Internet-Konzern

Larry Pages Visionen mit Google

29.01.2013 von Miguel Zamorano und Meike Lorenzen
Computer-Brille, selbstfahrende Autos, mehr Nutzer beim Netzwerk Google Plus - die kommenden zwölf Monate werden für den Erfolg des Internet-Giganten Google entscheidend. Verantwortlich dafür: Chef Larry Page.

2013 könnte das Jahr werden, in dem Google wieder richtig durchstartet. Die Computer-Brille des Unternehmens kommt heraus, die Forschung an selbstfahrenden Autos geht voran, das soziale Netzwerk Google Plus wird immer besser angenommen und die Datenmassen des Konzerns wachsen unaufhaltsam weiter.

Google CEO Larry Page
Foto: Google

Verantwortlich für den Fortschritt bei Google ist Larry Page, einer der besonders zurückhaltenden Chefs der IT-Welt. In einem Interview mit dem Magazin "Fortune" im Dezember verriet er, wie er sich die Zukunft des Unternehmens vorstellt.

Er ist noch keine vierzig Jahre alt und der Chef eines der größten IT-Unternehmen der Welt. Seit April 2011 führt Larry Page Google. Dabei ist er leise, stellt sich kaum zur Schau, und Kritik scheint an ihm abzuprallen. Trotzdem steht er hin und wieder im Rampenlicht. Unfreiwillig im Oktober 2012 zum Beispiel: Da ehrte ihn die Datenschutz-Organisation Privacy International mit dem "Big-Brother-Award". Die Begründung: Mit der Zusammenlegung der Richtlinien für Google-Dienste ist es möglich geworden, Nutzerprofile über die verschiedenen Dienste hinweg anzulegen. So tauchen bei Google-Suchen auf einmal auch kaum benutzte Google-Plus-Profile weit oben im Ranking auf. Auch die Suchen im Google-Browser Chrome werden gespeichert und fließen unter anderem in den Suchalgorithmus mit hinein. Natürlich bringt das dem Unternehmen Google Vorteile.

Page gibt sich jedoch als Kunden-Versteher, der nahe an den Wünschen seiner User Innovationen vorantreibt. Und das will er auch 2013 tun.

Arbeiten bei Google
Arbeiten bei Google
Eines der vielen Google Logos im Google Office in Zürich. In diesem Fall im dezenten Neon Style.
Arbeiten bei Google
Die Außenansicht eines der beliebtesten Arbeitsplätze. Weltweit kann sich Google jedes Jahr über mehr als zwei Millionen Bewerbungen freuen ...
Arbeiten bei Google
... und das nicht ohne Grund. So ist schon für die Kleinsten gesorgt, wenn Mamma arbeiten muss.
Arbeiten bei Google
Egal, ob es ein kleiner Snack für zwischendurch sein soll, oder ...
Arbeiten bei Google
... ein vollwertiges Mittagessen. Bei Google muss die Kreativität der Mitarbeiter nicht unter mangelnder Ernährung leiden.
Arbeiten bei Google
Steht dann mal eine Besprechung im kleinen Kreis an, stehen Räumlichkeiten der etwas anderen Art zur Verfügung, wie das Meeting-Iglu oder ...
Arbeiten bei Google
... eine Meeting-Gondel im Taxi-Style.
Arbeiten bei Google
Falls es eher etwas rustikaleres sein soll, kann man die Meeting-Gondel im Alpen-Style wärmstens empfehlen.
Arbeiten bei Google
Freunde des Union Jack greifen lieber auf diese Gondel als Besprechungsraum zurück.
Arbeiten bei Google
Wer genug von Gondeln hat, kann es sich in einem der Meeting-Eggs gemütlich machen oder ...
Arbeiten bei Google
... seinen kreativen Gedanken in der Waterlounge freien Lauf lassen. Schließlich gibt Google seinen Mitarbeitern die Möglichkeit, 20 Prozent der Arbeitszeit zu nutzen, um eigene Ideen zu verwirklichen.
Arbeiten bei Google
Die restliche Zeit muss aber doch gearbeitet werden, wie zum Beispiel hier in einem der Büros.
Arbeiten bei Google
Wenn die Kreativität nachlässt oder der Feierabend ruft, ist das Leben außerhalb der Google-Welt nur einen kurzen Rutsch entfernt.

Der Organisator Larry Page

"Sie sollten von uns erwarten, dass wir richtige umwerfende Produkte machen - und das auf lange Sicht", sagt Page im Interview. Das gebe Planungssicherheit, sowohl für die Kunden und Google. "Ich beschäftige mich im Moment vor allem mit der strategischen und strukturellen Ausrichtung des Unternehmens", sagt der Google-Mitbegründer. Das ist nicht neu. Folgende Fragen haben Page schon immer umgetrieben: Was machen wir? Wer macht was? Wie wird die Arbeit organisiert? Als er vor knapp zwei Jahren den Posten als Geschäftsführer in Mountain View, Kalifornien antrat, strukturierte er das Unternehmen erst einmal kräftig um. Er schuf Arbeitsgruppen, die sich um die konkreten Produkte herum organisierten.

