CIO-Trends 2024

KI wird zum Hebel der Business-Innovation

20.02.2024 von Florian Stürmer und Fabian Ahrens
Der CIO treibt 2024 nicht nur technische Innovationen voran, sondern wird zum Wegbereiter einer KI-gestützten Geschäftsmodell-Innovation.
Im Jahr 2024 avanciert der CIO zum strategischen Wegbereiter, der nicht nur technologische Innovationen vorantreibt, sondern maßgeblich zur Steigerung der unternehmerischen Gesamtleistung beiträgt.
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In den vergangenen Jahren hat PwC Strategy& an dieser Stelle regelmäßig die zentralen Trends für das neue Jahr aus Sicht der CIOs dargelegt. Dieses Jahr jedoch treten einzelne Themen mit einer bisher unerreichten Dominanz in den Vordergrund. Bereits im November 2022, vor dem Start von ChatGPT, stellten wir die neun bedeutendsten Trends für CIOs vor.

Zwei davon hoben sich bereits damals besonders hervor: "IT-Kosteneffizienz" wurde als kritischer Trend im Kernbereich der IT identifiziert, während "KI der nächsten Generation" als der führende Innovationstrend benannt wurde. Im Jahr 2024 avanciert der CIO zum strategischen Wegbereiter, der nicht nur technologische Innovationen vorantreibt, sondern maßgeblich zur Steigerung der unternehmerischen Gesamtleistung beiträgt. Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei eine zentrale Rolle spielen.

Die digitale Transformation durch Künstliche Intelligenz (KI) prägt die strategische Agenda von Unternehmen weltweit. Mit dem Aufkommen leistungsfähiger, generativer KI-Algorithmen, symbolisiert durch den Erfolg von Technologien wie ChatGPT, erleben wir eine beschleunigte Innovationsdynamik. Diese Entwicklung führt uns in eine Ära der - einer umfassenden Neugestaltung von Geschäftsmodellen, Produktangeboten und Prozessen durch KI.

In diesem Kontext erweitert sich die Rolle der CIOs über die traditionelle IT-Leitung hinaus. Sie werden zu zentralen Akteuren, die nicht nur technologische Innovationen vorantreiben, sondern auch maßgeblich die strategische Geschäftstransformation gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, ergeben sich für das Jahr 2024 klare Prioritäten:

Künstliche Intelligenz verändert auch die CIO-Prioritäten für 2024, prognostiziert Strategy+, das Strategieberatungsunternehmen von PwC.
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Strategische Entwicklung von KI-Fähigkeiten ("AI Capabilities")

Unsere Studie "The Impact of (Generative) AI" zeigt, dass der Wert von KI-Anwendungen in Unternehmen stark konzentriert ist. In nahezu allen Branchen stammen mehr als die Hälfte des durch KI generierten Mehrwerts aus nur wenigen Anwendungsfällen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines fokussierten Ansatzes zur Wertschöpfung durch KI.

In einigen Industrien wie Versicherungen, Transport und Logistik sowie Versorgungsunternehmen, wird der Mehrwert hauptsächlich durch Effizienzsteigerungen generiert. In anderen Branchen wie dem Luxusgüter-, Bekleidungs- und Pharmasektor, spielt hingegen die Umsatzsteigerung durch KI eine größere Rolle. Diese Erkenntnisse sind für CIOs von entscheidender Bedeutung, um die Geschäftsmodell-Innovation gezielt voranzutreiben.

CIOs müssen diese branchenspezifischen Unterschiede erkennen und die KI-Strategie ihres Unternehmens entsprechend anpassen. Die Unterstützung der Geschäftsbereiche bei der Identifikation und Implementierung der wertstärksten KI-Anwendungsfälle wird zu einer Schlüsselaufgabe. Es gilt, Anwendungsfälle zu entwickeln und zu priorisieren sowie die erforderlichen Kompetenzen und Technologien zu identifizieren und zu implementieren.

Bei der Implementierung dieser Fähigkeiten liegt es in der Verantwortung des CIOs, ethische und rechtliche Standards im Einsatz von KI zu wahren, und auch sicherzustellen, dass regulatorische Anforderungen - wie der kürzlich verabschiedete 'AI Act' der Europäischen Union - eingehalten werden. Dieses Gesetz definiert den Rahmen für den verantwortungsvollen Umgang mit KI und fordert von Unternehmen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit in KI-gestützten Entscheidungsprozessen zu garantieren.

Die Rolle des CIOs entwickelt sich weiter: von einem Technologieverwalter zu einem strategischen Partner, der aktiv die Geschäftsmodell-Innovation durch den Einsatz von KI vorantreibt. Durch die Konzentration auf die Bereiche, die den größten Mehrwert versprechen, können CIOs die Geschäftsneuerfindung effektiv unterstützen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Investitionen in KI-Technologien maximale Renditen erzielen.

