MANFRED SCHUSTER

Keine Gnade für den Amtsschimmel

03.12.2001
Die Post lagert ihre gesamte Informationstechnik in eine neue Gesellschaft aus, die sich nächstes Jahr dem Wettbewerb stellen soll. Manfred Schuster ist für Fahrtrichtung und Geschwindigkeit des neuen IT-Bootes verantwortlich.

WENN MANFRED SCHUSTER den IT-Mitarbeitern der Deutschen PostWorldnet seine Vision einer modernen, konzernweitenIT-Landschaft vermittelt, dann wirkt er überzeugend - einMann der Tat. Schuster ist seit Juli Vorsitzender derGeschäftsführung der neu gegründeten Deutschen Post ITSolutions. Schon seit Sommer letzten Jahres leitet er denZentralbereich Konzern-IT der Post mit rund tausendSpezialisten, treibt er die Neustrukturierung des GelbenRiesen mit voran. Die Devise des Schlagmanns im IT-Ruderbootder Deutschen Post: "IT follows business."

Drei Meilensteine hat die Deutsche Post in den vergangenenJahren passiert: zuerst, Mitte der neunziger Jahre, diePrivatisierung; mit der Übernahme der Postbank und demZukauf der Danzas Holding folgte der Aufbau eines weltweitagierenden Transport-, Logistik- undFinanzdienstleistungskonzerns unter dem Dach Deutsche PostWorldnet; schließlich der Börsengang der Deutschen Post imNovember 2000, der bisher allerdings kaum Anlass zur Freudewar.

Doch auf die Post und damit auch auf Schuster kommen nochgrößere Aufgaben zu. Chef Klaus Zumwinkel will einen Konzernbauen, "der weltweite Logistiknetze für die globalenWarenströme und die damit verbundenen Informations- undFinanzströme bereitstellt". Diese Vision muss nun infunktionierende Technik- und Management-Strukturen übersetztwerden. Eine sportliche Vorgabe, denn: Die vierUnternehmensbereiche des Konzerns (Brief, Express, Logistik,Finanzdienstleistungen) haben komplett verschiedeneIT-Landschaften. Schuster muss dafür sorgen, dass allesauber zusammenarbeiten.

Mehr sei nicht drin, sagt er selbst. "Wir können nicht diegesamte IT standardisieren. Ein einheitliches System füralle wird es nicht geben." Wolkenkuckucksheime sind nichtSchusters Sache. Aber das Machbare muss sitzen, denn derAnspruch ist hoch. "Die Informationstechnologie ist längstnicht mehr nur Geschäftswerkzeug, sie ist einErfolgsfaktor. Logistik besteht heute nicht mehr nur ausWaren-, sondern vor allem aus Informationsströmen", weißer. Eine weitere Großbaustelle unter seiner Aufsicht ist einOnline-Portal, das bis Mitte 2002 alle Dienstleistungen desKonzerns unter einer Internet-Adresse offerieren soll.

"Ich werde das integrativ erledigen."

Schuster ist seit mehr als zwanzig Jahren in der Branchetätig: bei Siemens Business Services, einem IT-Vertrieb,einem Consulting-Unternehmen und zuletzt bei Oracle, wo erdas Beratungsgeschäft in Deutschland führte. Nun, auf demIT-Chefsessel bei der Post, ist er gefordert wie niezuvor. Gelassen bleibt er trotzdem. "Ich werde dasintegrativ erledigen", beantwortet er die Frage nach seinemFührungsstil. Schusters Mitarbeiter sprechen denn auch vonder großen Integrationsfähigkeit ihres Chefs und davon, dasser "die Leute kreativ explodieren" lasse, so eineAssistentin. Eine wichtige Fähigkeit in einem Apparat wieder Post. Gemütlich ist das freilich nicht immer: "Niemandin meinem Verantwortungsbereich wird etwas aussitzenkönnen", droht Schuster dem Amtsschimmel.

Die Dienste von IT Solutions werden zumindest anfangs fastausschließlich dem Mutterkonzern zur Verfügung stehen;spätestens 2002 soll die Tochter dann aber eigenständig amMarkt agieren. Deshalb wird Schuster in den nächsten Monatenzusätzlich zu den heute rund tausend Technikern eine Reihevon IT-Consultants anheuren, um auch Beratung anbieten zukönnen. Aber alles mit Ruhe, so wie es Schusters Art ist,der sagt: "Wir werden nur vorsichtig am Markt auftreten."Bevor IT Solutions nicht konkret und verbindlich zu sagenvermag, welche Leistungen man für welche Branchen anbietenkann, wird Schuster keine Versprechungen machen, die ihn undsein Company-Baby unter Zugzwang setzen könnten.

Die kurzfristigen Ziele sind schon anspruchsvoll genug.Zunächst einmal sollen - wie immer bei solchen Schritten -die Prozesskosten "ganz deutlich reduziert" werden; absoluteZahlen nennt Schuster allerdings nicht. Neben derLeistungsfähigkeit soll die Produktivität des Bereichs"sprunghaft gestärkt" werden. Schuster will aber auch dieAttraktivität der Deutschen Post als Arbeitgeber fürhochkarätige internationale IT-Spezialisten verbessern. Diegehen bisher lieber zu Unternehmen, die im Ruf stehen,modern, jung und innovativ zu sein.

Globales Überholmanöver

"Wir haben ein Image-Problem", konstatiert derIT-Postler. "Die Öffentlichkeit nimmt noch nicht richtigwahr, dass wir eine leistungsstarke und zukunftsweisendeInformationstechnologie besitzen, dass wir weltweit anhochinteressanten Projekten arbeiten und IT-Spitzenkräftebei uns fantastische Aufstiegschancen haben." Die Zahlensprechen für sich: Momentan stellt der Ex-Monopolist mitrund 500 000 Stammdaten die größte SAP-Personalanwendung derWelt auf die Beine. Das IT-Netz des Konzerns ist über 200Länder rund um den Globus gespannt. Die Deutsche Post isteiner der größten Anwender der Oracle-Datenbanktechnologieüberhaupt. Aber Größe ist eben nicht alles: "Künftig müssenwir noch mehr unternehmerisch denken und handeln",unterstreicht Schuster seine Forderung nach einerNeuorientierung im IT-Bereich der Post. "Wir müssen uns demWettbewerb stellen."

Schuster, das spürt man im Gespräch, identifiziert sich mitseiner Company - mit IT Solutions ebenso wie mit demPost-Konzern. Das prägt sein Denken, doch dafür braucht erauch einen Ausgleich: Der IT-Manager ist leidenschaftlicherMotorradfahrer. Derzeit trainiert er oft auf demNürburgring, und zwar vor allem Überholmanöver. Die wird erbeherrschen müssen, wenn er die Konkurrenz abhängen will.

Zur Person

Manfred Schuster

Die Post in IT-Zahlen

Der Kernbereich Konzern-IT der Deutschen Post AG wirdAnfang 2002 ausgegliedert und in die Deutsche Post ITSolutions GmbH überführt. Die soll zunächst die Post sowieihre Töchter und Beteiligungen mit Dienstleistungen undBeratung versorgen, noch im kommenden Jahr jedoch auch fürandere Kunden arbeiten. Vorsitzender der Geschaftsführungist Manfred Schuster. Die wichtigsten Eckdaten der neuenGesellschaft: