Mit Tablet und Smartphone in den Urlaub

Kostenfalle Datenroaming im Ausland

01.07.2014 von Thomas Joos und Jürgen Hill
Egal ob Tablet oder Smartphone - vernünftig nutzen lassen sich die Devices nur wenn sie online gehen können. Und hier wird es im Ausland beim Datenroaming schnell teuer. Wir zeigen worauf Sie achten müssen.

Horrormeldungen wie eine Handy-Rechnung in Höhe von 11.200 Euro oder gar 46.000 Euro (ein Deutscher wollte in Frankreich ein TV-Sendung herunterladen) gehören heute in Europa glücklicherweise der Vergangenheit an, seit die EU eine Art Kosten-Airbag einführte. So gilt für deutsche User eine gesetzliche Kostenobergrenze von 59,50 Euro. Die Kostenobergrenze funktioniert so: Die Betreiber sind verpflichtet, dem Nutzer eine Warnung zu schicken, sobald er 80 Prozent der Kostenobergrenze beim Datenroaming erreicht hat. Wenn die Obergrenze erreicht ist, muss der Betreiber die Mobilfunk-Internetverbindung unterbrechen, sofern der Kunde nicht ausdrücklich erklärt, dass er die Nutzung fortsetzen möchte.

Ab 1. Juli 2014 müssen die Betreiber die maximalen Kosten auf 0,23 Euro von 0,29 pro Minute senken. Für eingehende Anrufe im EU-Ausland gelten ab 1. Juli 2013 0,06 Euro pro Minute. Zusätzlich müssen die Betreiber nach 30 Sekunden eine Sekundengenaue Abrechnung bieten. Kunden werden durch eine automatische SMS beim Grenzübertritt über die Kosten informiert. Diese Regeln umfassen zunächst nur die Kosten für das Telefonieren.

Die Obergrenze für eine gesendete SMS wird auf 7 Cent gesetzt. Eingehende SMS der Betreiber zum Thema Datenroaming sind natürlich kostenlos.

Wichtig ist für viele Internetnutzer das Datenroaming ab dem 1. Juli 2014: Hier gilt eine Preisobergrenze von 24 Cent pro Megabyte. Sobald die Kosten 60 Euro übersteigen, muss der Betreiber den Zugang kappen. Kunden können das Limit aber selbst beim Anbieter erhöhen lassen. Beim Surfen außerhalb der EU müssen Anwender aber weiterhin aufpassen. Zwar muss der ausländische Betreiber auch hier die Daten in Echtzeit zum lokalen Provider übermitteln, aber gesichert ist das nicht. Diese Kooperationen ist freiwillig und es machen nicht alle Provider mit. Anwender sollen aber über eine SMS informiert werden, wenn der aktuelle Provider nicht an der Kooperation mitmacht.

In vielen Urlaubsländern gibt es keine Provider die bei dieser Kooperation beteiligt sind. Hier entstehen schnell höhere Kosten. Anwender sollten hier genau den jeweiligen Vertrag prüfen, oder besser bei Datenverbindungen auf WLAN setzen.

Doch in Zeiten, in denen hochauflösende Displays und Kameras in Smartphone und Tablets als state of the art gelten, kommen schnell große Datenmengen zusammen. Alleine die Übertragung eines einzigen höher auflösenden Fotos mit 4 MByte kostet so bei den Discountern fast 2 Euro. Und im EU-Datentarif, nach dem die vier deutschen Mobilfunkbetreiber abrechnen, würde die Übertragung des Fotos bereits mit über 3 Euro das Konto belasten. Idealerweise sollten Anwender also auch hier am besten auf WLAN-Verbindungen setzen. Diese sind meistens schneller und hier bleiben auch die Kosten unter Kontrolle.

