Analysten-Kolumne

Konvergenz von ITK-Technologie - eine Herausforderung für den CIO

05.12.2007 von Dan Bieler
In den Technologiemärkten wird gerade ein Paradigmenwechsel eingeläutet: Es werden die ersten Schritte hin zu einer voll digitalisierten Welt vollzogen; die Basis dafür bildet das Internet Protocol. Diese Entwicklung hat weitreichende Auswirkungen.
IDC-Analyst Dan Bieler: "Um mittelfristig erfolgreich zu sein, müsssen ITK-Anbieter Allianzen und Partnerschaften eingehen."
Foto: IDC Central Europe GmbH

So gut wie alle Anbieter, Unternehmens- und Privatkunden sind von der neuen, integrierten ITK-Landschaft und den dadurch ausgelösten Veränderungen betroffen. ITK ist für Unternehmen aufgrund der dadurch entstehenden Wettbewerbsvorteile - oder auch Nachteile - von großer Bedeutung. Wirklich integrierte ITK-Produkte und -Services verändern die Kaufprozesse, das Management von Technologie und auch die Markteintrittsstrategien.

Die Entstehung einer solchen ITK-Umgebung wirkt sich außerdem auf die Rolle des CIOs aus. Er muss nicht nur zusätzlich die Verantwortung für den Betrieb der Kommunikationsdienste übernehmen. Nachdem die ITK-Strategie für Unternehmen eine Schlüsselrolle bei der Generierung von Wettbewerbsvorteilen einnimmt, sollte der CIO daher technologische Möglichkeiten und Herausforderungen aufzeigen, die die strategische Ausrichtung unterstützen können.

Laut IDC ist es zwingend notwendig, dass der CIO Mitglied des Management Teams ist, das über die Unternehmensstrategie entscheidet. Doch nicht alle CIOs sind auf diese neue Rolle wirklich gut vorbereitet. Und nicht alle Firmen sind bereit, dem CIO mehr Verantwortung zuzugestehen. Auch die Stellung des CIOs vs. COO vs. CTO wird durch die neue ITK verändert. In manchen Fällen dürften diese Rollen miteinander verschmelzen, in anderen Fällen bleiben sie weiterhin voneinander getrennt. Ein wesentlicher Faktor bei dieser Entwicklung hat mit der Frage zu tun, welche Abteilung die Kosten für ITK - unter anderem auch die Stromkosten - übernehmen wird und wer für die Leistungsmessung zuständig ist.

In den letzten zehn Jahren entstanden durch das Zusammenbringen von IT-Innovationen mit billigen Telekommunikationseinrichtungen (insbesondere Breitbandleitungen für Privatkunden) "Technologie-Plattformen", die zu völlig neuen Geschäftsmodellen führten; als Beispiel sind hier Firmen wie eBay, Yahoo und Google zu nennen. Solche Modelle waren noch wenige Jahre vorher undenkbar. Informations- und Kommunikationstechnologie wachsen so schnell zusammen, dass schon in naher Zukunft neue Technologie-Plattformen mit ähnlichen Möglichkeiten und Chancen (aber auch Bedrohungen) entstehen könnten. ITK-Anbieter müssen sich auf diesen Wandel einstellen.

Trotz wichtiger Ausnahmen, beispielsweise die Allianz zwischen BT und HP, ist integrierte ITK nach wie vor ein Konzept, das in erster Linie bei der Strategieentwicklung und in den Marketing-Abteilungen gedeiht. Derzeit gibt es noch keine Anbieter mit einem wirklich integrierten ITK-Portfolio. Dass aus der Vision der integrierten ITK Wirklichkeit wird, ist hauptsächlich auf drei Faktoren zurückzuführen: die Wahrnehmung der Endanwender sowie die Überzeugung, dass es ein integriertes ITK-Angebot gibt, technologische Weiterentwicklungen und die Bereitschaft des CIOs, neben der IT auch die Zuständigkeit für die Telekommunikation zu übernehmen.

TK Netzwerk- und IT-Infrastruktur.

