Die Autoren der Studie haben die Wirtschaftlichkeit von SAP-Systemen anhand der vier Key Performance Indikatoren (KPI) Kosten, Qualität, Performance und Produktivität untersucht. Demnach schöpfen Unternehmen das Standardpotenzial der Systeme nicht aus. Ein Branchenvergleich zeigt, dass die "Best Practice"-User aus dem Gesundheitssektor mit einen Standardisierungsgrad von 58 Prozent vorn liegen. Auf dem letzten Platz liegt die Finanzbranche mit einem Standardisierungsgrad von 32 Prozent unter den "Best Practice"-Firmen.
Dementsprechend viel Zeit und Kosten geht in Eigenentwicklungen. Was sich laut der Studie nicht lohnt: Zwischen den Wartungskosten für die selbst geschneiderten Lösungen und ihrem faktischen Nutzen im Unternehmen klaffen erhebliche Lücken. So werden nur 25 Prozent der Entwicklungen intensiv genutzt. Eines von drei Programmen wird überhaupt nicht aufgerufen, trotzdem aber gewartet. Aufgrund fehlender Transparenz in den Systemen fällt das aber schlicht nicht auf.
Mehr Geld und mehr Zeit
Das Einsparpotenzial kann bei großen Firmen bis zu zwei Millionen Euro erreichen, kleine Betriebe mit weniger als 500 Usern können rund 500.000 Euro sparen.
Als Kostentreiber bei den Eigenentwicklungen sehen die Autoren der Untersuchung nicht nur den Aufwand beim Upgraden auf aktuelle Releases und die Anpassung an Support Packages und Bugfixes, die SAP regelmäßig zur Verfügung stellt, sondern zum Beispiel auch erhöhte Schulungskosten. So müssen für eigene Entwicklungen individuelle Trainingspläne und –dokumente erstellt werden.
Über die finanzielle Belastung hinaus wirken sich längere Projektlaufzeiten und die langsamere Anpassung der Prozesse durch überflüssige oder falsch genutzte Eigenentwicklungen negativ auf die Performance der Unternehmen aus.
Ein weiterer Punkt ist die Qualitätskontrolle: Häufig wird sie für intern entwickelte Software von den Firmen nur spärlich dokumentiert. Außerdem steht mit den eigenen End-Usern ein begrenztes "Testpublikum" zur Verfügung.
Expertin sieht Vorurteile gegenüber Standardlösungen
Die Studie wollte der Frage auf den Grund gehen, warum SAP-Standardlösungen nicht häufiger zum Einsatz kommen. Diana Bohr, CTO bei West Trax, sieht politische Gründe im Spiel. So machten viele Landesgesellschaften und Tochterunternehmen aus Scheu vor globalen Umstrukturierungsprozessen spezifische lokale Anforderungen geltend, die sie in kostspieligen Eigenentwicklungen zum Ausdruck bringen. Dadurch würden letztlich insbesondere die Auswertung von Geschäftsdaten und die kontinuierliche Betreuung der SAP-Installation behindert.
Diana Bohr glaubt, dass gegenüber Standard-Software Vorurteile bestehen. Sie erklärt: "Sinn und Zweck einer Standard-Software ist es nicht, Unternehmen zu vereinheitlichen, wie viele Anwender irrtümlicherweise annehmen, sondern Abläufe zu vereinfachen und zu optimieren, damit der Fokus des Unternehmens wieder auf seinen Kernkompetenzen liegt."
Bei einem Blick auf die Unternehmensbereiche, in denen SAP-Standardtransaktionen eingesetzt werden, führen die Bereiche Warenwirtschaft (17 Prozent) vor Vertrieb und Kostenkontrolle (je 14 Prozent) und Beschaffung (elf Prozent).
Der Consulter West Trax und der Marktforscher Experton haben für die Studie 93 SAP-Systeme aus 69 Unternehmen in 14 verschiedenen Branchen untersucht.