Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist sich sicher, dass die „eCard“ die Qualität, Sicherheit und Transparenz in der Medizin verbessert. Die Ministerin sieht die Chipkarte als digitalen Schlüssel zum künftigen Gesundheitsnetzwerk in Deutschland und der EU. Als Teil des eHealth-Konzepts der Bundesregierung soll sie natürlich auch Kosten senken und die Effizienz steigern. In zunächst acht Bundesländern beziehungsweise Regionen muss sie dies derzeit beweisen – und zwar in Bochum-Essen, Bremen, Flensburg, Heilbronn, Ingolstadt, Löbau-Zittau (Sachsen), Trier und Wolfsburg. Ursprünglich hätte die eCard bereits 2006 die bisherige Krankenversichertenkarte ablösen sollen – realistischer scheint mittlerweile ein Einführungstermin Mitte 2007. Neben administrativen Funktionen sind dann auch Basisinfos über die Gesundheit des Patienten verfügbar.
Der administrative Part ist verpflichtend für alle Verbraucher. Er enthält Angaben über den Versicherungsstatus des Patienten, Zuzahlungspflichten sowie als Anwendung die elektronische Übertragung eines Rezepts. Der medizinische Teil, der auf freiwilliger Basis genutzt werden kann, enthält Informationen über eingenommene Arzneimittel, Notfalldaten wie Blutgruppe, chronische Erkrankungen oder Allergien.Außerdem beinhaltet er zusätzliche Fakten etwa zu Anamnese, aktuellen Diagnosen, Operationen oder Impfungen, die digitale Verwaltung von Patientenquittungen sowie – sozusagen als Krönung am Ende der Entwicklung – die EPA. Deren Einführung im Zuge weiterer Ausbaustufen der elektronischen Gesundheitskarte wird jedoch noch lange Zukunftsmusik bleiben, denn noch fehlen Standards, und die Krankenhäuser stehen in puncto IT erst am Anfang.
Über 2200 Kliniken in Deutschland
Deutschland verfügt über ein dichtes Netz aus Kliniken und Krankenhäusern, insgesamt gibt es zirka 2240 Einrichtungen. Die privat geführten Kliniken haben laut einer Healthcare-IT-Studie des Krefelder Marktforschungshauses MBmedien einen Marktanteil von 15 Prozent (Stand Herbst 2005). Verglichen mit Zahlen aus 2002 ergibt dies eine Steigerung von acht Prozent. Während der Anteil der freigemeinnützigen Häuser fast unverändert geblieben ist (43 Prozent), haben öffentliche Krankenhäuser einen erheblichen Rückgang zu verzeichnen (2005: 41 Prozent, 2002: 49 Prozent); sie sind die Klientel mit der ungünstigsten Überlebensprognose.
Fusionen sind an der Tagesordnung
Generell ist der Krankenhausmarkt geprägt durch eine dreistufige Entwicklung in einem dramatischen Überlebenskampf. Kooperationen von Kliniken im gemeinsamen Einkauf sind typisch für Stufe eins. Die Ausgründung einer Trägergesellschaft oder die Zusammenlegung von medizinischen Fachbereichen auf dem Wege der Spezialisierung einzelner Häuser kennzeichnen Stufe zwei.Die Fusion vormals eigenständiger Häuser zu einer Klinikgruppe, entwickelt aus einem bereits geschaffenen Verbund, bildet Stufe drei. Das alles führt zu mehr zentralen Abteilungen, Service- und Tochtergesellschaften besonders im Catering- und IT-Bereich.
Die wachsenden Datenmengen sowie die in Deutschland und Europa geltenden Aufbewahrungspflichten für medizinische Daten sind bereits jetzt Tatsachen, mit denen sich Kliniken, niedergelassene Ärzte und Versicherungen auseinander setzen müssen. Zur Verwaltung der Daten aus Patientenpflege, Monitoring, Fort- und Weiterbildung sowie dem Informationsmanagement reichen die vorhandenen Kapazitäten oft nicht mehr aus. Die in vielen Organisationen üblichen Papier- oder Bildarchive stoßen an ihre Grenzen.„Und schließlich fordern die Datenschutzgesetze der Europäischen Union und für Patienten gleichermaßen eine vertrauliche und sichere Verarbeitung“, mahnt Johannes Heinemann, EDV-Leiter des Wiesbadener St.-Josefs-Hospitals.
