Compliance-Services bei VW Originalteile

Kein Stress mit neuen Gesetzen

27.09.2006
Mit Bestimmungen für Chemikalien und Gefahrgüter hat die VW-Tochter VW Originalteile nur noch am Rande zu tun. Eine neue Umwelt-Compliance-Lösung hält die Bestimmungen weltweit aktuell – die Betreuung der Datenbank hat VW ausgelagert.

Volkswagen – der Name steht für Automobile, Tradition und Emotion, für Klassiker wie „Käfer“ und „Golf“. Doch auch bei den aktuellen Modellen Golf Plus oder Touareg halten Teile nicht ewig. So ist das Tochterunternehmen VW Originalteile ausschließlich dafür da, Ersatzteile für alle in Betrieb befindlichen Modelle des VW-Konzerns zu beschaffen. Das vier Milliarden große Geschäft mit Ersatzteilen birgt eine ungeahnte Komplexität, wie am Beispiel des Gefahrgut-Managements deutlich wird. Von 320 000 Autoteilen, die man in Kassel verwaltet, gelten nämlich 2600 als Gefahrstoffe und 2400 als Gefahrgüter.

Damit agiert der Vertrieb im brisanten Feld gesetzlicher Vorgaben, Verordnungen und Verbote. „Wir haben ein größeres Spektrum an Gefahrstoffen im Produktprogramm als ein Chemiekonzern“, erläutert Ottmar Sul, Spezialist für Gefahrstoffe bei VW Originalteile, und ergänzt: „Deshalb müssen wir auf diesem Gebiet mit äußerster Sorgfalt arbeiten.“ Die Palette dieser für Mensch und Umwelt schädlichen Substanzen beginnt bei Motoröl und Kühlmittel, setzt sich fort über Lackstifte zur Karosseriekosmetik und reicht bis hin zu speziellen Klebstoffen für die Montage von Windschutzscheiben.

Neue Gesetze als Service

Heute hat die VW-Tochter eine Speziallösung für die komplizierten gesetzlichen Anforderungen im Einsatz, die insbesondere die Zusammenarbeit mit den Partnern im Ausland enorm vereinfacht. Die Vorteile:

Auch Händler und internationale Vertriebstöchter profitieren vom Gefahrstoffservice des Konzerns. Wer chemische Waren bei Drittanbietern einkauft, ist gezwungen, Informationen beim Lieferanten zu beschaffen und diese an die Kunden weiterzugeben. Bei VW Originalteile hingegen erhält der Partner nicht nur das Produkt, sondern bekommt auch die Compliance mitgeliefert.

Der Grund für die Modernisierung dieser Prozesse ist einfach: Ende der 90er-Jahre wurde der Umgang mit den früher üblichen Papierdokumenten immer schwieriger. VW Originalteile hantierte damals mit 9800 Sicherheitsdatenblättern, die sich vorwiegend am EURecht orientierten, nicht in den nötigen Sprachen vorlagen und sowohl bezüglich der Verteilung wie der Überarbeitung einen enormen Aufwand verursachten.

Gefahrgut-Management in SAP hinein

Um die Jahrtausendwende war für VW-Mann Sul und seine Mitarbeiter klar, dass mit papierbasierenden Prozessen die rechtlichen Risiken dauerhaft nicht mehr in den Griff zu kriegen sind. Nachdem im VW-Konzern 1999 SAP R/3 als betriebliche Softwareplattform eingeführt wurde, lag es nahe, das Gefahrgut-Management in das Logistikmodul SCM (Supply Chain Management) zu integrieren. Als Produkt bot sich entsprechend eine SAP-Lösung an, und zwar jene für Environment, Health und Safety, EH & S, die heute im Einsatz ist.

Gemeinsam mit dem auf Umwelt-Compliance spezialisierten Unternehmen TechniData in Markdorf am Bodensee hatten die Walldorfer diese Spezialsoftware entwickelt, die noch vor wenigen Jahren auf dem Markt als überflüssige Nischenlösung belächelt wurde, inzwischen aber weitgehend akzeptiert ist, wie TechniData-Geschäftsführer Martin Hill bemerkt.

Kernfunktionen von EH & S sind eine Stoffdatenbank mit Basisinformationen für alle Gefahrstoffe sowie automatisierte Berichtsgenerierung und -versand. Über definierte Prozessschnittstellen können so Sicherheitsdatenblätter, Etiketten und Transportdokumente in die SCM-Prozesse eingesteuert werden.

Steht etwa die Abfertigung einer Lieferung an, stellt das System unter Berücksichtigung der Inhaltsstoffe, des Ziellandes und der Transportroute die nötigen Dokumente zusammen und berücksichtigt dabei die gesetzlichen Vorschriften von Transit und Zielländern sowie die benötigten Sprachversionen.

Dienstleister wickelt Compliance ab

Ein weiteres Projektziel für VW Originalteile war die Auslagerung des Gefahrstoff-Managements an einen externen Dienstleister. Es boten sich die Compliance- Spezialisten von TechniData BCS (Business Compliance Services) an. Seit 2005 gehört die ehemalige GWU zu TechniData, seit 2006 eben als TechniData BCS.

Der Grund für das Outsourcing des Compliance-Services: Im Bereich Chemikaliensicherheit und Gefahrgut ändern sich die Gesetze manchmal sehr schnell – eine Vertriebsorganisation kann da nicht permanent auf dem neuesten Stand sein. Hinzu kommen laufende Modifikationen, die sich etwa bei Rezepturänderungen eines Herstellers ergeben. Der EH & S-Service wurde nach dem Prinzip der Arbeitsteilung implementiert: Die Komponente bei VW Originalteile hält alle aktuellen Gefahrgutdaten und speichert insgesamt 40 000 Sicherheitsdatenblätter. Bei TechniData BCS steht das Zwillingssystem, das den dynamischen Part spielt. Hier werden zum einen alle neuen Informationen über Gesetze, Inhaltsstoffe und deren Klassifizierung eingespeist, daraus errechnen komplexe Algorithmen die notwendigen Gefahren- und Arbeitsschutzhinweise.

Der Fundus der Datenbank besteht auch aus bekannten Beipackphrasen wie „Bei Augenkontakt mit lauwarmen Wasser ausspülen“ oder Warnsymbolen wie einem Totenkopf, die Software ordnet solche „Bauteile“ den entsprechenden Produkten zu. Einmal pro Woche findet dann eine Aktualisierung der Datenbank am Standort Kassel statt. Damit hat die VW-Tochter nun nicht mehr das Geringste zu tun, mit der Loseblattsammlung auch nicht mehr – und die Ersatzteile für die aktuellen Modelle sind nicht zuletzt schneller dort, wo sie hin sollen.