Roaming im Ausland
Vorsicht: Ja nach Anwendung geht das Surfen im Ausland schnell ins Geld, wenn viele Daten übertragen werden.
Roaming im Ausland
Obacht: Musik streamen im Ausland sollten die Anwender besser unterlassen - das Datenvolumen ist sonst schnell verbraucht.
Roaming im Ausland
Schnell gebucht: Reise-Datenpakete sind eine Option fuer das Surfen mit dem Handy im Ausland.
Roaming im Ausland
Kleingedrucktes: Tethering ist bei vielen Reise-Datenpaketen nicht erlaubt.
Roaming im Ausland
Hochauflösende Bilder und bewegte Animationen: Wer darauf verzichtet, kann so seine Roamingkosten senken.

Seit Juli 2013 darf ein MByte innerhalb der EU nur noch maximal 23,8 Cent kosten. Doch selbst mit diesen reduzierten Tarifen bleibt die Online-Nutzung in der EU ein teures Vergnügen, wenn man bedenkt, dass etwa ein dreiminütiges Youtube-Video rund 7 MByte verbraucht oder für eine Minute Web-Radio hören etwa 1,5 MByte anfallen.

Obacht: Musik streamen im Ausland sollten die Anwender besser unterlassen - das Datenvolumen ist sonst schnell verbraucht.
Foto: Deutsche Telekom

Erschwerend kommt hinzu, dass die Preisbeschränkungen lediglich innerhalb der EU gelten. Auch in Reiseländern wie Ägypten oder beispielsweise Thailand zahlt der Kunde dagegen etwa bei T-Mobile 15,80 Euro pro MByte. Angesichts solch fürstlicher Roaminggebühren ist die Grenze des Kosten-Airbags schnell erreicht - in unserem Beispiel würde das nicht einmal für 4 MByte reichen. Denn der Airbag soll nach dem Willen der EU auch außerhalb der europäischen Staatengemeinschaft zur Anwendung kommen. Allerdings sollte sich der User nicht bedenkenlos auf die Kostenbremse verlassen, denn die EU-Vorschriften enthalten eine Lücke, die von einigen Mobilfunkanbietern nur allzu gern genutzt wird. Wenn es aus technischen Gründen nicht möglich ist, die erforderlichen Roaminginformationen flächendeckend zu erfassen und in Echtzeit auszutauschen, müssen die Carrier den Kosten-Airbag nicht umsetzen. Sie sind lediglich dazu verpflichtet, den Reisenden bei der Ankunft in dem entsprechenden Land per SMS über diesen Umstand zu unterrichten.

Option Reise-Pakete

Schnell gebucht: Reise-Datenpakete sind eine Option fuer das Surfen mit dem Handy im Ausland.
Foto: Deutsche Telekom

Zumindest in der EU verlieren die Roamingpreis etwas von ihrem Schrecken, wenn der Anwender ein so genanntes Reise-Datenpaket, auch als Day Pass, Day Pack, EU Internet Pack etc. bezeichnet, dazu bucht. Neben den vier Netzbetreibern T-Mobile, Vodafone, O2 Telefonica und E-Plus haben auch die Mobilfunk-Discounter entsprechende Packages im Programm. Dazu zählen etwa Congstar, Simyo oder Aldi Talk, um nur drei Bespiele zu nennen. Bei den meisten Anbietern kann der Anwender zwischen Tages- und Wochenpaketen wählen, die in der Regel mit einem Volumen zwischen 10 und 100 MByte erhältlich sind. Die Preise beginnen bei knapp 1,95 Euro für einen Tagespass mit 10 MByte Datenvolumen und reichen bis zu Wochenpässen mit 100 MByte Volumen für 14,95 Euro. Dabei kann die Stückelung je nach Anbieter sehr unterschiedlich sein. So offeriert etwa T-Mobile seine Tagespässe mit 10 MByte Volumen, während Vodafone 25 MByte offeriert und dafür etwas teurer ist. Und E-Plus bietet gar ein Paket für 30 Tage an.

So unterschiedlich wie die Pakete sind, sind auch die Bestellvorgänge für die Tarifoptionen. Während der eine Anbieter einfach per SMS über die verfügbaren Datenpakete informiert und die Bestellung per SMS erfolgt, muss beim nächsten erst auf eine kostenlose mobile Internet-Seite gesurft werden, um dort ein entsprechendes Datenpaket zu ordern. Andere wiederum erwarten, dass zuerst, noch zuhause die Option für entsprechende Datenpakete aktiviert wird. Um hier keine kostspieligen Fehler zu machen, ist leider ein Blick in die AGB dringend anzuraten. Dieser empfiehlt sich noch aus anderen Gründen: Viele Betreiber gestatten nämlich die Nutzung ihrer Reise-Datenpakete nur mit dem Smartphone.

