Herr Siercks, wie schwierig war es, den Ärzten die Umstellung auf Front-End-Spracherkennung zu vermitteln?
Ihnen die Spracherkennung nahezubringen, war nicht immer einfach. Schließlich hat eine solche Umstellung Einfluss auf die Organisation im Krankenhaus. Da die Ärzte ohne Unterstützung einer Schreibkraft Dokumente erstellen müssen, bedeutet das initial erst einmal mehr Zeitaufwand. Allerdings entfallen Nachfragen und erneutes Durchlesen und Korrigieren des Befundes, so dass der Dokumentations-Prozess insgesamt gesehen beschleunigt wird und die schriftliche Dokumentation durch bessere Werkzeuge wie Spracherkennung schneller zu bewerkstelligen ist.
Sie haben mit der Online-Spracherkennung in der Radiologie begonnen. Wieso gerade in dieser Abteilung?
Der Erfolg zeigt sich hier schneller als in anderen Abteilungen. In der Radiologie ist - stark vereinfacht gesagt - der Befund das Ziel. Die diktierten Befunde sind in der Radiologie eher kurz und strukturiert, wodurch die Spracherkennung besser trainiert werden kann und sich Erfolge unmittelbarer einstellen. Dies führt naturgemäß zu einer hohen Bereitschaft die Spracherkennung intensiv zu nutzen.
Inwieweit hat diese Bereitschaft, neue Systeme anzuwenden, insgesamt zugenommen?
Zu Beginn der Einführung musste die IT Überzeugungsarbeit leisten. Bis auf ein paar Technik-affine Ärzte war das teilweise schwierig. Heute ist es so, dass der Druck eher von den Abteilungen kommt. Sie kommen auf die IT zu, um das Thema voranzutreiben. Denn sie haben erkannt, dass sie damit Zeit sparen. Das ist natürlich auf jeden Fall besser, als wenn der Druck von der IT ausgeht.
Wie kommen Sie dem nach?
Heute sind bereits 120 Arbeitsplätze mit Spracherkennung ausgestattet. Angefangen mit der Radiologie und Urologie haben wir immer mehr Abteilungen wie Chirurgie oder Onkologie an die Technologie angeschlossen. Dieses Jahr sollen es aber noch 200 Arbeitsplätze werden. Dann kommt die Spracherkennung fast flächendeckend zum Einsatz. Es fehlen dann noch einige kleinere Abteilungen, die aber folgen werden.
Wie wirkt sich der Einsatz von Spracherkennung bei Ihnen aus?
Im Zeit- und Qualitätsgewinn. Von der Radiologie zum Beispiel ist ein Befund mittlerweile in über 80 Prozent der Fälle in fünf Minuten auf der Station schriftlich verfügbar. Ein Befund, der sofort nach der Untersuchung zur Verfügung steht, beeinflusst viele Prozesse im Haus positiv.
Was heißt das?
Früher diktierte ein Arzt zunächst seinen Befund. Eine Schreibkraft tippte diesen und legte ihn später zur Korrektur vor. Dieser Ablauf konnte sich natürlich mehrfach wiederholen, bis der Befund oder auch Arztbrief in der gewünschten Form vorlag und freigegeben wurde. Bis dieser Ablauf erledigt war, kamen von den behandelnden Ärzten der Station telefonische Rückfragen. Der ambulante Patient war schon längst entlassen und ein Brief musste postalisch oder per Fax dem einweisenden Arzt zugesandt werden. Heute kann dem Patienten ein Befund oder ein vorläufiger Arztbrief immer in digital erstellter Form schon bei der Entlassung mitgegeben werden.
Was würden sie nach den ersten Erfahrungen bei der Einführung von Spracherkennung anders machen?
Ich würde zwar eine Umstellung auf Spracherkennung genauso intensiv angehen. Allerdings muss man erkennen und akzeptieren, dass jede Abteilung anders ist. Von Anfang an ist die intensive Betreuung der eingebundenen Ärzte und Schreibkräfte notwendig. Man muss die Mitarbeiter an die Hand nehmen und sie konsequent schulen, ohne locker zu lassen. Motivierte Key-User ziehen dann die anderen mit und leben quasi den Erfolg des Systems vor.
Fakten kurz und knapp
- Angeschlossene Fachabteilungen: bisher Radiologie, Urologie, Chirurgie, Onkologie
- Angeschlossene Arbeitsplätze: 120, bis Ende 2008 ca. 200
- Standorte: Bochum-Mitte, Bochum-Linden, Hattingen
- System: Speech Magic von Philips