Girokarte oder Smartphone

Kontaktlos bezahlen mit Near Field Communication

23.01.2013 von Christoph Hoffmann
Dank Near Field Communication (NFC) kann man kontaktlos bezahlen - mit seiner Girokarte oder auch mit dem Smartphone. Im Alltag sind wir von dem durchaus möglichen Komfort und den theoretischen Möglichkeiten der Technik allerdings noch weit entfernt.

Das Interesse an NFC und am kontaktlosen Bezahlen von kleineren Beträgen an der Supermarktkasse ist da. Eine Studie des Branchenverbandes Bitkom sieht großes Potential für Near Field Communication (NFC). In Deutschland gibt’s mehr als 80 Millionen Mobiltelefone. 43 Prozent aller Handy-Besitzer können sich vorstellen, ihr Mobiltelefon zum Bezahlen einzusetzen. Bei der jüngeren Generation unter 30 Jahren sind es sogar drei von vier Nutzern. Jeder Fünfte würde generell überall mit dem Handy bezahlen, wo er heute eine Giro- oder Kreditkarte einsetzt.

Damit man aber überhaupt die NFC-Technologie nutzen kann, braucht man entweder eine neue NFC-fähige EC-, Bank- oder Kreditkarte oder ein Smartphone, das mit einem NFC-Chip ausgestattet ist – zumindest in der Theorie. Aktuell gibt es rund 60 Mobiltelefone mit NFC-Unterstützung, darunter Nokia-Handys inklusive einiger Lumia-Modelle, die HTC-Android-Smartphones One X, Desire C und One XL sowie das Windows Phone 8X, Nexus 4 und Optimus L7 von LG sowie Nexus S, Galaxy Nexus, Galaxy S III und Ativ S von Samsung.

Marc-Oliver Reeh vom Center for Near Field Communication (NFC) Management an der Universität Hannover erwartet für das kommende Jahr weltweit mehr als 100 verfügbare NFC-Modelle. Die Marktforscher von IMS Research rechnen damit, dass 2016 rund 45 Prozent aller Mobiltelefone NFC-fähig sein werden. Apple dagegen will von NFC noch nichts wissen und verspricht sich von seiner App Passbook mehr Erfolg. Sie kann die Verwaltung von Gutscheinen, Flugtickets, Kino- und sonstigen Eintrittskarten übernehmen.

In den USA funktioniert das kontaktlose Bezahlen per NFC mit Google Wallet. In der Praxis ist ein Bezahlen per NFC-Smartphone in Deutschland noch nicht möglich. Der Ausweg heißt mpass: Ist man mit seinem Handy bei Telekom, O2 und Vodafone unter Vertrag, dann gibt’s nach einer kostenlosen Anmeldung bei http://mpass.de einen NFC-Chip, den man etwa auf das Telefon kleben oder an einer Schutzhülle befestigen kann. Sie benötigen lediglich ein Girokonto bei einer Bank in Deutschland und eine deutsche Mobilfunknummer. Mit mpass können Sie dann sofort bargeld- und kontaktlos bezahlen, indem Sie Ihr Smartphone an der Kasse eines Geschäftes, dessen Kartenterminal mpass unterstützt, zirka vier Zentimeter vor das NFC-Lesegerät halten.

Der Datenaustausch erfolgt dabei ausschließlich zwischen dem NFC-Chip und dem Terminal, das die Daten an Mastercard weiterleitet. Der Mobilfunkprovider hat keinen Zugriff auf die Daten, die bei dem Bezahlvorgang ausgetauscht werden. Technisch handelt es sich also um einen EC-/Kreditkartenkauf, nur dass Sie eben keine Karte in ein Lesegerät einfügen müssen. Bei der Bezahlung mit mpass wird der fällige Betrag entweder per Lastschrift vom Girokonto abgebucht oder von einem mpass-Konto, das man speziell einrichten und per Überweisung im Vorfeld auffüllen muss.

NFC-fähige EC-, Bank- oder Kreditkarte

Haben die deutschen Sparkassen ihren Zeitplan eingehalten, dann soll bereits ein Teil der insgesamt rund 95 Millionen Bankkarten durch neue NFC-fähige ersetzt sein. Girogo-Chip, so nennen Banken und Sparkassen ihr System zum Bezahlen ohne PIN und Unterschrift. Dahinter steckt nichts anderes als NFC. Damit kann man Beträge bis 20 Euro nur durch kurzes Heranführen der Karte an das Bezahlterminal begleichen. In weniger als einer Sekunde ist die Zahlung autorisiert und vollzogen. Die digitale Geldbörse kann mit bis zu 200 Euro aufgeladen werden.

Nettes Extra: Mit der Gratis-App „S-Kontaktlos Reader“ für NFC-fähige Android-Smartphones ermitteln Sie das aktuelle Guthaben Ihrer SparkassenCard mit girogo. Einfach die SparkassenCard in kurzer Entfernung an die NFC-Schnittstelle des Smartphones halten und die App zeigt neben dem aktuellen Guthaben auch die letzten Lade- und Bezahlvorgänge an.