Kompetenzaufbau für die digitale Zukunft ("Upskilling")

Ein zentraler Aspekt beim Einsatz neuer Technologien ist die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die sich bietenden Möglichkeiten und die Bereitstellung der erforderlichen Schulungen. Im Bereich KI werden Anwendungsfälle und die dafür benötigten Tools im Jahr 2024 einem rasanten Wandel unterliegen. Hierbei liegt die Verantwortung des CIOs nicht nur bei seiner eigenen Abteilung, sondern erstreckt sich auf das gesamte Unternehmen.

Eine Studie der Harvard Business School aus dem September 2023 zeigt, dass Wissensarbeiter mit Zugriff auf KI-Tools ihre Arbeit um 25 Prozent schneller und mit einer um 40 Prozent höheren Qualität erledigen konnten. Dieser Effekt kann in fast allen Bereichen des Unternehmens erreicht werden: Der Einsatzbereich von KI reicht von allgemeinen Funktionen, etwa durch den Einsatz von Tools wie Microsofts Copilot, bis hin zu speziellen Bereichen wie Entwicklung, Produktmanagement oder Kundenservice. Unternehmen wie Bayer oder BP folgen diesem Weg bereits und auch bei PwC werden unsere Mitarbeiter in der Anwendung von KI-Assistenten geschult.

Um diese Ergebnisse zu erzielen, sollten drei Schlüsselbereiche beachtet werden: Zunächst ist es wichtig, eine förderliche Einstellung und Denkweise zu entwickeln. Schulungen sollten darauf abzielen, Missverständnisse zu KI auszuräumen, Mitarbeiter darin zu unterstützen, geeignete Einsatzzwecke und Anwendungsarten für KI zu identifizieren, realistische Erwartungen zu schaffen und eine kollaborative Integration der KI in das Arbeitsleben voranzutreiben.

Als zweiter Schritt ist die Ausbildung in KI-Kompetenzen unerlässlich. Dazu gehört, dass Mitarbeiter lernen, effektive und präzise Problemstellungen für KI-Anwendungen zu formulieren und mittels Prompt Engineering iterativ zu optimieren. Ebenso wichtig ist es, dass sie in der Lage sind, Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen der KI zu erkennen. Abschließend ist es entscheidend, ein fundiertes Training für ethisches und sicheres Handeln im Umgang mit KI anzubieten. Mitarbeiter des gesamten Unternehmens müssen mit relevanten Richtlinien vertraut gemacht werden, um zu verstehen, welche Anwendungen von KI unzulässig sind und wie sie erkennen können, wenn KI-Systeme ethische Grenzen überschreiten.

Der CIO wird 2024 mit maßgeschneiderten Trainingsangeboten und Veranstaltungen zur KI-Nutzung zum Schlüssel für die Einführung von KI-Tools und die Schulung aller Mitarbeiter. Deshalb sollte er darauf hinwirken, dass diese Maßnahmen nicht nur im Unternehmen wahrgenommen, sondern auch Bestandteil von Zielvereinbarungen und Jahresplänen werden.

Cybersicherheit im KI-Zeitalter ("Cyber Security")

Die Einführung von KI in die Arbeitswelt bringt komplexe Veränderungen mit sich, die alle Bereiche von Industrie und Gesellschaft betreffen. Neben positiven Anwendungen werden KI-Technologien jedoch auch von böswilligen Akteuren genutzt. Staatliche Institutionen und kriminelle Gruppen setzen KI zunehmend für Cyberangriffe ein, wie die Produktion von Falschnachrichten in Konfliktsituationen oder bei politischen Wahlen zeigt. Laut der Studie "Cyber Security in Deutschland" von PwC Strategy& ist die Zahl der Cyberangriffe 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 59 Prozent gestiegen. KI-basierte Methoden wie Phishing, Spam und Malware nehmen rapide zu, da Kriminelle generative KI nutzen, um schädliche Inhalte zu erstellen und ihre Aktionen zu automatisieren.

Es ist die Aufgabe des CIO, das Unternehmen vor diesen Bedrohungen zu schützen. Ein proaktiver Ansatz ist dabei unerlässlich: 2024 muss der CIO die aktuelle Sicherheitslage neu bewerten, insbesondere im Hinblick auf KI-getriebene Angriffe. Darauf aufbauend muss er die Anforderungen an die Sicherheitsinfrastruktur definieren und deren Modernisierung vorantreiben.

Unternehmen, die in kritischen Infrastrukturbereichen tätig sind, sollten ein besonderes Augenmerk auf fortgeschrittene und zielgerichtete Angriffe legen, die häufig von staatlichen Akteuren ausgehen ("Advanced Persistent Threats"). Moderne KI-Systeme, die auf Verhaltensanalysen und der Erkennung ungewöhnlicher Aktivitäten basieren, sind in diesem Zusammenhang unerlässlich.

