NetApp wollte Data Domain, den führenden Anbieter von Deduplikationslösungen, übernehmen, um ein größeres Produktfolio aufzubauen. Nach einigen kleineren, nie wirklich integrierten Übernahmen wie Spinacker wäre das die Chance gewesen, an neue Kunden heranzukommen und sich für die Schlacht um Speichervirtualisierung und Cloud neu zu positionieren. Gleichzeitig hätte man so die eigene Unabhängigkeit betont, denn nur eine derzeit relativ hohe Marktkapitalisierung scheint den Anbieter vor einer Übernahme durch einen der ganz großen Konkurrenten zu schützen.
Dell, einst lediglich ein Assemblierer von Workstations, PCs und Servern, hat nach einigen Rückschlägen im Direktverkaufsmodell mit kurzen Lieferwegen schon vor einiger Zeit mit dem Kauf von EqualLogic und EDS einen Kurswechsel vollzogen – hin zu einem Konzern mit eigenem Technologie- und Service-Angebot. Das war jahrelang immer mit dem Argument abgelehnt worden, es würde „nicht zu dem eigenen Business-Modell" passen. Mit dem Kauf von 3Par, einem weiteren Storage-Produzenten, wollte man in diesem Jahr den neuen Kurs ausbauen. Doch HP hat in einem Bieterwettbewerb den ursprünglichen Kaufpreis von etwa einer Milliarde Dollar für eine Firma, die in den etwa neun Jahren ihres Bestehens nur Verluste produziert hatte, um das Doppelte hochgetrieben. Dell zog sich daraufhin zurück.
Nun will es Dell wieder wissen und möchte den kaum bekannten Speicherhersteller Compellent für etwa eine Milliarde Dollar übernehmen. Bisher hat sich noch kein anderer Interessent gerührt, so dass es dieses Mal klappen könnte. Ebenfalls vor kurzem hinzugekauft: Dedup-Anbieter Ocarina und Teile von NAS-Hersteller Exanet.
HP hatte vor 3Par schon die Speicher- und Managementspezialisten Lefthand und Bitrix sowie 3Com aus der Netzwerkecke eingekauft. Zusammen mit 3Par will HP mit allen erworbenen Technologien den Kurs in Richtung Virtualisierung und Cloud fortsetzen. "Matrix" und "Converged Infrastructure" sind in diesem Zusammenhang von HP viel gebrauchte Begriffe, um neue Angebote für virtualisierte Boxen aus Server, Storage, Middleware und Applikationen in den Markt zu drücken.
EMC ist der Speichereinkäufer par Excellence. Nach dem Coup mit Data Domain war es neben unzähligen kleinen Technologieerweiterungen dieses Jahr Isilon, ein Konkurrent von NetApp auf dem NAS-Bereich, für den CEO Joe Tucci viel Geld locker machte. Und gemeinsam mit Cisco und der Tochter VMware hat man schon 2009 die Vblocks aus der Taufe gehoben – große Rackangebote aus Server, Storage, Netzwerk und Virtualisierungslayer, eng aufeinander abgestimmt und laut Ansicht der drei Anbieter geradezu ideal für den Aufbau einer virtualisierten IT-Infrastuktur für interne "private" oder externe "public" Clouds.
Der größte Virtualisierungs- und Cloud-Anbieter
Auch IBM hat sich mit "CloudBurst" für den erwarteten Run auf virtualisierte Cloud-Umgebungen vorbereitet. Bei Übernahmen hat man sich in der letzten Zeit, abgesehen von dem Netzwerkspezialisten BladeNetworks, eher zurückgehalten. Man hat ja schon (fast) alles im eigenen Hause. Mit Diligent und XIV hatte man sich schon Technologien für Deduplizierung und einen grid-ähnlichen Speicheransatz ins Haus geholt, der besonders für unstrukturierte Daten geeignet sein soll. IBM haut auch deswegen nicht so sehr auf die Cloud-Pauke, weil man die vielfältigen, schon bestehenden Service- und Outsourcing-Aktivitäten aus dem eigenen Hause nicht kannibalisieren möchte.
Alle diese Aktivitäten deuten jedoch darauf hin, dass die zwar nicht so prickelnden Ansätze zur Sicherung von Geschäftsdaten dennoch im Alltag extrem wichtig sind. Aber noch mehr sind sie ein Indikator dafür, dass die großen Hersteller vor einem Konkurrenzkampf neuer Dimension stehen: Alle wollen alles im eigenen Hause haben, besonders Verfahren und Technologien, mit denen sie Gesamtangebote aus Server-, Speicher-, Netzwerk- und Virtualisierungskomponenten miteinander bündeln können, idealerweise in einem vorkonfigurierten Stack aus Hard- und Software.
Diesen Weg ist auch Oracle mit der Übernahme von Suns Server- und Speicher-Hardware gegangen. Mit Exadata und Exalogic hat man dort nun ebenfalls zwei große Boxen im Angebot, hier jedoch erst mal begrenzt auf die eigenen Produkte bei Datenbanken und Applikationen.
Der Kampf der IT-Giganten hat begonnen. Ob sich alle gleichermaßen am Markt durchsetzen werden, muss sich zeigen. Denn noch erweisen sich die meisten Kunden resistent gegen die Versprechungen von Virtualisierung und Cloud.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.