Der Börsengang vom November 2011 hatte noch gut ausgesehen: Der Ausgabepreis von 20 Dollar wurde bald übertroffen, und das junge Unternehmen, das mit seinen Rabatt-Aktionen in drei Jahren schneller als eBay und Amazon gewachsen war, hatte in Nullkommanichts einen Marktwert von fast 13 Milliarden Dollar erreicht. Erst Ende 2008 gegründet, beschäftigt Groupon inzwischen 11.000 Mitarbeiter und ist in 48 Ländern aktiv. Bis jetzt ist das Unternehmen unprofitabel. Der zu Beginn extrem hohe Marktwert verkörperte nichts anderes als die Aussicht auf zukünftigen Gewinn.
Das "Handelsblatt" vom 4. November 2011 zeigte sich angesichts des Börsengangs äußerst begeistert: "Das Online-Rabattportal Groupon hat allen Unkenrufen zum Trotz in den USA den größten Internet-Börsengang seit Google hingelegt. Mit dem Verkauf von 35 Millionen Aktien nahm das gerade einmal drei Jahre alte Unternehmen 700 Millionen Dollar ein und damit deutlich mehr als noch vor kurzem erwartet."
Euphorie von Anlegern und Analysten von kurzer Dauer
Doch die Euphorie der Anleger und professionellen Beobachter und Analysten hielt nicht lange vor. Im letzten Quartal ist das Coupon-Geschäft zum ersten Mal nicht so gewachsen wie vorher. Der allererste Geschäftsbericht nach dem Börsengang musste sogar nachträglich geändert werden, nachdem Aufsichtsbehörden in den USA und in Großbritannien Unregelmäßigkeiten bei der Buchhaltung moniert hatten.
Seitdem sind die Aktienkurse kontinuierlich gefallen, ähnlich wie bei anderen Börsenüberfliegern wie Zynga, einem Anbieter von Online-Spielen, und Facebook, der weltweit so beliebten Kommunikationsplattform.
"Überbewertet" lautet jetzt allgemein das Urteil von zahllosen Beobachtern der Szene. Der Aktienkurs von Groupon ist bis auf fünf Dollar gefallen – ein herber Verlust für die Anleger –, und der Marktwert liegt aktuell etwa bei vier Milliarden Dollar.
Investoren und Aktionäre von Groupon machen bisher nur Verluste
Die offiziellen Erklärungsversuche von Groupon für dieses Desaster fallen nicht gerade überzeugend aus. CEO und Mitgründer Andrew Mason verweist auf die schlechte Konjunktur in Europa und ist im übrigen der Ansicht, dass sein Unternehmen "ein solides Quartal" vorgelegt habe. Schließlich sei man ja immer noch gewachsen, und die dicken Profite würden sich schon noch einstellen. Davon ist auch noch immer ein Teil der New Yorker Wall-Street-Analysten überzeugt.
Das Geschäftsmodell von Groupon beruht zum großen Teil darauf, dass in den "Daily Deals" Rabatt-Coupons für lokale Händler angeboten werden. Retailer und andere Unternehmen wie Restaurants oder Reisebüros, die zu solchen Aktionen bereit sind, müssen mühsam aufgespürt werden, zumal in den neuen ausländischen Märkten. Kommt eine zuvor festgesetzte Anzahl von Konsumenten zustande, ist der Deal gültig und Groupon steckt einen Anteil des jeweiligen Gutscheinwerts ein. Dieser soll etwa 50 Prozent betragen.
In der Praxis kommen viele Deals gar nicht erst zustande, oder die beteiligten Unternehmen können nicht alle Interessenten bedienen. Dies führt zu Rückerstattungen durch Groupon – Verluste, die durch Rücklagen gedeckt sein müssen. Hier soll es bei Groupon wiederholt zu falschen Einschätzungen gekommen sein, wie CEO Mason vor Analysten einräumen musste. Die notwendigen Rücklagen mussten zu Lasten erster Gewinne erhöht werden, die ersehnte Profitabilität war wieder weg.
Überall schießen außerdem Nachahmer und Konkurrenten aus dem Boden, zum Teil mit besseren Kenntnissen über die lokalen Märkte. In Deutschland hat sich zum Beispiel Schnäppchenfuchs.com etabliert. Amazon, eBay oder Google sind ebenfalls mit von der Partie, wobei sie alle über den Vorteil einer großen angestammten Kundenbasis verfügen. Zu wissen, worauf mögliche Interessenten anspringen werden, ist in diesem Geschäft essentiell.
Groupon will nun ebenfalls mehr "personalisierte Deals" anbieten – und dafür Informationen sammeln und auswerten. Darüber hinaus wird das Geschäftsmodell erweitert: Mit "Groupon Goods" vertreibt man nun eigenständig – in Konkurrenz zu Amazon, eBay und anderen Online-Shops – preislich herabgesetzte Waren. Ein Geschäft, das offenbar erfolgreich angelaufen ist, aber noch nicht so erfolgversprechend wie das Core-Business Coupon-Verkauf ist.
Dunkle Wolken über der Zukunft von Groupon
Wie CEO Mason ausführt, hat man sich das Ziel gesteckt, der weltweit größte Vermittler von lokalen Geschäftsangeboten zu werden. Um das notwendige Know-how für Vertrieb, Marketing und vor allem Finanzbuchhaltung und Controlling aufzumöbeln, hat das Unternehmen inzwischen zahlreiche Fachleute von Amazon, Dell und Sprint angeworben. Von Seiten der beteiligten Venture Capitalists soll bereits Druck ausgeübt worden sein, den erst 31 Jahre alten, als unerfahren eingestuften CEO durch einen versierten Manager zu ersetzen.
Im November 2010 hatte übrigens Google ein Kaufangebot für Groupon von zunächst drei Milliarden Dollar gemacht, das in zähen Verhandlungen von Groupon auf fast sechs Milliarden hochgetrieben worden war. Doch dann entschloss sich das Start-up, den Deal auszuschlagen. Man war überzeugt, noch viel mehr wert zu sein.
Der aktuelle Marktwert liegt mittlerweile zwei Milliarden Dollar unter dem einstigen Google-Gebot. Und die Aktie wird neben anderen als hochspekulativ eingestuft. Einige Analysten sprechen bereits von dem Platzen einer neuen Blase.