Mobile Commerce soll Web-Retailern zum Durchbruch verhelfen - heißt es oft. Tatsächlich beträgt sein Anteil am Online-Handel in den USA aber nur zwei Prozent. Europa fällt noch weiter zurück. Die auf Retail-IT spezialisierte Analystin Sucharita Mulpuru von Forrester Research sieht auch für die nächsten Jahre nur ein bescheidenes Wachstum: Im Zeitraum von 2011 bis 2016 soll der mobile Anteil an den im Internet getätigten Verkäufen von zwei auf sieben Prozent ansteigen. Vom Volumen her wäre das mehr als eine dreifache Zunahme, vom Umsatz her aber immer noch äußerst gering. Der Online-Handel liegt darüber hinaus weit zurück gegenüber dem traditionellen Ladengeschäft.
Darüber hinaus muss man berücksichtigen, dass sich die Forrester-Prognose auf die USA bezieht. Und die haben beim Internet-Geschäft die Nase voran, was unter anderem auch an der größeren Verbreitung von Tablet-PCs und Smartphones liegt. Doch der Wert der Aussagen von Mulpuru liegt in der Trendbeobachtung, die auch auf Europa und Deutschland zu übertragen ist.
Wer ein Smartphone besitzt und einen Online-Kauf in Erwägung zieht, hat vor allem Sicherheitsbedenken. Störend wird in erster Linie die mit dem Kauf verbundene Preisgabe der eigenen Telefonnummer empfunden. Außerdem vertraut man nicht den angebotenen Dienstleistungen für den Bezahlvorgang. Erst danach werden die schlechte Bilddarstellung und die langsame Datenübertragung auf den mobilen Geräten genannt.
Laut Forrester wünschen die Besitzer von Smartphones vom Mobile Commerce die Beseitigung folgender Barrieren:
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Keine Weitergabe der eigenen Telefonnummer: 45 %
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Größere Sicherheit beim Bezahlvorgang: 44 %
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Mobile Web-Sites mit gleichen Features wie auf dem PC: 36 %
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Schnelleres Mobile Web auf den Smartphones: 33 %
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Größere Bildschirme: 32 %
Mulpuru von Forrester sieht den Einfluss von Mobile Commerce trotz der gegenwärtigen geringen Beteiligung in einem größeren Rahmen: Man müsse berücksichtigen, dass es schon jetzt eine "latente Nachfrage" gebe, die durch die mangelhafte Technologie auf Geräteseite nicht befriedigt werde. Das zeige sich zum Beispiel an dem verbreiteten Phänomen des "Mobile Pre-Shopping", bei dem sich Konsumenten über Produkte informieren oder Preisvergleiche machen, um dann in einem anderen Channel einen Einkauf abzuschließen.
Cross-Channel-Shopping als Rettungshaken für Mobile Commerce
Cross-Channel-Shopping wird – so die Analystin – auf lange Sicht den Online- und den Mobile-Handel vorantreiben. Allerdings müssten die Retail-Unternehmen sich mehr um die technologischen Voraussetzungen dafür kümmern. Zu den notwendigen Maßnahmen muss laut Mulpuru die Ausarbeitung einer Search-Strategie für Smartphones inklusive geeigneter Landing Pages gehören. Außerdem müsse man verstärkt auf externe Spezialisten zurückgreifen, um mit dem sich schnell entwickelnden Markt für mobile Geräte und Software Schritt halten zu können.
Eine Umfrage, die Forrester zusammen mit Shop.org durchgeführt hat, zeigt, dass selbst die großen Handelsunternehmen kaum Geld für eine Mobile-Commerce-Strategie ausgeben wollen. Offenbar wissen die Retailer, wie unreif der Markt ist und wie zurückhaltend die potenziellen Kunden bisher sind. Viele Retailer geben denn auch an, dass es ihnen eigentlich mehr um Marketing und Kundenbindung geht.
Was sie wollen, sind momentan in erster Linie die Adressen, sprich Telefonnummern von Handy-Besitzern. Hat man die erst einmal, kann man Salven von Produktinformationen, Sonderangeboten oder Gutscheinen auf die Geräte und ihre Besitzer abfeuern.
Aber genau das wollen jene nicht. Retailer müssen sich also noch etwas mehr einfallen lassen, um den Mobile Commerce zumindest auf das Niveau des Online-Handels anheben zu können.