Spezialapplikationen wie das Krankenhaus-Informations-System (KIS) machen das Daten-Management aufwändig und erfordern sehr viel Speicherplatz. Die Storage-Hersteller reagieren auf diese Anforderungen mit speziellen Angeboten für den Bereich Healthcare. Neben digitalen Online-Archivierungslösungen und Enterprise-Content-Management-Systemen setzen sich digitale Bild-Management-Systeme (PACS) und RIS (Radiologie-Informations-System)-Lösungen in Kliniken immer mehr durch. Alle diese Anwendungen setzen hohe Netzwerkbandbreiten bis zu allen Beteiligten voraus:
– Die Verwaltung muss kontinuierlich mit den benötigten Daten versorgt werden.
– Den Ärzten muss ständiger Zugriff auf Patienten-Informationen, Röntgenbilder und weiteres Material möglichst am Krankenbett offen stehen.
– Patienten erwarten in Zukunft ebenso, dass sie sich über ihren eigenen Zustand im Intra- oder Internet ein Bild machen können.
Privatkliniken geben mehr für IT aus
Um die ersehnten Benefits ausschöpfen zu können, müssen die Krankenhäuser erst einmal in die Tasche greifen. Laut der MB-Medien-ealthcare-IT-Studie stand 63 Prozent der befragten Krankenhäuser für 2005 ein IT-Investitionsbudget von mehr als 150000 Euro zur Verfügung. Rund ein Drittel von ihnen nannten ein Budget zwischen 300000 und 500000 Euro, und zwölf Prozent (von 63 Prozent) hatten sogar die Möglichkeit, mehr als 1000000 Euro in ihre IT zu investieren.
Im Vergleich zu den IT-Investitionsbudgets von 2004 verzeichneten die privat geführten Krankenhäuser 2005 den höchsten Anstieg (plus 15 Prozent). Eine geringere Zunahme hatten freigemeinnützige Kliniken (plus sechs Prozent). Etwa gleich blieb das Budget in öffentlichen Einrichtungen. „Unsere Recherchen und Auswertungen haben ergeben, dass ein Krankenhaus in 2005 rund 1,6 Prozent seines Umsatzes für IT ausgab“, so Stefan Lüschow, Geschäftsführer von MB Medien. „Ein Wert, der von vielen IT-lern zwar als unzureichend empfunden wird, jedoch spürbar höher ist als in der Vergangenheit.“ 2006 und 2007 wollen die Kliniken der MB-Medien-Healthcare-IT-Studie zufolge vor allem in den IT-Infrastrukturbereich investieren (60 Prozent der Nennungen). 29 Prozent haben besonders betriebswirtschaftliche Software wie ERP im Visier, und Healthcare-spezifische Software steht bei 14 Prozent der Befragten im Vordergrund. Die wichtigsten Motivationstreiber: Effizienzsteigerung, bessere Wettbewerbsqualität und Behandlungsqualität, größere Transparenz der Geschäftsprozesse, Kostenreduktion/optimierter Personaleinsatz.
Im Krankenhaus- und Klinikmarkt wandelt sich die reaktive IT-Organisation mit strikt technischer, interner Dienstleistung hin zur IT, deren Stellenwert auf das Niveau medizin-fachlicher Disziplinen steigt. „Die Institutionalisierung des CIO im Management ist die logische aufbauorganisatorische Konsequenz daraus. Krankenhäuser, die das erkennen und ihre Organisationsstruktur darauf ausrichten, verbessern ihre Chancen im schwierigen Wettbewerbsumfeld“, so Lüschow.