Telkos und Hardware-Anbieter müssen ihre IT-Skills erheblich ausbauen, um ihr integriertes IT-Angebot auf eine starke Basis zu stellen. Sie müssen zudem ihre Distributionskanäle entsprechend anpassen. Softwarehäuser, IT-Dienstleister und Systemintegratoren sind gut beraten, sich auf ihre Kommunikationsfähigkeiten zu konzentrieren, um ein besseres integriertes ITK-Portfolio auf die Beine stellen zu können.

Technologisches und strategisches Know how des CIO gefragt

Allerdings macht nicht allein die Technologie, sondern auch Service und Nutzerfreundlichkeit die Kernkompetenz eines erfolgreich integrierten ITK-Anbieters aus. Ohne ein tiefgehendes Verständnis der jeweiligen Unternehmenstätigkeit und der Geschäftsprozesse der Endanwender werden ITK-Anbieter zufrieden stellende Lösungen nur schwer liefern können. Systemintegratoren, Professional Services-Anbieter und IT-Dienstleister sind wohl am ehesten in der Lage, ITK-Services zu leisten. Sie sind Projektmanagement-Experten und aus ihrer Projektarbeit mit den Problemen der Business-Transformation vertraut. Sie haben den großen Vorteil, dass im Dialog mit ihren Kunden die Business-Seite im Vordergrund steht und nicht die Technologie.

Telkos sind durch den Wechsel hin zu einer ITK-Umgebung am meisten gefährdet, da sie sich allzu oft auf den Verbindungsaspekt konzentrieren und immer noch sehr netzwerkzentrisch denken. Telkos unterschätzen nach wie vor den Stellenwert der Software und der Systemintegration im Rahmen ihres Lösungsportfolios; auch ihr Kundenkontakt ist zu stark auf Technologie und nicht genügend auf Business-Themen ausgerichtet. Zudem fehlen ihnen meistens die erforderlichen IT-Skills; dies kommt vor allem bei den traditionell etablierten Unternehmen noch erschwerend hinzu.

Allerdings unterschätzen diejenigen, die (wie das zur Zeit gerne praktiziert wird) die Telkos als Prügelknabe hernehmen, die Rolle der Netzwerkinfrastruktur in einer ITK-Umgebung. Jeder Ansatz, der in Richtung Software und Communication as a Service (SaaS und CaaS) geht, ist nur so gut wie die zugrunde liegende Netzwerkinfrastruktur. Viele Marktteilnehmer aus allen möglichen Bereichen und mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen drängen in diesen neuen Markt:

Die wesentlichen Stärken der Software-Häuser liegen in ihren guten Technologiekenntnissen und in der Tatsache, dass viele ihrer Lösungen bereits fest in den IT-Infrastrukturen der Kunden verankert sind. Die größte Schwäche besteht in ihrem IT-Fokus bei Skills und Distributionskanälen, was dazu führt, dass man ihnen im Bereich Kommunikation die Glaubwürdigkeit abspricht.

Hardware-Anbieter punkten vor allem mit ihrer großen Kundenbasis und ihren guten Kenntnissen im Bereich Kommunikationsinfrastruktur. Ihre größte Schwäche liegt in ihrer nicht genügend entwickelten IT-Kompetenz und mangelnder Expertise im Bereich Systemintegration sowie ihrem technologielastigen Umgang mit Kunden.

In absehbarer Zukunft müssen ITK-Anbieter Allianzen und Partnerschaften eingehen, wenn sie erfolgreich sein wollen; das gilt besonders auf internationalem Parkett. Nicht umsonst heißt es: "Man muss kooperieren, um konkurrieren zu können." Der CIO muss nicht nur seine technologischen und strategischen Fähigkeiten unter Beweis stellen; auch diplomatisches Geschick ist gefragt, um den richtigen Kurs zwischen Krieg und Frieden in der schönen neuen Welt der ITK einzuschlagen.

Dan Bieler, Director Consulting, European Telecommunications & Networking bei IDC.