Als sich Alexander Waldmann und seine Mitstreiter vor eineinhalb Jahren das Ranking AI 100 anschauten, fanden sie nur ein einziges deutsches Startup unter den 100 wichtigsten Firmen aufgelistet, die sich mitkünstlicher Intelligenz beschäftigen. Für Waldmann, der im Gründerzentrum UnternehmerTUM technologieorientierte Startups berät, war klar: "In der internationalen Wahrnehmung entwickelt sich der deutsche Standort für KI nicht so stark, wie er könnte."
Berlin und München sind KI-Hochburgen
Das will die Initiative appliedAI ändern, die das auf dem Campus der TU München angesiedelte Gründerzentrum kürzlich ins Leben rief. Bereits 27 Partner unterstützen das gemeinnützige Projekt, darunter auch Konzerne wie Cisco, Google, SAP und Siemens. "Mit unserer Initiative wollen wir den Austausch zwischen den Unternehmen und Startups fördern sowie unser Erfahrungswissen öffentlich teilen, um den amerikanischen Know-how-Vorsprung aufzuholen", sagt Waldmann.
Momentan listet die Landkarte 132 Startups auf, die sich mit KI beschäftigen. Die meisten der jungen Unternehmen sitzen in Berlin (51), gefolgt von München (30) und Hamburg (9). Sie bieten KI-Lösungen für die Branchen Pharma, Transport und Handel an, während kaum Lösungen für den Bausektor oder die Prozessindustrie zu finden sind.
Vorausgegangen war eine umfangreiche Suche nach Startups in öffentlichen Datenbanken, Techblogs oder bei Investoren, an deren Ende 500 potenzielle Kandidaten für die KI-Landkarte standen. Es galt, herauszufinden, wer nur über KI spricht und wer tatsächlich schon mit der Technologie arbeitet. Dazu Immanuel Schwall, AI Engineer bei der Initiative appliedAI: "Ein Kriterium für die Aufnahme in die Landkarte war die Frage, ob wir mit dem Startup zusammenarbeiten würden."
Datenbank mit 77 Uses Cases in Unternehmen
Über die Landkarte können Unternehmen nicht nur Startups finden, die sich mit KI beschäftigen, sondern auch gezielt nach KI-Lösungen für sich suchen. Die Landkarte ist verknüpft mit einer Datenbank, in der 77 Anwendungsfälle in Unternehmen aufgelistet sind. Die aufgenommenen Startups werden dadurch sichtbarer.
"Wir spüren, dass sich die Zahl der Kontaktanfragen durch Unternehmen in der letzten Zeit erhöht hat", sagt Xaver Lehmann, Managing Director und Co-Founder von E-bot7, der für seine Kundensupport-Lösung jüngst Investorengelder von zwei Millionen Euro eingesammelt hat. Zudem lädt die Initiative regelmäßig zu Meetups ein, für Waldmann eine gute Gelegenheit, "über potenzielle Use Cases direkt mit Entscheidern zu sprechen und sich mit anderen Startups auszutauschen".
Man braucht Daten, Talente und Hardware
Die appliedAI-Initiative will auch bei der Einführung der Systeme und Schulung der Mitarbeiter helfen. "Wir haben hier die Rechnerkapazität und auch die AI-Ingenieure, um schnell Prototypen bauen und implementieren zu können", sagt AI Engineer Schwall. "Um KI-Systeme erfolgreich einzuführen, braucht man Daten, Talente und die nötige Hardware."
Da sich bei dem Thema viel bewegt, wird die Landkarte regelmäßig aktualisiert. Zudem sind weitere Partnerunternehmen, die sich mit KI auseinandersetzen, gesucht - am besten aus unterschiedlichen Branchen, so Waldmann.