Wegen der Wirtschaftsflaute fallen im Outsourcing-Geschäft die Preise. Das haben die Marktbeobachter des auf Auslagerungen spezialisierten, britischen Beratungshauses Orbys festgestellt. Die Anbieter haben ihre Preise zum Teil deutlich gesenkt - aus unterschiedlichen Gründen, wie die Analysten beobachten.
Die stärksten Dienstleister auf dem Markt stehen demnach zwar im Outsourcing-Geschäft gut da, haben aber mit Einbußen bei ihren Beratungs- und Technologie-Angeboten zu kämpfen. Deshalb versuchten sie, mit Niedrigpreis-Angeboten so viel wie möglich vom Outsourcing-Kuchen abzubekommen, schreibt Andrew Burgess von Orbys in seinem Bericht "Outsourcing in the downturn: one step back, two steps forward".
Für schwächere Anbieter gehe es indes oft ums nackte Überleben der nächsten Jahre. Sie versuchten mit Billigpreisen so viel Umsatz wie möglich zu machen. Die Schlussfolgerung des Orbys-Marktbeobachters: Für Firmen stünden die Chancen jetzt günstig, Outsourcing-Verträge nachzuverhandeln.
Auch Stefan Regniet vom Berater Active Sourcing betont, dass die Zeit für Preisverhandlungen aus Sicht der Auftraggeber derzeit günstig sei. Gerade für Infrastruktur-Dienstleistungen wie Rechenzentren und Helpdesks gebe es auf dem deutschen Markt ein Überangebot. "Kunden, die ihren Spielraum nicht ausnutzen, um ihre Verträge neu zu verhandeln, machen nicht nur einen Fehler, sie werden vom Anbieter auch zukünftig weniger ernst genommen", sagt der Outsourcing-Berater.
Vor unbedachtem Vorgehen beim Nachverhandeln warnen Berater allerdings. Andrew Burgess betont, dass kurzfristige Kostenreduzierungen auf lange Sicht zu weniger Flexibilität führen könnten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Innovationen dem Sparzwang zum Opfer fallen.
Mehr Qualität und Ausfallsicherheit
Auch Stefan Regniet betont, dass eine einseitige Betrachtung von Outsourcing-Vorhaben unter finanziellen Gesichtspunkten falsch sei. Firmen müssten gleichzeitig auf Qualitätsverbesserungen achten. Auch bei sinkenden Preisen beispielsweise die Ausfallsicherheit zu erhöhen, schließe sich nicht aus, wenn man richtig verhandle.
Andrew Burgess rät Firmen zu einigen Vorüberlegungen. Zunächst solle man sich die Frage stellen, ob es vorrangig überhaupt um eine Senkung der Preise gehen solle. Abhängig ist die Antwort dem Berater zufolge davon, was am wichtigsten für die Geschäftsstrategie sei.
Bessere Service Levels ohne Aufpreis
Für die meisten Unternehmen gehe es in den nächsten Jahren zwar vor allem um Preissenkungen. Doch für andere sei es womöglich wichtiger, den Kunden bessere Dienstleistungen zu bieten, neue Märkte zu erschließen oder Neuheiten schneller auf den Markt zu bringen. In solchen Fällen sei es ratsam, nicht auf den Preis zu drücken, sondern zu versuchen, zum Beispiel bessere Service Levels für das gleiche Geld auszuhandeln.
Wer einen Dienstleister in Nachverhandlungen unter Druck setzen will, sollte dies nur tun, wenn er wirklich bereit sei, Drohungen auch Wirklichkeit werden zu lassen. Sprich: Kündigt ein Unternehmen einem Outsourcing-Anbieter den Wechsel zu einem anderen Dienstleister an, falls er nicht auf Nachverhandlungs-Forderungen eingeht, muss es diese Ankündigung auch umsetzen. Halbherzige Drohungen seien jedenfalls sinnlos, ansonsten stehe man womöglich am Ende mit einem schlechteren Vertrag da als zuvor, meint Burgess.
Ein Weg, um bessere Outsourcing-Bedingungen zu erreichen, kann ein Benchmarking sein. Dem Dienstleister dies anzukündigen, reiche oft aus, um die Tür für Preisnachlässe zu öffnen, schreibt Andrew Burgess von Orbys. Auch für Stefan Regniet von Active Sourcing kann ein Benchmarking sinnvoll sein, um in einer seit Jahren bestehenden Partnerschaft mit einem Dienstleister die Bedingungen an gefallene Preise anzupassen.
Benchmarking oft nicht aussagekräftig
Allerdings rät Regniet zur Vorsicht: Nur anbieterunabhängige Benchmarks seien zu empfehlen. Zudem beschränkten sich viele Anbieter von Benchmarkings auf eine Betrachtung der Vergangenheit und holten keine neuen Angebote vom Markt ein. Auf diese Weise gelinge kein valider Vergleich zur aktuellen Lage. Schnelle Kostensenkungen ließen sich ohnehin am besten durch eine Neuausschreibung von Verträgen erreichen. In diesem Fall unternähmen die bestehenden Dienstleister oft alles, um den Kunden zu behalten.
Die Orbys-Analyse von Andrew Burgess weist zudem darauf hin, dass gerade der Übergang zu einem neuen Anbieter immer Geld koste. Der Wille, zu sparen, ziehe deshalb zunächst oft weitere Kosten nach sich.
Alternative Preismodelle
Vielerorts liege Verbesserungspotenzial für Outsourcing-Verträge nicht nur beim Anbieter, sondern innerhalb des eigenen Unternehmens. Burgess verweist auf die sogenannte Retained Organisation, die die Schnittstelle zum Dienstleister bildet. In vielen Unternehmen kommt dieser Abteilung nach Beobachtung der Orbys-Analysten nicht genug Bedeutung zu. Doch sie müsse unbedingt mit genug Ressourcen ausgestattet sein.
Kommt es zu Nachverhandlungen, sollte ein auslagerndes Unternehmen zudem einen Schwerpunkt auf die Preismodelle legen. Attraktiv können vor allem Modelle sein, bei denen Risiko und Gewinn zwischen Anbieter und Kunde aufgeteilt werden.
Bei allen Überlegungen um bessere Bedingungen dürfe man jedoch nie das Verhältnis zum Anbieter außer Acht lassen, betont Andrew Burgess. Denn nach Ansicht der Orbys-Berater ist es ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Outsourcing-Projekten. Hilfreich könne es deshalb sein, vor der Auseinandersetzung mit dem Anbieter auszuloten, wie gut das Verhältnis überhaupt ist, beispielsweise mit einem Fragebogen oder in Workshops.