2013 könnte das Jahr werden, in dem Google wieder richtig durchstartet. Die Computer-Brille des Unternehmens kommt heraus, die Forschung an selbstfahrenden Autos geht voran, das soziale Netzwerk Google Plus wird immer besser angenommen und die Datenmassen des Konzerns wachsen unaufhaltsam weiter.
Verantwortlich für den Fortschritt bei Google ist Larry Page, einer der besonders zurückhaltenden Chefs der IT-Welt. In einem Interview mit dem Magazin "Fortune" im Dezember verriet er, wie er sich die Zukunft des Unternehmens vorstellt.
Er ist noch keine vierzig Jahre alt und der Chef eines der größten IT-Unternehmen der Welt. Seit April 2011 führt Larry Page Google. Dabei ist er leise, stellt sich kaum zur Schau, und Kritik scheint an ihm abzuprallen. Trotzdem steht er hin und wieder im Rampenlicht. Unfreiwillig im Oktober 2012 zum Beispiel: Da ehrte ihn die Datenschutz-Organisation Privacy International mit dem "Big-Brother-Award". Die Begründung: Mit der Zusammenlegung der Richtlinien für Google-Dienste ist es möglich geworden, Nutzerprofile über die verschiedenen Dienste hinweg anzulegen. So tauchen bei Google-Suchen auf einmal auch kaum benutzte Google-Plus-Profile weit oben im Ranking auf. Auch die Suchen im Google-Browser Chrome werden gespeichert und fließen unter anderem in den Suchalgorithmus mit hinein. Natürlich bringt das dem Unternehmen Google Vorteile.
Page gibt sich jedoch als Kunden-Versteher, der nahe an den Wünschen seiner User Innovationen vorantreibt. Und das will er auch 2013 tun.
Der Organisator Larry Page
"Sie sollten von uns erwarten, dass wir richtige umwerfende Produkte machen - und das auf lange Sicht", sagt Page im Interview. Das gebe Planungssicherheit, sowohl für die Kunden und Google. "Ich beschäftige mich im Moment vor allem mit der strategischen und strukturellen Ausrichtung des Unternehmens", sagt der Google-Mitbegründer. Das ist nicht neu. Folgende Fragen haben Page schon immer umgetrieben: Was machen wir? Wer macht was? Wie wird die Arbeit organisiert? Als er vor knapp zwei Jahren den Posten als Geschäftsführer in Mountain View, Kalifornien antrat, strukturierte er das Unternehmen erst einmal kräftig um. Er schuf Arbeitsgruppen, die sich um die konkreten Produkte herum organisierten.
"Ich bin sehr zufrieden mit den Veränderungen, die wir gemacht haben. Wir haben dem Unternehmen so einen neuen Fokus gegeben. Das war sehr hilfreich", resümiert er zwei Jahre später. In konkreten Zahlen ließe sich der Erfolg allerdings bisher kaum ausdrücken. Page höre mehr auf sein Bauchgefühl. Und ist gut, so Page. "Ich sehe keinen Grund dafür, warum wir künftig nicht noch größer und einflussreicher sein sollten", sagte er.
Kaum zu glauben, dass das noch möglich ist. Die Datensammlung des Unternehmens ist beeindruckend. Weltweit stehen gigantische Server des Unternehmens, die Unmengen an Nutzer-Daten speichern: IP-Adressen, Suchbegriffe, Namen, Kontakte, Verbindungen und so weiter.
Die Suche bleibt das Kerngeschäft
"Wir wollen unseren End-Usern bei der Suche das ideale Ergebnis liefern. Und das geht nur, wenn wir möglichst detaillierte Informationen bekommen und auswerten", so Page. Eben dieser Datenhunger brachte Page den "Big-Brother-Award" ein. Die Google-Suche bleibt auch 2013 das Kerngeschäft von Google. An dem berühmten 70-20-10-Model will Page festhalten. 70 Prozent der Arbeit fließen in die Google-Suche und die damit verbundene Werbung, 20 Prozent in Apps und 10 Prozent in neue Innovationen.
Eine Herzensangelegenheit von Larry Page sind die selbstfahrenden Autos, die eindeutig in den Bereich der 10 Prozent gehören. "Es wäre doch toll ein Auto zu haben, das einen am Arbeitsplatz abliefert und sich selbst einen Parkplatz sucht", schwärmt Page, "und wenn man das Gebäude wieder verlässt, weiß das Auto über das GPS des Handys, dass man wieder auf dem Heimweg ist und holt einen ab." So verrückt die Zukunftsversionen des schüchternen Amerikaners auch klingen, allzu weit sind die von der Realität nicht entfernt. 2012 hat Google bereits erstmalig selbstfahrende Autos getestet.
Page schaut gerne nach vorne, ist innovativ und probiert Dinge aus, die die Welt nachhaltig verändern könnten. Entsprechend ungern wird er auf die Konkurrenten Apple, Amazon und Co. angesprochen. Mit der Konkurrenz hält er sich trotz etlicher Patentstreitigkeiten nach eigenen Aussagen ungern auf. "Meine Aufgabe ist es, die Mitarbeiter dazu zu bringen, nicht über unsere Marktgegner nachzudenken", sagt Page. Seine Argumentation: Die Menschen denken vor allem an Dinge, die bereits existieren. Doch der Job von Google sei es, an Dinge zu denken, an die bisher kein anderer gedacht hat, obwohl sie sie dringend brauchen. Dafür Mitarbeiter zu motivieren sei sehr viel schwieriger, als sie in den gewohnten Fahrwassern agieren zu lassen.
Doch neben der Kür der Innovationen, wartet 2013 auch die Pflicht. Wie so viele treibt auch Google die Frage um, wie auf mobilen Endgeräten mit Werbung Geld verdient werden kann. Was sich am PC längst durchgesetzt und langsam monetisiert hatte, wurde auf den deutlich kleineren Bildschirmen im Mobilbereich zum Kampf. Visionär Page setzt nun bewusst auf die Technologie der Smartphones.
"Die Monetisierung der Geschäfte im Mobilbereich steht erst am Anfang", sagt Page. Er will vor allem auf die GPS-Technik und damit verbundene Möglichkeiten im Werbesegment setzen. "Für die Monetisierung ist es sehr hilfreich, dass das Telefon den Standort seines Besitzers kennt.", sagt er. Hier gebe es Potential.
Am Ende der Vision des Google-Chefs steht der Kunde als Suchobjekt: "Wir müssen begreifen, was unsere Kunden suchen wollen. Wir werden dazu Personen als Suchobjekte erster Klasse einführen." Konkret wünscht sich Page ein System, dass zum Beispiel die komplette Urlaubsplanung übernimmt. Dazu müsste die Technik die Vorlieben des Users kennen, über das Wetter, die Kosten des Flugtickets und des Hotel und so weiter Bescheid wissen. "Die Kombination all dessen, in einem einzigem Plan aufgelistet - das ist eine Suche, wie wir sie uns vorstellen", sagt Larry Page, der ganz offensichtlich nach zwei Jahren an der Konzernspitze erst am Anfang steht.
(Quelle: Wirtschaftswoche)