Viele Großunternehmen sind nicht wirklich gut darüber informiert, wo genau im Unternehmen Umsätze generiert werden. Ein Grund ist ein mangelndes Datenmanagment. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie der Marktforscher von Dynamic Research im Auftrag von Oracle, für die 1500 Manager in 13 Ländern befragt wurden.
Die festgestellten Defizite beim Performance Management führen offenkundig zu Schwächungen der finanziellen Leistungsfähigkeit, des Geschäftserfolgs und der Stimmung unter den Mitarbeitern in den betroffenen Unternehmen.
Problemherd Shared Services
Prof. Andy Neely, Analyst bei AIM Research, verweist auf die wachsende Datenflut und die steigende Komplexität der Unternehmensstrukturen als Ursachen der Probleme. "Der Trend zu Shared Services - begleitet von der Tendenz zum Outsourcing und zur Zusammenarbeit mit Partnern - macht es schwieriger als jemals zuvor, Aufwände und Betriebskosten zuzuordnen", kommentiert Neely. Die Oracle-Studie zeige zudem, dass den Entscheidern oft nur ein unvollständiges Bild der Leistungsfähigkeit ihrer Firma zur Verfügung stehe.
Fehlender abteilungsübergreifender Austausch
Die festgestellten Defizite sind überwiegend in deutschen Firmen weniger ausgeprägt als im internationalen Durchschnitt. Das gilt allerdings nicht für zwei Problemfelder, die hierzulande offenkundig besonders gravierend sind: die Kurzsichtigkeit beim Blick auf die Umsätze einzelner Geschäftsbereiche und die Mentalität der Abteilungen, lieber ungestört im eigenen Saft zu schmoren als den Austausch mit anderen Bereichen im Unternehmen zu suchen.
Ziele, Pläne und Budgets isoliert
Fast alle befragten Manager in der Bundesrepublik beklagen dieses abschottende Vorgehen. Allerdings kritisieren Manager weltweit den schlechten Austausch zwischen den Abteilungen und die mangelnde Kommunikation im Unternehmen. In Deutschland wie auch international beschreiben etwa zwei Drittel die Verbindung zwischen strategischen Zielen, operativen Plänen und Budgets als bruchstückhaft.
Dezentrale Strukturen hinderlich
Für Thomas Oestreich, Chief EPM Strategist bei Oracle, hängt dieser Befund auch mit der deutschen Tradition zusammen, auf dezentrale Strukturen zu setzen und Verantwortung so weit wie möglich auf die einzelnen Bereiche zu übertragen. Entsprechend gebe es in jedem jedem Unternehmen eine Reihe von Definitionen schon alleine für einen Begriff wie Umsatz. "Die Finanzabteilung spricht von Umsatz, wenn gebucht oder bezahlt wurde“, so Oestreich. "Aus Vertriebssicht fällt aber bereits Umsatz an, wenn ein entsprechender Vertrag unterzeichnet ist."
Zeitgemäße Planungssoftware wichtig
Entsprechend anspruchsvoll ist in vielen hiesigen Firmen die Einführung von zeitgemäßer Planungssoftware, da einheitliche Strukturen und Definitionen wesentlicher Bestandteil einer bereichsübergreifenden, integrierten Planung sind. "Nur wer seine transaktionalen Systeme weitgehend sauber hat, kann sinnvollerweise Business Intelligence oder Performance Management implementieren", so Oestreich.
Finanzielle Leistungsfähigkeit leidet
Laut Studie können rund 92 Prozent der hiesigen Manager Gewinne nicht vollständig den Geschäftsbereichen zuordnen. Fast die Hälfte der deutschen Entscheider befürchtet, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit ihres Unternehmens durch diese "blinden Flecken" eingeschränkt werde.
Keine Angst vor falschen Entscheidungen
Dabei scheint die Gefahr der Unübersichtlichkeit von Daten nicht so hoch bewertet zu werden: Lediglich 37 Prozent der deutschen Entscheider sehen ein hohes Risiko, dadurch falsche Geschäftsentscheidungen zu treffen. Sogar nur 30 Prozent denken hierzulande, dass fehlerhafte Planung infolge des mangelnden Durchblicks den Erfolg des Unternehmens beeinträchtige.
