Seit 2015 befasst sich das Digital Banking Expert Survey der GFT Technologies mit den Auswirkungen der digitalen Transformation im Bankwesen. Auch in diesem Jahr befragte der IT-Dienstleister 285 Retail-Banking-Experten aus acht Ländern. Laut Karl-Heinz Kern, General Manager der GFT Deutschland, gewann die Umfrage im Vergleich zu den Vorjahren weiter an Qualität, da sie erstmals via Telefon durchgeführt wurde.
Die Finanzbranche wird in den nächsten Jahrzehnten durch künstliche Intelligenz "kräftig auf den Kopf gestellt", berichten die Studienautoren. Rund 94 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass KI-Lösungen einen direkten Mehrwert liefern, wobei die Studienteilnehmer aus Deutschland und der Schweiz dem noch kritisch gegenüberstehen. Demnach stuften nur sieben Prozent der befragten deutschen Experten die KI als relevant ein. In Großbritannien und Mexiko sind es dagegen 23 Prozent, in Brasilien sogar 30 Prozent.
Deutliche Unterschiede sind zudem in den Hauptmotiven für die Etablierung digitaler Geschäftsmodelle zu finden. Rund ein Drittel der Befragten gaben diesbezüglich Kundenzufriedenheit an, in Deutschland sei dies nur für ein Viertel ausschlaggebend. Deutlich mehr Zuspruch fand in Deutschland mit 22 Prozent das Argument, operative Kosten zu reduzieren. Außerdem erhoffen sich deutsche Umfrageteilnehmer, den Wettbewerbsdruck reduzieren zu können (13 Prozent). Global gesehen ist dieses Motiv nur für sechs Prozent entscheidend.
"Alle Banken sind derzeit mit herausfordernden Zeiten konfrontiert", so Kern. "Die Digitalisierung sowie die veränderten Kundenbedürfnisse setzen die Ertragsmodelle im Privatkundengeschäft unter Druck." Daher gehe es in erster Linie darum, Geschäftsprozesse zu verschlanken und dennoch konsequent die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt der Aktivitäten zu stellen.
Uneinigkeit beim "Bank-as-a-Plattform"-Ansatz
In diesem Kontext gewinnt der Bank-as-a-Plattform-Ansatz an Bedeutung. Dessen Ziel ist es, Informationen zwischen Banken und allen Geschäftspartnern sowie Firmenkunden einfach und komfortabel auszutauschen. Obwohl sich bereits viele Banken mit BaaP auseinandergesetzt haben, gehen die meisten nur von einem moderaten Einfluss solcher Plattformen aus. 69 Prozent der Befragten haben BaaP bereits in Betracht gezogen. Die Experten erhoffen sich davon vor allem ein verstärktes Kundeninteresse, die Entwicklung neuer Anwendungen und niedrigere Betriebskosten.
Bezüglich der strategischen Ausarbeitung und Implementierung sind Großbritannien und Spanien führend, deutsche Umfrageteilnehmer zweifeln jedoch an dem BaaP-Ansatz. Elf Prozent haben diesen gleich wieder verworfen, vier Prozent interessierten sich dafür bislang überhaupt nicht. 41 Prozent haben gerade erst damit begonnen, eine Strategie auszuarbeiten. Für die Skepsis der Deutschen hat Kern jedoch eine Erklärung: "Deutsche Banken sprechen sich aus unserer Erfahrung heraus zwar klar für das Modularisieren von Anwendungen aus, schrecken aber vor eigenbetriebenen Plattformlösungen eher zurück. Banken sehen sich hierzulande nicht als Plattform für Dritte - Open APIs dagegen werden als notwendige Öffnung forciert."
Der Großteil der Banken ist laut der Studie mit seinen digitalen Transformationsstrategien auf einem guten Weg: 34 Prozent der Befragten haben bereits eine Strategie definiert, 53 Prozent seien noch im Entwicklungsprozess - und dies nicht nur global, sondern auch in Deutschland. "Zwei Drittel der befragten deutschen Banken entwickeln derzeit ihre Strategie für die digitale Transformation", fasst Kern zusammen. "Weitere 27 Prozent haben sie bereits vollständig definiert und 7 Prozent besitzen im Gegenzug gar keine. Damit befinden sich insgesamt 93 Prozent auf dem Weg zur digitalen Bank der Zukunft."