Blackberry Z10 und Q10

Kurzcheck der beiden neuen Blackberrys

31.01.2013 von Moritz Jäger
Das Blackberry Z10 setzt auf einen Touchscreen samt cleverer virtueller Tastatur, das Q10 hat eine echte Tastatur. Ein erster Test und Expertenmeinungen.
Thorsten Heinz, CEO von Blackberry stellt Musikerin Alicia Keys als Creative Director vor
Foto: Moritz Jaeger

"Wir sind nicht an der Ziellinie, wir sind gerade an der Startlinie", das ist wahrscheinlich der wichtigste Satz aus der Vorstellung der neuen Blackberry-Smartphones. Nachdem bereits vergangene Woche die neue Server-Software BES10 verfügbar war (CIO.de berichtete) geht es nun ans Eingemachte: Blackberry-CEO Thorsten Heinz zeigt die zwei neuen Smartphones. Moment, Blackberry-CEO? Richtig, denn zusammen mit dem Neustart der Produktpalette gibt es auch eine Namensänderung: Research in Motion heißt von nun an Blackberry, was einige Verwirrungen bei potenziellen Kunden verhindern sollte.

Das Highlight der Veranstaltung war aber die Präsentation zweier neuer Blackberry Smartphones. Künftig wird die komplette Produktpalette durch das Z10 und das Q10 ersetzt. Beide setzen auf die neue Plattform Blackberry 10, eine Plattform, die nicht nur Blackberry, sondern "die gesamte Industrie weiterbringen wird", so Heinz.

Blackberry Z10 mit Touchscreen

Konkret vorgestellt wurde das Blackberry Z10. Dabei handelt es sich um ein Touchscreen-Gerät, bei dem das iPhone 5 Pate gestanden haben könnte: Nicht nur die Abmessungen sind ähnlich, das Z10 wiegt auch ähnlich wenig. Das Smartphone dominiert ein kapazitiver Touchscreen mit einer Diagonale von 4,2 Zoll. Im Inneren lässt sich Blackberry nicht lumpen: Angetrieben von einem 1,5 GHz Dual Core Chipsatz und mit bis zu 2 GByte Arbeitsspeicher stehen der Nahfunk NFC, WLAN, 3G und LTE sowie eine gute Kamera, ein wechselbarer Akku und 16 GByte interner Speicher (erweiterbar durch Micro-SD-Speicherkarten) zur Verfügung.

Das wahre Highlight: das neue Betriebssystem

Das wahre Highlight ist aber das neue Betriebssystem. Blackberry verabschiedet sich hier von den bisherigen Produkten und hat Blackberry 10 komplett neu programmiert. Herzstück ist der Blackberry Hub. Dieser kann Informationen aus verschiedenen Quellen, etwa E-Mail-Konten, Kalendern oder sozialen Netzwerken zusammenfassen und zentral an einer Stelle präsentieren. In der Praxis bedeutet das, dass der Nutzer stets über alle Neuerungen Bescheid weiß, ohne dass er dazu in die einzelnen App wechseln muss.

Die Peek-Funktion

Dank der sogenannten Peek-Funktion kann man sogar in der aktiven Applikation bleiben und diese nur kurz zur Seite schieben, um sich über neu eingegangene Nachrichten zu informieren. Ähnlich wie Microsoft bei Windows Phone will Blackberry künftig die Informationen liefern, ohne sich dazu zu sehr an Apps selbst zu koppeln.

Im ersten Versuch klappt das sehr gut, dank der neuen Unterstützung für Exchange ActiveSync kann das Z10 sich sofort direkt mit E-Mail-Konten bei Google und Office 365 verbinden, dazu zieht sich das System auf Wunsch Kontaktdaten aus LinkedIn, Facebook oder Twitter.

Blackberry Z10
Blackberry Z10
Der neue Blackberry Z10.
Blackberry Z10
Die Rückansicht.
Blackberry Z10
Die Tastatur ist zwar virtuell, aber sehr gut.
Blackberry Z10
Die Seitenansicht.
Blackberry Z10
Der neue Blackberry ist angenehm schmal.
Blackberry Z10 Akku
Der Akku lässt sich tauschen - hier das 1800 mAh-Modell.
Blackberry Z10
Die Setup-Routine auf dem Blackberry Z10.
Blackberry Z10
Das Blackberry Z10 lässt sich - anders als die Konkurrenz von Apple oder Samsung - noch immer mehr oder weniger zerlegen.
Blackberry Z10
Das Z10 im Größenvergleich zum Motorola Razr.
Blackberry Z10
Das Blackberry Z10 ist ungefähr so dick wie das Motorola Razr oder das iPhone 5.

Virtuelles Keyboard mit intelligentem Innenleben

Knackpunkt des Z10 ist seine virtuelle Tastatur. Frühere Modelle, etwa der Storm, haben sich hier versucht und sind mehr oder weniger gescheitert. Tatsächlich sind Bedenken aber schnell ausgeräumt: Die virtuelle Tastatur nimmt etwas mehr Bildschirmplatz ein, als das etwa bei iOS oder Android der Fall ist. Zudem liegt eine zweite Tastatur unsichtbar darunter. Blackberry 10 nutzt diese, um sich an die Tippgewohnheiten des Nutzers anzupassen. Tippt man etwa öfter beim A daneben, das S trifft man aber zuverlässig, vergrößert die Tastatur die Tippfläche des "A"s unsichtbar, so dass es hier künftig weniger Fehler gibt.

