"Die Herausforderung besteht darin, die Komplexität aus der IT zu nehmen", sagt Berensmann. Da sieht er nur zwei Möglichkeiten: die Produkte weniger komplex gestalten - oder die Prozesse. Ersteres kommt nicht in Frage: "Wir als kunden-orientierte Bank legen auf unsere Produktvielfalt Wert", stellt der CIO klar. Also bei den Prozessen ansetzen. Und das geht am besten über Standardisieren und Modularisieren, "ähnlich den Fertigungsstraßen in der Industrie", überlegt Dirk Berensmann.
Dabei stand das Unternehmen noch vor einigen Jahren vor dem Problem, dass es für eine Bank dieser Größe keine Standardplattform gab. Pragmatische Lösung: gemeinsam mit SAP selbst eine entwickeln. Dieses Mammut-Projekt wurde 2000 in Angriff genommen, Mitte 2005 war die Plattform fertig. Wo nötig, werden neue Module entwickelt, so auch derzeit. SAP verkauft die Standardplattform mittlerweile übrigens weltweit.
Ein anderes großes Thema für die Finanzbranche ist Compliance. "Die Flut in den vergangenen Jahren war teilweise kaum noch zu bewältigen", sagt der Postbank-CIO. Zumal die Zeitvorgaben für die IT oftmals wenig realistisch seien. Sein Haus setzt die Bestimmungen trotzdem so zügig um wie möglich. Die Postbank war denn auch das erste Geldinstitut, das von der Finanzaufsicht für die neuen Basel-II-Regeln zugelassen wurde. Darüber hinaus ist das Unternehmen firm genug, um als Dienstleister für andere Banken tätig zu werden. So wickelt die Postbank zum Beispiel den SEPA-Zahlungsverkehr (Single Euro Payment Area) für ein großes Schweizer Institut ab.
Ob als Geber oder Nehmer - beim Outsourcing steht immer die Frage im Mittelpunkt: "Wie gut sind wir wirklich?", erklärt Berensmann. Grundsätzlich schließt er gern längerfristige Verträge ab, der Partner soll für Investitionen eine gewisse Sicherheit haben. Allerdings kann der Vertrag ganz schnell gekündigt werden, wenn etwa Service Level Agreements verfehlt werden. Damit es nach Möglichkeit so weit gar nicht erst kommt, gibt es für jeden Dienstleister einen festen Steuerungsmechanismus im Haus.
Ein CIO, so der 45-Jährige, muss sowohl die Business- als auch die IT-Seite verstehen - und zwischen beiden vermitteln können. "Dieser Transformationsprozess ist nicht immer einfach", sagt er lakonisch. Aus eigener beruflicher Erfahrung in beiden Bereichen weiß er, wie unterschiedlich BWLer und Informatiker ticken. "Ein Techniker hat einen ganz anderen Zeithorizont", sagt Berensmann. "Wenn der heute mit einer IT-Veränderung beginnt, zeigt sich die Richtigkeit seiner Entscheidungen frühestens in zwei bis fünf Jahren. Die Fachseite dagegen hat meist kurzfristigere Ziele und arbeitet für die nächste (Quartals-)Bilanz."
Insofern kann er den Ruf nach mehr Business-Denke in seinem Berufsstand verstehen. Dirk Berensmann gibt aber zu bedenken: "Sie können keine Informatiker führen, wenn die merken, dass Sie nichts vom Fach verstehen." Letztlich könne der CIO die Ausrichtung am Ergebnis und Umsatz zu seinem Vorteil nutzen: "Informatiker führen gerne Religionskriege", schmunzelt der Postbank-CIO. Wenn aber die geschäftlichen, sprich monetären Ziele im Vordergrund stehen, kann der Entscheider diese Religionskriege rigoros stoppen. "Da argumentieren Sie konsequent mit den Ergebniszahlen und dann wird zügig entschieden. Die Entscheidung schreiben Sie in Policies fest und stellen sicher, dass sich jeder daran hält."
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