IT muss übergreifend unterstützen

Kosten steigen

22.06.2007 von Frank Grünberg
Versicherer können ihre Ausgabenquoten kaum noch senken. Neue Vorgaben wie Solvency II und das Versicherungsvertragsgesetz erfordern Investitionen.
Gesetzliche Regularien wie Solvency II oder das Versicherungsvertragsgesetz üben Druck auf die Branche aus.
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Mit dem, was seine IT-Abteilung im Jahr 2006 geleistet hat, zeigt sich Christan Hofer, IT-Vorstand der HUK Coburg, sehr zufrieden. So hat sie den eigenen Schadensservice, bei dem die Versicherung mit rund 1.200 Autowerkstätten kooperiert, auf einen automatisierten Workflow umgestellt. Allein mit dem Partner Carglass werden jetzt jährlich 40.000 Rechungen voll elektronisch abgewickelt. Auch am Aufbau des Kundenbetreuungscenters waren seine Mitarbeiter maßgeblich beteiligt.

Der First-Level-Support kann die Kunden nun per Post, per Telefon, aber auch per E-Mail betreuen, weil das neue Dokumentenmanagement flächendeckend eingeführt wurde. Besonders stolz ist der IT-Chef aber, dass sein Team die HUK 24, die Online-Versicherung der Versicherungsgruppe, voll integrieren konnte. "70 Prozent der über das Internet angestoßenen Prozesse können nun "dunkel" ablaufen, verursachen also keine manuelle Nachbearbeitung mehr", berichtet Hofer. "Das hat die Effizienz unseres Geschäftes erheblich gesteigert."

Damit liegt die HUK im Trend. Denn den operativen Wirkungsgrad zu steigern, zählt nach wie vor zu den Kernaufgaben der IT-Abteilungen. In den vergangenen Jahren meisterten die Verantwortlichen diese Aufgabe sogar mit immer kleineren Budgets, obwohl sich die Einnahmen der Versicherer erhöhten. So stiegen 2006 die Bruttobeitragseinnahmen der 454 Mitglieder des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft um 2,3 Prozent auf 162 Milliarden Euro.

Die Versicherungsbranche verzeichnet sinkende Umsätze.

Kosten nicht mehr senkbar

Dagegen sank der Anteil der IT-Gesamtkosten an der Bruttoprämieneinnahme, nach Angaben der Boston
Consulting Group (BCG), von 2001 bis 2006 erheblich. Bei den Sachversicherern ging sie durchschnittlich von 5,0 auf 3,6 Prozent zurück, bei den Krankenversicherern von 2,7 auf 1,8 Prozent und bei den Lebensversicherern von 1,9 auf 1,6 Prozent. "Nun stellt sich daher die spannende Frage", sagt BCG-Geschäftsführer Stephan Heydorn, "ob die IT-Kostenquoten weiter gesenkt werden können." Er zweifelt daran.

Zwar hätten einige IT-Abteilungen der Versicherer ihre Hausaufgaben gemacht, Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme durchgeführt sowie mehr Transparenz durch IT-Kennzahlensysteme geschaffen. Doch nun wachse vor allem der Druck durch gesetzliche Regularien wie Solvency II oder die Novelle des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Heydorn rechnet für die daraus resultierenden Anpassungen innerhalb der IT mit einem Mehraufwand, der in vielen Unternehmen bei über 10.000 Personentagen liegen werde. "Vor allem kleinere Versicherungen werden ihre Kostenquote daher kaum halten können", prophezeit der Berater.

R + V Versicherung: Neubau eines Bestandsführungssystemsfür Lebensversicherungen.

Peter Weiler, IT-Vorstand der R+V-Versicherungen, schätzt die Auswirkungen der regulatorischen Veränderungen unterschiedlich ein. Solvency II stelle aus IT-Sicht weder personell noch finanziell eine besondere Herausforderung dar. "Unternehmen, die gut aufgestellt sind, meistern das mit Bordmitteln“, sagt Weiler. Den Aufwand für die Umsetzung der VVG-Reform schätzt er allerdings ebenfalls als sehr hoch ein. Die Aktivitäten seiner IT-Abteilung hat er im vergangenen Jahr auf die Verbesserung der Vertriebsprozesse sowie die Erneuerung der Bestandsführungssysteme konzentriert. Auch im Lebensversicherungsbereich hat er die alte Software abgelöst. "Das sind und waren hochkomplexe
Aufgabenstellungen", sagt Weiler.

Kampf und Kunden ist entbrannt

Und dringend notwendige sowieso, wie Tim Braasch, Versicherungsexperte beim Beratungshaus Steria
Mummert, glaubt. Denn während die Einnahmen der Sachversicherer stagnieren, wachsen die Umsätze bei den Kranken- und Lebensversicherern. "Der Kampf um den Kunden ist in diesen Segmenten voll entbrannt", beobachtet der Berater. "Viele Versicherer suchen daher nach Wegen, um neue Potenziale zu heben."

HUK-Coburg: Umsetzungsmaßnahmen für das Versicherungsvertragsgesetz.

Denn die Kunden werden älter und wählerischer, so dass der Produktansatz One-Size-Fits-All dem Markt
nicht mehr gerecht wird. Versicherer sehen sich daher gezwungen, kunden- und alterspezifische Pakete zu
schnüren. Vor allem die Großen der Branche stellen inzwischen jedes einzelne Glied ihrer Wertschöpfungskette auf den wirtschaftlichen Prüfstand, nicht zuletzt, um sie anschließend in neuer Reihenfolge zusammenzusetzen. Die Folge: Die klassischen Säulen Sach-,Lebens- und Krankenversicherung stehen nicht länger isoliert nebeneinander, sondern werden in eine Managementholding überführt und durch Shared Services - zu denen dann auch die IT zählt - unterstützt und koordiniert. "IT muss heute gewährleisten“, sagt Braasch, "dass all das reibungslos und schnell funktioniert.´"

Gothaer Versicherungen: Gothaer Index.

Gleichzeitig kritisiert er mit Blick auf die internationale Konkurrenz die deutsche Zurückhaltung in Sachen
Budgetplanung. "Wir gehen davon aus, dass die IT-Budgets bei deutschen Versicherungen bis 2009 um
3,6 Prozent steigen“, sagt Braasch. "Im Rest von Europa werden es allerdings vier bis fünf Prozent sein."