Alternative: Der Blackberry Q10 kommt mit echter Tastatur (Vordergrund)
Foto: Moritz Jaeger

In der Demo und dem anschließenden Test gefällt aber vor allem die Vorhersagefunktion sehr gut. Dabei erkennt das Blackberry Z10, welches Wort der Nutzer wahrscheinlich als nächstes tippen möchte und zeigt es auf der Tastatur direkt an - ein Wisch nach oben und das Wort erscheint im Text. Diese Funktion arbeitet sogar, wenn man innerhalb eines Textes zwischen verschiedenen Sprachen wechselt. Dadurch tippt man selbst mit der virtuellen Tastatur enorm schnell, sie ist ein absolutes Vorbild für Apple und Co.

Blackberry Q10 mit echter Tastatur

Das zweite Blackberry-Modell, das Q10, hatte auf dieser Veranstaltung nur einen kurzen Auftritt: Anders als das Z10 wird es eine echte, physikalische Tastatur mitbringen. Allerdings heißt es aus Blackberry-nahen Kreisen, dass das Gerät noch angepasst werden muss. Fans echter Tasten sollten dennoch abwarten, aus internen Kreisen war zu hören, dass das Q10 im April oder Mai in den Handel kommen wird.

Verfügbarkeit und Preise

Zunächst wird das Z10 in den Handel gelangen. Hier hat Großbritannien die Nase vorn, einzelne Provider verkaufen es ab dem 31. Januar. In Deutschland wird das Gerät bei O2, Vodafone und T-Mobile aktuell getestet. Vodafone plant nach eigenen Aussagen, das Gerät Mitte Februar zu verkaufen, die andern Provider werden wohl bis spätestens Anfang April nachziehen.

Leider bleibt der neue Blackberry-Konzern einer RIM-Tradition treu: Konkrete Preisangaben waren den Vertretern nicht zu entlocken. Unter der Hand hieß es zwar, dass sich der Kaufpreis um die 500 Euro bewegen wird, für eine konkrete Preisgestaltung in Deutschland muss man aber die Ansagen der Mobilfunkprovider abwarten.

Das sagen Analysten und Experten

Das Analystenhaus Ovum hat bereits eine erste Einschätzung der neuen Blackberry 10 Smartphones geliefert: "Die Blackberry 10 Plattform liefert dem Nutzer einen neuen Ansatz in der aktuellen homogenen Martklage", so die Analysten. "Die Geräte stechen aus der Masse hervor und unterscheiden sich von Android-Smartphones oder dem iPhone. Das neue Interface bringt neue Funktionen und setzt dabei gleichzeitig auf die Stärken von Blackberry. Allerdings wird es der Hersteller schwer haben, Nutzer zurückzugewinnen, die bereits zu einem anderen System abgewandert sind."

Der Smartphone-Experte Volker Weber, der das Z10 bereits vorab zum Testen erhielt, ist dagegen optimistischer. Erstmals müsse sich Blackberry nicht mehr vor der Konkurrenz verstecken, schreibt Weber in seinem Test. "Das Display zum Beispiel ist sogar noch schärfer als das des iPhone 5. BlackBerry OS 10 wirkt flott und modern. Und es bietet ein Alleinstellungsmerkmal: private und geschäftliche Daten lassen sich perfekt trennen - vorausgesetzt, die Infrastruktur stimmt."

Kommentar: Neustart kann glücken

Man kann nicht sagen, dass Blackberry mit seinen neuen Produkten die Smartphone-Welt komplett umgekrempelt hat. Aber der Hersteller aus Kanada meldet sich nach langer Durststrecke imposant zurück. Tatsächlich kann das Z10 selbst abgebrühten iPhone-Fans ein anerkennendes Nicken abringen. Dazu kommt, dass es vom BES-Server unabhängiger geworden ist, während Blackberrys Verwaltungssoftware zeitgleich auch Android und iOS verwalten kann.

Tatsächlich hängt viel daran, ob Blackberry das angekratzte Image von RIM mit dem Z10 und dem Q10 auswetzen kann. Der Konzern ist auf einem guten Weg, auch App-technisch. Laut Thorsten Heinz gibt es zum Start mehr als 70 000 Apps im Marktplatz Blackberry World, darunter sind auch Schwergewichte wie Cisco WebEx, Skype oder das offensichtlich unverzichtbare Spiel Angry Birds.

Es bleibt zu hoffen, dass Blackberry die Welle weiter aufbauen kann. Denn nachdem wir das Z10 für ein paar Stunden im Test hatten, hätte es der kanadische Konzern verdient. Und Google, Apple und Microsoft hätten einen Konkurrenten auf Augenhöhe, der die Entwicklung neuer Funktionen vorantreibt - von beidem profitieren Kunden und Unternehmen.