Branchenabhängige Strategie
Thomas Oestreich erkennt indes gute Gründe für die nicht eben panische Einschätzung der deutschen Entscheider. Weil die geschäftliche Situation im stark industriell geprägten Deutschland stabiler sei als in Länder mit höherem Dienstleistungsgrad, erscheine der strategische Leidensdruck hierzulande auch geringer. "Den deutschen Unternehmen geht es insgesamt gut", so Oestreich. "Und ein mittelständischer Maschinenbauer muss sich eben weniger mit Marktvolatilität befassen als ein etwa ein Finanzdienstleister."
Folgeprobleme nach der Krise
Überhaupt erinnert Oestreich zur Einordnung der negativ erscheinenden Studienergebnisse an die beträchtlichen Fortschritte, die die Firmen in den vergangenen Jahren gemacht haben. Nach einer Standardisierungs- und Automatisierungsphase hätten nach der Finanzkrise beispielsweise viele Firmen eine rollierende Planung eingeführt. "Jetzt kommen die Folgeprobleme", so Oestreich. "Insgesamt fehlt die Erkenntnistiefe - vor allem in internationalen Konzernen mit vielen Tochtergesellschaften."
Alter von Daten unbekannt
Von den an der Szenario-Planung beteiligten Managern berichteten in Deutschland mehr als die Hälfte der Befragten, Daten aus Spreadsheets zu verwenden. Der Haken an dieser gängigen Praxis: sie veralten schnell. Im weltweiten Mittel sind die zur Entscheidungsfindung verwendeten Daten laut Studie vier Monate alt. Rund ein Drittel musste sogar zugeben, nicht über das Alter ihres Informationsmaterials Bescheid zu wissen. Deutsche Firmen können es in dieser Hinsicht als Erfolg verbuchen, im Durchschnitt mit nur anderthalb Monate alten Daten zu arbeiten.
Szenario-Planung erschwert
Ganz ähnlich ist das Bild bei den Daten für die Szenario-Planung. 13 Prozent der deutschen Manager verwenden laut Studie Planungsdaten, die ein halbes Jahr alt sind. Rund 30 Prozent – hierzulande wie weltweit – wissen nicht, wie alt genau ihre Daten sind. Probleme mit dem Prozess der Szenario-Planung hat nach eigenen Angaben fast jedes große Unternehmen weltweit.
Deutschen Firmen fürchten unnötige Kosten
So verstreichen schnell anderthalb Jahre, bis die Folgen eines mangelhaften Geschäftsprozesses oder eine fehlgeleiteten Initiative erkannt werden. In Deutschland befürchtet man vor allem unnötige Kosten: Fast zwei Drittel sehen hierzulande diese Gefahr. Zwei Fünftel der deutschen Entscheider gehen von einem schlechten Einfluss derartiger Unbeweglichkeit auf die Stimmung der Mitarbeiter aus. Ein Viertel der deutschen Manager sagen, dass die Agilitätsschwächen ihre Pläne zum Teil hinfällig machten.
Planungsprozesse erschwert
"Das Management scheitert offenbar daran, mit den großen Datenvolumen fertig zu werden, die aus ihrem Unternehmen generiert werden", sagt John O’Rourke, Vice President für die Vermarktung von Enterprise Performance Management bei Oracle. "Ohne Systeme, die einen ‚End-to-end’-Planungsprozess ermöglichen, wird das Fragmentierungs-Problem weitergehen." Ohne eine Verbindung von strategischen, finanziellen und operativen Plänen sind Manager nach Einschätzung von O’Rourke weiter dazu verdammt, bei der Entscheidungsfindung im Nebel zu stochern.
Mehr Daten bedeuten nicht mehr Information
O’Rourke’s Oracle-Kollege Oestreich sieht die Unternehmen ebenfalls mitten in einem Lernprozess. "Alle zwei Jahre verdoppelt sich die Datenmenge", so der EPM-Experte. "Deutsche Einzelhändler kommen schon jetzt zum Teil auf 200 Terrabyte." In den Firmen werden mittlerweile allmählich verstanden, dass mehr Daten nicht zugleich mehr Informationen bedeuteten. Oestreichs Rat: "Wer jetzt eine Datenmanagement-Strategie entwickelt, sollte bedenken, dass die Systeme auch in vier Jahren bei einer Verachtfachung der jetzigen Datenmenge noch tragfähig sein sollten." (CFOworld)