Sparsame Business-Intelligence-Lösungen

Kosten senken durch Green BI

12.08.2009
BI-Lösungen schlucken dann am meisten Ressourcen, wenn sie am wertvollsten für Unternehmen arbeiten: Wenn sie große Datenmengen auswerten. Es gibt drei Wege, wie BI-Anwendungen sparsamer laufen können, meint Bereichsvorstand Joachim Philippi von Steria Mummert Consulting in seiner Kolumne.
Joachim Philippi ist Bereichsvorstand bei der Steria Mummert Consulting AG.

"Green IT" war bis Anfang des Jahres ein Hype-Thema und ein starkes Marketing-Instrument der IT-Branche. Sporadisch gab es sogar ein breites öffentliches Interesse. Betrachtet man die weitere Entwicklung des Trendthemas vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise unter dem Aspekt "Können sich Unternehmen in harten Zeiten das ökologische Gewissen noch leisten?", stellt man fest: Das Schlagwort ist nicht mehr in aller Munde, aber die Prinzipien der Green IT haben sich in der Fachwelt etabliert, wenn auch unter anderen Vorzeichen als zunächst lanciert.

In der IT-Branche ist die Argumentation seit der Krise sehr nüchtern geworden: Statt des Umweltbewusstseins steht jetzt die schnell wirkende Kostensenkung im Vordergrund. Präzise berechenbare Einsparungen durch Energieeffizienz sind schlagende Argumente für moderne Rechner, die grüne Prinzipien umsetzen. Der moralische Anspruch findet bei der wirtschaftlichen Frage "Wo liegt der Mehrwert für unser Unternehmen?" nur andeutungsweise im Bereich der Image-Pflege seinen Niederschlag.

Grüne Prinzipien in der IT-Strategie etabliert

Dass mit den "hard facts" der Green IT, insbesondere mit Einsparungen beim Stromverbrauch, schnelle und gravierende Erfolge zu erzielen sind, ist einfach nachzurechnen und bereits durch viele Praxisbeispiele belegt. Unter diesem Aspekt ist die ressourcenschonende IT-Strategie nicht "trotz", sondern gerade "wegen" der wirtschaftlichen Zwänge ein Dauerthema: Grüne Ideen setzen sich in der IT-Strategie durch, unabhängig von modischen Schlagworten oder dem persönlichen Engagement der IT-Entscheider.

Bisher standen dabei vor allem Infrastrukturthemen und Basistechnologien der Datenhaltung und -verarbeitung im Blickpunkt. Zentrales Thema, das vor allem in Rechenzentren verfolgt wird, ist neben Fragen zur Gebäudeplanung und Klimatisierung insbesondere die bessere Auslastung von Servern durch Virtualisierung. Nimmt man die komplette IT-Landschaft konsequent ins Visier, liegt die Frage auf der Hand, ob darüber hinausgehende Energie- und Kosteneinsparungen durch anwendungsspezifische Maßnahmen möglich und nötig sind.

Gibt es Green Business Intelligence?

Der Bereich Business Intelligence (BI) beispielsweise, der selbst als Hoffnungsträger in Krisenzeiten gehandelt wird, bietet sich als Ansatzpunkt an. BI-Anwendungen sind in der Regel dann besonders wertvoll, wenn sie eine große Datenbasis auswerten und eine hohe Verbreitung im Unternehmen finden, d.h., es geht meist um die Speicherung, Verarbeitung und Übertragung großer Datenmengen mit entsprechend hohem Energieverbrauch.

Das zu verarbeitende Datenvolumen wird zukünftig durch den Aufbau von langjährigen Historien, den Anspruch, im BI-System auch auf Detaildaten zugreifen zu können sowie die Integration neuer Informationsquellen im Sinne eines Enterprise Data Warehouse weiter ansteigen. Auch der Anspruch der Nutzer steigt: Immer größere Datenmengen sollen mit kurzen Aktualisierungszyklen jederzeit anwenderspezifisch aufbereitet zur Verfügung stehen. Damit stehen BI-Anwendungen zunehmend im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen "information on demand" und "cost cutting" und geraten zugleich in Widerspruch zu Prinzipien der Green IT.

Durchleuchet man den Bereich genauer auf spezifische Problematiken und Lösungsansätze einer definierbaren "Green BI", finden sich schnell Argumente, die speziell BI als Verursacher von erhöhtem Ressourcen- und Energieverbrauch kennzeichnen. Laut unserer biMA®-Studie 2009 verzeichnen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen in ihrem Data Warehouse ein lineares Wachstum der Datenmenge; die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate liegt bei 21 Prozent. Bei 29 Prozent der Unternehmen verläuft das Wachstum des Datenvolumens sogar expotenziell.