Kleingedrucktes: Tethering ist bei vielen Reise-Datenpaketen nicht erlaubt.
Foto: O2

Ein Tethering (Rechner per WLAN oder Bluetooth mit dem Smartphone verbunden) oder die Verwendung eines Mobilfunk-Mini-Routers, eines UMTS-Datensticks oder -modems ist dagegen mit diesen Tarifen häufig nicht abgedeckt. Im Zweifelsfall wird dann jedes übertragene MByte zum EU-Datenroaming-Tarif abgerechnet. Pakettarife, die diese Nutzung erlauben, sind deutlich teurer. So verlangt Vodafone etwa für ein 50 MByte Tagespaket, das auch mit Datensticks genutzt werden darf, 14,95 Euro. Ein zweiter Grund, warum sich ein Blick in die AGBs empfiehlt, ist die Frage, wie etwa verfahren wird, wenn das Volumen eines Paketes aufgebraucht ist: Kann mit gebremster Geschwindigkeit weiter gesurft werden? Kann ein neues Paket hinzu gebucht werden? Wird die Verbindung unterbrochen? Oder wird einfach zum EU-Tarif weitergesurft? Welche Warnungen gibt es, wenn das Inklusivvolumen aufgebraucht ist? Und last but not least sollte geprüft werden, ob die Datenpakete auch in der Schweiz gelten. Während viele Anbieter für die Schweiz auch den EU-Roamingtarif anwenden, gelten die EU-Reisedatenpakete dort nur selten.

Selbst nach der Buchung eines entsprechenden Datenpaketes sollte der User nicht sofort unbedarft lossurfen. Bei den meisten Anbietern gilt ein EU-Datenpaket erst dann als freigeschaltet, wenn der Benutzer eine SMS zu diesem Sachverhalt erhalten hat. Und auch dann ist angesichts der eher geringen Datenvolumen Vorsicht angebracht, da sonst das Kontingent schnell aufgebraucht ist. Deshalb sollten etwa automatische Updates ebenso deaktiviert werden wie Programme, die ständig im Hintergrund mit anderen kommunizieren und so die Freimenge auffressen. Um mit dem Volumen hauszuhalten, ist es ferner zu überlegen, ob wirklich E-Mails komplett mit allen Anhängen sofort heruntergeladen werden müssen. Wer, wie in den meisten Mail-Programmen für Smartphones möglich, die Datenmenge pro Mail auf 10 oder 20 KByte begrenzt und Anhänge nur wirklich im Bedarfsfall herunterlädt, kann seinen Datenverbrauch deutlich reduzieren. Nach unseren Erfahrungen auf Dienstreisen reichen obige Maßnahmen bereits aus, um mit den Reisepaketen über die Runde zu kommen, wenn auf Videoübertragungen oder Audiostreams verzichtet wird.

Tipps und spezielle Tarife

Vielsurfer sollten zudem überlegen, ob sie die anfallende Datenmenge noch weiter reduzieren können. Ein Ansatz hierzu ist etwa die Nutzung des Browsers Opera Mini, der unter anderem für iPhone und Android erhältlich ist. Sein Hersteller verspricht je nach Web-Seite eine Einsparung von bis zu 90 Prozent. Erreicht wird dies dadurch, dass nicht direkt auf eine Web-Seite zugegriffen wird, sondern über einen Proxy-Server des Herstellers. Dort werden die Seiten für die Darstellung auf den mobilen Endgeräten optimiert und dabei gleichzeitig die zu übertragende Datenmenge reduziert.

