerbetreibenden – aber beispielsweise auch Vereinen und Institutionen –, einen bestimmten Personenkreis zeitnah zu erreichen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.