Unter den Namen Visa PayWave und Mastercard PayPass stellen Visa und Mastercard ihren Kunden entsprechende Kreditkarten mit NFC-Modul zur Verfügung. Bisher haben die BW-Bank, comdirect, DKB, Landesbank Berlin, Postbank, Targobank und Volkswagen Bank mit der Ausgabe der ersten 500.000 kontaktlosen Visa-Karten begonnen. Im Jahr 2013 werden zusätzlich rund 1,5 Millionen kontaktlose Visa-Karten hinzukommen.

Als Mastercard-Kooperationsbanken sind unter anderem die Landesbank Berlin, BW Bank, Deutsche Kreditbank, Hamburger Volksbank, Netbank, Targobank, Wirecard sowie verschiedene Sparda-Banken mit dabei. Außerdem ist Lufthansa Miles & More und die Deutsche Telekom über ihre Tochterfirma Click & Buy Kooperationspartner von Mastercard.

Mastercard-Nutzer haben es gut, Sie können sich im Paypass-Locator Geschäfte mit NFC-Terminals in der Umgebung anzeigen lassen. Dank mpass-App und Location Based Services kann man auf dem Smartphone-Display sehen, welche Händler in der Nähe das NFC-Bezahlungssystem akzeptieren. Derzeit gehören etwa Filialen von McDonald's, DM-Drogerie, Vapiano, Conrad, Christ, Douglas, Thalia, Real, Edeka sowie Esso-, Jet- und Aral-Tankstellen dazu. Anhand spezieller Logos sollen Kunden an der Kasse sofort erkennen, ob die Bezahlung per NFC möglich ist.

Kontaktlose Verbindung

Beim kontaktlosen Bezahlen nutzt man sein Smartphone beziehungsweise NFC-fähige EC-, Bank- oder Kreditkarte als elektronische Geldbörse. Zum Auslösen der Transaktion hält der Kunde die Karte beziehungsweise das Smartphone nur kurz ans Leseterminal – auf eine Entfernung von wenigen Zentimetern. Alternativ sind auch Lesegeräte auf dem Markt, die das Ablegen der Karte auf einem Bezahlteller vorsehen. Das Terminal prüft, ob die Karte ein ausreichendes Guthaben enthält. Ist das der Fall, wird der Betrag abgebucht. Prüfung und Abbuchung erfolgen ebenfalls sehr schnell, da keine Kontoabfrage nötig ist. Je nach Terminalausführung bestätigt ein optisches und/oder akustisches Signal die erfolgreiche Abbuchung. So dauert der gesamte Bezahlvorgang weniger als eine Sekunde.

Unterschiede gibt’s bei der Abwicklung und den Höchstbeträgen, die von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sind. Die Beträge bei Girogo der Banken und Sparkassen sind auf 20 Euro beschränkt. An Orten mit ausschließlicher Akzeptanz der elektronischen Geldbörse und girogo sind Ausnahmen von der 20-Euro-Grenze möglich. Dies gilt insbesondere, wenn an diesen Orten auch kein Bargeld akzeptiert wird, beispielsweise in Stadien und Kantinen. Bei Visa PayWave und Mastercard PayPass sowie mpass muss man Beträge ab 25 Euro per Unterschrift bestätigen beziehungsweise Ihre vierstellige mpass-PIN am Terminal eintippen.

Gelangt man nahe genug an den NFC-Chip, reicht ein NFC-fähiges Smartphone mit entsprechender App aus, um seine Daten auszulesen. Das ARD Magazin Report hat bereits im letzten Sommer auf erhebliche Sicherheitsmängel der NFC-Technologie hingewiesen. In einem Test konnten ein Experte nachweislich per Funk auf die Nummer sowie das Verfallsdatum einer neuen NFC-fähigen Kreditkarte zugreifen. Dazu musste er mit seinem Handy auf einen Abstand von rund vier Zentimeter an die Karte heran und musste nicht einmal direkten Kontakt mit dem Geldbeutel haben. Mit den Daten konnten dann Waren im Internet bestellt werden - sofern nicht der dreistellige Sicherheitscode abgefragt wird.

Verlust NFC-fähiger EC-, Bank- oder Kreditkarten

Ein größeres Risiko ist das Abhandenkommen von NFC-fähiger EC-, Bank- oder Kreditkarten. Gerät etwa die Kreditkarte in falsche Hände, kann der Dieb damit Kleinbeträge bis 25 Euro ohne Geheimzahl (Pin) oder Unterschrift bezahlen – solange, bis die Karte gesperrt wird. Gut, aber leider nicht die Regel. Manche Banken informieren per SMS über jede Transaktion. Mit einer gestohlenen Girocard lassen sich Rechnungen von jeweils bis zu 20 Euro bezahlen, aber nur bis zu dem Betrag, mit dem der Chip geladen ist, also maximal 200 Euro bei den Sparkassen. Bein einem Verlust ist außerdem der auf der Karte eingebuchte Betrag weg. (PC-Welt)