Hochauflösende Bilder und bewegte Animationen: Wer darauf verzichtet, kann so seine Roamingkosten senken.
Foto: Deutsche Telekom

Reisende, die unterwegs ein Notebook nutzen, sollten sich fragen, ob sie beim mobilen Surfen wirklich hochauflösende Bilder oder bewegte Animationen benötigen. Wird darauf verzichtet, so lässt sich das übertragene Datenvolumen drastisch verkleinern und so Geld sparen. Entsprechende Tools offerieren eigentlich alle großen Netzbetreiber auf ihren Web-Seiten. So bietet etwa Vodafone einen "Performance Manager", der auch in der "Dashboard-Software" für Datenkarten und -sticks integriert ist. Das Pendant bei O2 heißt beispielsweise "Connection Manager".

Für vielreisende Business-Kunden offerieren beispielsweise Vodafone oder O2 Telefonica zudem noch Tarife, bei denen bereits ein Datenvolumen für die Datennutzung im EU-Ausland sowie die LTE-Nutzung in Deutschland inkludiert ist. Bei O2 ist ein solches Paket für monatlich um die 30-40 Euro als Tarif O2 Blue All-in L Professional erhältlich. Neben einem Datenvolumen von 2 GByte für die Nutzung in Deutschland enthält es 100 MByte für die Verwendung im EU-Ausland. Deutlich teurer ist dagegen das Vodafone-Angebot Red Business L Europe mit 99,95 Euro, Dafür erhält der Benutzer hierzulande ein Datenvolumen von 10 GByte und im EU-Ausland 1 GByte. Während bei O2 lediglich 90 Telefonminuten im Ausland inbegriffen sind, erhält der Vodafone-Kunde eine Telefon-Flatrate. Letztlich ist von Fall zu Fall mit spitzem Bleistift nachzurechnen, ob sich diese Tarife wirklich lohnen, oder ob man nicht mit einem der Reisepakete günstiger fährt. Speziell das Vodafone-Angebot dürfte sich nur für Vielreisende mit vielen Auslandsaufenthalten rechnen. Generell ist es empfehlenswert, sich vor der Reise über entsprechende Optionen zu informieren, zum Beispiel bei der Telekom mit Travel&Surf. Die Preise ändern sich häufig sehr schnell. Bei der Recherche helfen Internetseiten wie teltarif.de oder handytarife.de.

Damit erschöpft sich denn auch das Sparpotenzial beim Datenroaming, wenn der Anwender für Auslandsreisen keine weiteren Vertragsbeziehungen mit anderen Mobilfunkanbietern eingehen will. 2014 eröffnet sich für Reisende nämlich eine neue Option. Ab dann sollen nach dem Willen der EU Mobilfunknutzer die Möglichkeit erhalten, zusätzlich zu ihrem heimischen Vertrag einen Roamingvertrag mit einem anderen, etwa ausländischem Anbieter abschließen zu können. Auf einer Auslandreise würde sich das Smartphone dann in das jeweilige Netz des Roamingpartners einbuchen. Der Anwender könnte so die teuren Roamingtarife des heimischen Providers umgehen.

Wer nicht warten will, bis es passende Tarife gibt, kann bereits heute mit einigen einfachen Kniffen im Ausland andere Anbieter nutzen und so das teure Roaming umgehen. Naheliegend ist dabei etwa die Nutzung von öffentlichen WLAN-Hotspots. Im Gegensatz zu Deutschland ist die WLAN-Nutzung in den meisten ausländischen Hotels mittlerweile kostenlos und selbst das Surfen in einem kostenpflichtigen Hotspot ist meist günstiger als das Datenroaming. Eine andere Option ist die Nutzung von ausländischen Mobilfunk-SIM-Karten des jeweiligen Reiselandes. Wer hier Sprachschwierigkeiten bei der Freischaltung befürchtet, kann entsprechende Karten bereits in Deutschland ordern. Für Anwender, die im Ausland mit mehreren Endgeräten online gehen wollen könnte, ein anderer neuer Service von Interesse sein: so genannte Miet-Router oder Miet-Hotspots. Dabei handelt es sich um kleine Mobilfunk-fähige WLAN-Router, die von den Anbietern gleich mit den SIM-Karten für das jeweilige Reiseland vermietet werden.