Darüber hinaus ist es wichtig zu ermitteln, welche Daten und Systeme besonderen Schutz benötigen. KI kann hier durch automatische Datenklassifizierung und entsprechende Kennzeichnung einen wichtigen Beitrag leisten. KI kann zudem helfen, Maßnahmen zum Schutz der IT-Systeme effizienter zu entwickeln, breiter zu implementieren und regelmäßig zu aktualisieren. Bei der Abwehr von Angriffen sind moderne Firewalls und Intrusion Detection Systeme, die KI-Technologien integrieren, von großer Bedeutung. Der CIO sollte den Incident-Response-Plan überprüfen und die Nutzung von KI zur automatisierten Reaktion auf Sicherheitsvorfälle prüfen. KI beschleunigt auch die forensische Analyse von Angriffen, indem sie Anomalien schnell erkennt und Angriffsmuster mit öffentlichen Datenbanken abgleicht.

Angesichts der zunehmenden Aufrüstung von Angreifern mit KI-Technologien ist es für CIOs unerlässlich, fortschrittliche Technologien in die eigene Cybersicherheitsstrategie zu integrieren, um eine robuste Abwehr zu gewährleisten.

IT-Performance optimieren mit KI

Um im Kerngeschäft durch den Einsatz von KI wettbewerbsfähig zu bleiben, die neuen Herausforderungen der Cybersicherheit zu meistern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassend in KI-Technologien zu schulen, sind umfangreiche IT-Investitionen unerlässlich. Die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die durch die anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und den Konflikt in der Ukraine geprägt sind, haben viele Unternehmen in eine schwierige wirtschaftliche Lage gebracht. Inflation, steigende Energiekosten und weiterhin beinträchtige Lieferketten haben viele Unternehmen zu Sparmaßnahmen veranlasst, die auch vor den IT-Budgets nicht Halt machen. Gleichzeitig werden die Anforderungen an die IT immer komplexer und vielfältiger, was den Investitionsbedarf erhöht.

In diesem dynamischen Umfeld hat die Steigerung der Effizienz und Effektivität der IT für viele Unternehmen höchste Priorität. Führende Unternehmen verschiedener Branchen wie Volkswagen, Bayer und Ford haben bereits entsprechende Initiativen gestartet. In seiner Rolle als strategischer Gestalter optimiert der CIO die Kostenstruktur der IT und identifiziert Maßnahmen zur Steigerung der IT-Performance, um Mittel freizusetzen, die gezielt in transformative Technologien wie KI reinvestiert werden.

Der CIO sollte die IT-Strategie hierzu eng mit der Geschäftsstrategie abstimmen und die IT-Kompetenzen identifizieren, die möglichst unmittelbar zu den Zielen anderer Unternehmensbereiche beitragen. Um die Leistungsabhängigkeiten und den Beitrag der IT zur Unternehmenseffizienz zu messen, empfiehlt sich ein systematisches Performance-Monitoring. Dies ermöglicht den Vergleich von IT-Investitionen mit den daraus resultierenden Leistungssteigerungen im Unternehmen. Die daraus abgeleitete Priorisierung hilft bei der zielgerichteten Transformation des IT-Portfolios. Weniger prioritäre Fähigkeiten sollten kosteneffizient ausgelagert oder auf Industriestandards umgestellt werden, um Ressourcen für wichtigere Zukunftsbereiche der IT freizusetzen.

Der CIO sollte auch die Anwendungslandschaft und die IT-Organisation optimieren. KI bietet hier neben den traditionellen Methoden neue Möglichkeiten zur Leistungssteigerung. Laut Gartner fließt fast die Hälfte aller IT-Budgets in die Bereiche Anwendungsentwicklung, -wartung und -support, wo generative KI signifikante Leistungssteigerungen und Kosteneinsparungen ermöglichen kann. Der "Substack Developer Survey" zeigt, dass 70 Prozent der Entwickler bereits KI-Tools einsetzen oder dies in naher Zukunft planen und sich davon eine deutliche Leistungssteigerung versprechen.

Für den CIO ist es daher von entscheidender Bedeutung, KI und Performance als Hauptthemen auf die Agenda 2024 zu setzen. Seine Rolle als digitaler Wegbereiter für das Unternehmen wird wichtiger denn je. Die Integration von KI in die Geschäftsstrategie betrifft nicht nur die IT, sondern das gesamte Unternehmen. Durch AI-driven Business Reinvention wird eine nachhaltige Erneuerung des Unternehmens angestrebt. Die IT muss nicht nur Kosten sparen und ihre Leistung optimieren, sondern auch sicherstellen, dass alle Unternehmensbereiche von geeigneten digitalen Tools, Prozessen und Schulungen profitieren und KI sicher einsetzen können.