Noch nie hat die CIO-Redaktion an einem Tag so viel Post bekommen. Wir sortieren die Mails zum Thema Offshore-Outsourcing gerade auf zwei Stapel:
Natürlich haben die Berater recht, wenn sie auf die vielen Fallstricke hinweisen, über die internationale Projektleiter oft stolpern. Genauer betrachtet sind es allerdings auch nicht viel mehr Fallstricke als bei inländischen Projekten. Ein wenig mehr Englisch und Kultur-Kenntnis reichen eigentlich, um die zusätzlichen Projektanforderungen zu bewältigen. Dafür bedarf es nicht zwingend eines Beraters. Gelegentlich reicht schon ein guter Zeitschriftenaufsatz , um sich die Probleme bewusst zu machen.
Offshore ist gerecht
Wirklich kritisch ist beim Offshore-Outsourcing nur der erste Punkt: Was tun, wenn Outsourcing in Billiglohnländer in einem Satz mit Sozialabbau in Deutschland genannt wird? Selbst Weltfirmen wie Siemens geraten an dieser Stelle in die Defensive und erklären sich zu Opfern einer Mode, der es nun einmal zu folgen gelte: "Wir müssen uns diesem Trend stellen, wie alle unsere Wettbewerber, und teilweise auch Aktivitäten dorthin (nach Osteuropa, Anm. d. Red.) verlagern", sagte Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer vergangene Woche in der Financial Times Deutschland . Der Strategiechef des Technologiekonzerns hält es für realistisch, dass in einigen Jahren etwa ein Drittel der Entwicklungsarbeiten für Siemens an Niedriglohnstandorten geleistet wird. Natürlich nur, weil die böse Konkurrenz das auch so mache.
Klüger ist es, das Thema Offshore offensiv anzugehen. Es ist gerecht, Aufträge in arme Länder zu vergeben, die trotz ihrer Armut über Jahre hinweg IT-Nachwuchs ausgebildet haben, während sich die Reichen auf hohem Ross ausgeruht haben. Es ist gerecht, Stundenlöhne von nur 30 Euro für einen Entwickler zu zahlen, wenn dieser in einem günstigen Umfeld lebt. Es ist gerecht, die Leistungsbereitschaft von Indern, Rumänen oder Polen zu belohnen, die nun einmal in vielen Fällen höher ist als in Deutschland.
Kommt unsere Rente auch aus diesen Ländern? Vielleicht schon. Die gesetzliche Rente wird natürlich nie aus Indien fließen - noch weniger als aus Deutschland. Die privaten Rentenversicherer setzen aber schon heute auf Leistungsträger aus der sogenannten dritten Welt. Irgendwann werden auch wir davon profitieren.