Der Software-Hersteller Microsoft hat angekündigt, sein neues Betriebssystem in zwei Haupt-Varianten auf den Markt zu bringen. Windows 7 Home Premium richtet sich an Privatnutzer, die Version Professional an Firmen. Das geht aus einem Interview mit dem für das Betriebssystem zuständigen General Manager Mike Ybarra hervor, das die Redmonder in ihrem Netzauftritt veröffentlicht haben. Wer die Äußerungen von Ybarra allerdings genau liest, merkt: Tatsächlich wird es Windows 7 in sechs Versionen geben.
Neben den Haupt-Versionen sind noch die Editionen Starter, Home Basic und Ultimate geplant. Schon in der Vergangenheit hatten Experten immer wieder die Versions-Vielfalt bei Microsofts Betriebssystemen kritisiert.
"Das wird jetzt mit Windows 7 nicht wirklich viel besser", urteilt Rüdiger Spies, Independent Vice President Enterprise Applications beim Beratungshaus IDC. Ybarras Ansage, es werde zwei Hauptvarianten geben, bezeichnet er zwar als positiv. "Wenn es dabei bliebe, wäre alles wunderbar", sagt Spies. Auch dass es zusätzlich eine Enterprise-Version geben wird, ist für ihn nachvollziehbar, weil die zusätzliche Sicherheits- und Administrationsfunktionen haben werde. Doch für die Vielfalt von sechs Varianten zeigt der Analyst wenig Verständnis.
Die Variante Starter soll speziell für den Einsatz auf Netbooks geeignet sein. Für IDC-Mann Spies ist das unverständlich: "Die Netbooks werden immer leistungsfähiger, außerdem soll Windows 7 weniger Ressourcen verbrauchen als Vista - auf einem Netbook sollte also auch Home Premium laufen."
Grundsätzlich plädiert Rüdiger Spies dafür, dass "Microsoft sein Versioning überdenkt". Der Hersteller solle lieber eine günstige Basis-Version seines Betriebssystems anbieten. Zusätzliche Produkte könnten die Nutzer nach Bedarf übers Netz dazu kaufen, zum Beispiel einen Media-Player oder Internet-Explorer für wenige Euro. "Damit würde sich Microsoft auch den Weg zu SaaS ebnen", meint Spies.
Windows-Vielfalt noch immer unübersichtlich
Panagiotis Kolokythas bezeichnet in einem Artikel für unsere Schwesterpublikation PC-Welt die Auswahl zwischen den verschiedenen Versionen weiterhin als unübersichtlich. Immerhin seien aber die Unterschiede zwischen den Programmvarianten deutlicher als noch bei Windows Vista.
Die Starter Edition soll demnach außer für Netbooks auch in Entwicklungs- und Schwellenländern erhältlich sein. Sie ist deutlich eingeschränkt. So können nur drei Anwendungen gleichzeitig ausgeführt werden. Neuerungen wie die Taskbar und die Jumplists sollen aber enthalten sein.
Home Premium mit Aero-Glass-Oberfläche
Nur in Entwicklungsländern angeboten werden soll die Ausgabe Home Basic. Damit können beliebig viele Anwendungen zeitgleich laufen. Außerdem umfasst sie erweiterte Netzwerk-Unterstützung und eine Energieverwaltung für tragbare Rechner. Home Premium umfasst alle Neuerungen des Windows-7-Desktops, somit die Aero-Glass-Oberfläche und die neuen Methoden zur Fenstersteuerung. Außerdem werden Multitouch-Bildschirme und Schrifterkennung unterstützt.
Windows 7 Professional umfasst neben weiteren Sicherheits- und Netzwerkfunktionen das verschlüsselte Dateisystem und bessere Netzwerk-Backup-Funktionen. Enterprise und Ultimate schließlich sind identisch, tragen aber der PC-Welt zufolge je nach Zielgruppe unterschiedliche Namen und werden zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Es gibt umfangreiche Funktionen für Administratoren. Ultimate soll auch im Handel zu haben sein, Enterprise nur für Volumenlizenz-Kunden.
Weniger kritisch als andere Beobachter sieht Michael Silver vom Marktforscher Gartner den Versionen-Reigen. Microsoft wolle verschiedene Preissegmente bedienen und müsse daher eben auch mehr als nur zwei Windows-Varianten anbieten, meint er auf Anfrage von CIO.de. Vor diesem Hintergrund hat für Silver auch die Starter Edition ihre Berechtigung.
Billiges Windows als Konkurrenz zu Linux
Dabei gehe es nicht um die Hardware-Voraussetzungen auf Netbooks sondern um den Preis: Nur mit einem günstigen Betriebssystem habe Windows auf billigen Netbooks eine Chance gegen Wettbewerber wie Linux. "Microsoft will die Starter Edition gar nicht verkaufen, sie wollen sich damit schlicht gegen Linux positioinieren", so Silver.
Was die Professional-Variante angeht, hofft Silver darauf, dass Microsoft kostenlos Downgrad-Optionen von Windows 7 sowohl auf Vista als auch XP anbieten wird. Dazu habe sich der Software-Hersteller aber noch nicht geäußert.
Gerüchte über Preisstaffelung
Unterdessen kursieren erste Angaben darüber, wie teuer Windows 7 sein soll. Laut dem Magazin Windows Secrets soll die kleinste Version, Windows Starter, 200 US-Dollar kosten. Die Variante Home Premium soll demnach für 260 Dollar zu haben sein. Professional wird mit 300 Dollar angesetzt, Windows Ultimate mit 320 Dollar. Woher die Zahlen stammen, gibt das Magazin nicht bekannt.
Kritiker monieren mittlerweile erste angebliche Sicherheitslücken. So schreib der Windows-Blogger Long Zheng, Microsoft habe die Sicherheit bei der Benutzerkontensteuerung zugunsten des Bedienkomforts eingeschränkt. Schädlinge könnten die Steuerung in der Standard-Voreinstellung unbemerkt ausschalten. Weil der Nutzer davon nichts merke, wiege er sich unberechtigterweise in Sicherheit.