Die vieldiskutierte "Demokratisierung des Informationszugriffs" mit zielgruppengerechter Aufbereitung und Verteilung bedeutet außerdem einen erhöhten Aufwand für Rechenleistung. Die Anforderungen an ständig verfügbare Online-Berechnungen im Rahmen von "Active DWH" oder "Realtime DWH" erfordern ebenfalls einen erhöhten Ressourcenaufwand.

Diese Anforderungen, die Anwender an BI-Systeme haben, entsprechen ihrem heutigen Geschäftsalltag und lassen sich nicht zurückschrauben. BI-Anwendungen haben sich inzwischen vom "Produzenten von Monatsberichten auf grün-weiß gestreiftem Endlospapier" zum unternehmenskritischen Wettbewerbsfaktor entwickelt, dessen Bedeutung im Zuge der Krise deutlich zugenommen hat. Mit Ansatzpunkten für eine "grüne BI" finden sich jedoch Lösungen, die BI-Anwendungen ohne spürbare Einbußen für den Anwender effizienter machen.

Drei Wege, um bei BI-Lösungen zu sparen

Erstens: Ein wichtiges Ziel ist die Konsolidierung bestehender Data Warehouses durch die Bildung von Gravitationszentren. Fachlich, technisch und organisatorisch sollten sich in großen Unternehmen alle Datensammlungen auf wenige führende Data Warehouses hin ausrichten, was vereinfachte IT-Infrastrukturen, weniger Energieverbrauch, bessere Skalierbarkeit und deutlich weniger Aufwand bei der Administration zur Folge hat.

Zweitens: Ein zweiter Ansatzpunkt ist die Optimierung von BI-Architekturen bzw. das effiziente Design von OLAP-Cubes. Hier gilt es, im einzelnen Anwendungsfall den Aufwand für voraggregierte Werte gegen die benötigte Performance am BI-Frontend abzuwägen. Die Modellierung von "schlanken", fachlich orientierten Data Marts, die in auslastungsarmen Zeiten mit aktuellen Daten befüllt werden, entlastet dabei zugrundeliegende Data Warehouses.

Differenzierte Archivierung von Daten

Drittens: Ein wichtiger Aspekt ist das Information Lifecycle Management. Von den wachsenden Datenbeständen in Data Warehouses werden im Schnitt nur 20–30 Prozent durchgängig mit hoher Verfügbarkeit benötigt. Meist werden jedoch nur die Speicher-Möglichkeiten "hochverfügbar" oder "gelöscht" genutzt, obwohl die Hochverfügbarkeit viel Energie verbraucht. Hier ist eine differenziertere Speicher-Strategie sinnvoll. Beim Online-, Nearline- und Offline-Storage wird unterschieden zwischen der Ablage von hochverfügbaren Daten auf Festplatten der High-End-Klasse, Festplatten der Mittelklasse und ausgelagerten Daten auf Magnetbändern und optischen Speichern - mit wesentlich geringeren Kosten und Energiebedarf.

Green BI ist mehr als "Ausdrucken von Reports auf Recyclingpapier"

Es liegt auf der Hand: BI ist selbst wie die gesamte ITK-Branche ein Enabler übergeordneter ökologischer Strategien der Unternehmen. Der gezielte Einsatz von BI-Lösungen hilft, Ressourcen optimal zu nutzen und damit Energie und Kosten in anderen Unternehmensbereichen zu sparen. Beispiele sind die Prozessoptimierung in Produktion und Distribution, wie die Optimierung von Leerfahrten von LKWs durch intelligente Routenplanung.

Die Übertragung von grünen Ideen auf das spezifische Umfeld der Business Intelligence liefert wertvolle Optimierungsansätze, die helfen, dass die IT-Sparte, die Ressourcen sparen und die Performance steigern soll, nicht selbst zum Problem- und Kostentreiber im Unternehmen wird. BI-spezifische Maßnahmen bei Daten, Anwendungen und Governance setzen auf Prinzipien der Green IT auf und bringen neben ökologischen Vorteilen Kosteneinsparungen und Qualitätsgewinn im ganzen Unternehmen.

Durch und mit BI bis zu 25 Prozent sparen

Entscheidend ist dabei, dass die technischen Maßnahmen abgeleitet und eingebettetet sind in die fachlichen Anforderungen und organisatorisch beispielsweise durch die Einführung eines BI Comptence Centers (BICC) im Unternehmen abgesichert werden "Green BI" ist dabei ein Kontinuierliches Verbesserungs-Programm (KVP - kontinuierlicher Verbesserungsprozess / PDCA - Plan-Do-Check-Act) und keine Einmalmaßnahme, muss also auf Unternehmensebene verankert sein. Durch den hohen "Kollateralnutzen" ist davon auszugehen, dass dann mit Green BI Einsparpotenziale von bis zu 25 Prozent zu realisieren sind.

Joachim Philippi ist Bereichsvorstand bei der Steria Mummert Consulting AG.