Eine Menge Wirbel gab es im Juli 2008 unter den SAP-Bestandskunden, als der Gigant aus dem Badener Land seine Wartungsverträge für das Jahr 2009 kündigte und fürderhin nur noch seinen "Enterprise Support" anzubieten drohte. Der Unmut war groß und lautstark über angekündigte Preiserhöhungen bis 2012 um ein Fünftel, über einen für viele nicht ersichtlichen Mehrwert und darüber, dass das neue Modell ausschließlich in englischer Sprache gehalten ist.
Letztlich verständigte sich der Konzern mit seinen Anwendern, vertreten durch das SAP User Group Executive Network (SUGEN), doch noch. Für die Kostenanpassung gibt es drei Jahre mehr Zeit, und die Kunden in Deutschland und Österreich haben vorerst noch die Wahl zwischen dem neuen Angebot und dem für viele bewährten "Standard Support". In Bälde sollen die Ergebnisse einer exemplarischen Untersuchung bei 100 Kunden vorliegen, mit der SAP die bessere Qualität des Modells Enterprise Support gegenüber der alten Lösung beweisen will.
Genau an dieser Stelle haken schon jetzt die Marktforscher von RAAD Research ein. Sie haben in den vergangenen Monaten 300 SAP-Anwenderunternehmen in Deutschland befragt und herausgefunden, dass der Anbieter noch jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten hat. Kurz und gut: Die Unzufriedenheit der Kunden ist keineswegs verflogen.
Von den befragten Unternehmen setzt derzeit ein Viertel auf Enterprise Support, 58 Prozent vertrauen weiter dem Standard Support. Diese Gruppe, in der eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen vertreten ist, denkt überhaupt nicht ans Umsatteln. Lediglich sieben Prozent planen einen Umstieg, drei Prozent denken darüber ernsthaft nach. 58 Prozent verweigern sich dem Enterprise Support hingegen kategorisch.
Neben dieser Front der gänzlich Unüberzeugten äußern sich aber auch diejenigen Unternehmen nicht gerade begeistert, die das neue Modell bereits verwenden. 52 Prozent bescheinigen Enterprise Support einzelne Vorteile gegenüber dem bisherigen Standard. Viele Vorteile sehen indes nur elf Prozent.
Anwender sehen keinen hohen Mehrwert
Selbst in der Gruppe der Enterprise-Support-Nutzer halten sich also beharrlich die Zweifel. Symptomatisch erscheinen die Antworten auf die Frage, ob ein hoher Mehrwert gegenüber der Standard-Version festzustellen sei. 36 Prozent äußerten sich dazu unentschieden, weitere 39 Prozent stimmten nicht zu.
Zwar scheint die ausschließliche Englischsprachigkeit beim Enterprise Support ein nachrangiger Zankapfel zu sein. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Mehrwert hält aber nur ein knappes Fünftel der Enterprise-Support-Anwender für ausgewogen. Von den Standard Support-Nutzern denken das lediglich neun Prozent.
55 Prozent aller Befragten meinen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis beim SAP-Support insgesamt nicht stimmt und verbessert werden sollte. Dieser Befund hängt keineswegs alleine am neuen Angebot. Auch unter den Standard-Support-Anwendern sind 43 Prozent damit unzufrieden, in der Gruppe der Enterprise-Support-Nutzer sind es 56 Prozent.
An dieser Stelle wünschen sich die Anwender am deutlichsten Nachbesserungen. Aber auch in der Flexibilität der Support-Ausgestaltung könnte SAP seinen Kunden Gutes tun. Nur 18 Prozent der Enterprise-Support-Kunden finden, das Modell sei optimal auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
Aller offenbaren Unzufriedenheit zum Trotz, gibt es aber auch Positives zu berichten: Kritik an der Qualität des SAP-Support üben nur 22 Prozent der Befragten, an der Schnelligkeit 18 Prozent. Es müsste also nicht an allen Schrauben gleichzeitig gedreht werden, um die Kunden einen Tick zufriedener zu machen.
SAP hat noch eine Chance
Insgesamt sieht die Studie im gewählten Verfahren und im Dialog mit den Kunden für SAP durchaus eine Chance. Falls der Nachweis eines echten Mehrwerts zu akzeptablem Preis doch gelinge, könne sich das Unternehmen nicht nur bei seinen Bestandskunden profilien. "Untersuchungen bezüglich des Support-Nutzens existieren weder bei Oracle noch bei Microsoft oder Infor Global Solutions", so RAAD Research.