"Ich bin sehr zufrieden mit den Veränderungen, die wir gemacht haben. Wir haben dem Unternehmen so einen neuen Fokus gegeben. Das war sehr hilfreich", resümiert er zwei Jahre später. In konkreten Zahlen ließe sich der Erfolg allerdings bisher kaum ausdrücken. Page höre mehr auf sein Bauchgefühl. Und ist gut, so Page. "Ich sehe keinen Grund dafür, warum wir künftig nicht noch größer und einflussreicher sein sollten", sagte er.

Kaum zu glauben, dass das noch möglich ist. Die Datensammlung des Unternehmens ist beeindruckend. Weltweit stehen gigantische Server des Unternehmens, die Unmengen an Nutzer-Daten speichern: IP-Adressen, Suchbegriffe, Namen, Kontakte, Verbindungen und so weiter.

Die Suche bleibt das Kerngeschäft

"Wir wollen unseren End-Usern bei der Suche das ideale Ergebnis liefern. Und das geht nur, wenn wir möglichst detaillierte Informationen bekommen und auswerten", so Page. Eben dieser Datenhunger brachte Page den "Big-Brother-Award" ein. Die Google-Suche bleibt auch 2013 das Kerngeschäft von Google. An dem berühmten 70-20-10-Model will Page festhalten. 70 Prozent der Arbeit fließen in die Google-Suche und die damit verbundene Werbung, 20 Prozent in Apps und 10 Prozent in neue Innovationen.

Eine Herzensangelegenheit von Larry Page sind die selbstfahrenden Autos, die eindeutig in den Bereich der 10 Prozent gehören. "Es wäre doch toll ein Auto zu haben, das einen am Arbeitsplatz abliefert und sich selbst einen Parkplatz sucht", schwärmt Page, "und wenn man das Gebäude wieder verlässt, weiß das Auto über das GPS des Handys, dass man wieder auf dem Heimweg ist und holt einen ab." So verrückt die Zukunftsversionen des schüchternen Amerikaners auch klingen, allzu weit sind die von der Realität nicht entfernt. 2012 hat Google bereits erstmalig selbstfahrende Autos getestet.

Page schaut gerne nach vorne, ist innovativ und probiert Dinge aus, die die Welt nachhaltig verändern könnten. Entsprechend ungern wird er auf die Konkurrenten Apple, Amazon und Co. angesprochen. Mit der Konkurrenz hält er sich trotz etlicher Patentstreitigkeiten nach eigenen Aussagen ungern auf. "Meine Aufgabe ist es, die Mitarbeiter dazu zu bringen, nicht über unsere Marktgegner nachzudenken", sagt Page. Seine Argumentation: Die Menschen denken vor allem an Dinge, die bereits existieren. Doch der Job von Google sei es, an Dinge zu denken, an die bisher kein anderer gedacht hat, obwohl sie sie dringend brauchen. Dafür Mitarbeiter zu motivieren sei sehr viel schwieriger, als sie in den gewohnten Fahrwassern agieren zu lassen.

Womit Google floppte
Google X
Dabei handelte es sich um eine neu gestaltete Google Websuche, die sich am Design von MacOS X anlehnte. Google startete Google X Site im Jahr 2005. Bereits nach einem Tag wurde die Seite ohne Angabe von Gründen wieder offline genommen.
Google Answers
Die Anwender durften Google Answers Fragen stellen. Für die Antwort sollten die Fragesteller aber bezahlen. Das zog nicht, Google beerdigte 2006 das Frage-Antwort-Spiel.
Google Catalogue
Google Catalogue war/ist ein Preiskatalog für Waren, eine Art Online-Warenhaus.
Google Checkout
Dabei handelte es sich um ein Bezahlsystem von Google, das mit Ebay Paypal konkurrieren sollte.
Google Coupons
Das waren eine Art webbasierter Einkaufsgutscheine, die in Google Maps angezeigt werden sollten. Einen solchen Gutschein tatsächlich einmal zu finden, gleicht der Suche nach dem Monster von Loch Ness.
Google Labs
Hier brüten die Google-Entwickler ihre neuesten Ideen aus. Einige schlagen ein, andere gehen unter.
Google Video Player
Google wollte mit seinem eigenen Video Player am Video-Rausch im Internet partizipieren. Doch die Akzeptanz blieb gering, im August 2007 beerdigte Google seinen eigenen Player.
Google Viewer
Eine Art von Websuche, die die Ergebnisse in einer Art Diashow präsentierte.
Google Voice Search
Die Seite von Google Voice Search ansurfen, die dort angegebene Telefonnummer anrufen und den Suchbegriff in den Telefonhörer sprechen. Dann zurück zum Browser und den Link auf der Google Voice Search-Seite anklicken. Danach sollte ein Fenster mit dem Suchergebnis erscheinen. So war der theoretische Ablauf. Viel zu umständlich, deshalb gefloppt.
Google Web Accelerator
Der Web-Beschleuniger sollte dem Surfen Beine machen. Und dabei kräftig Daten sammeln. Doch die Mehrheit der Nutzer surft auch ohne dieses Tool flott genug und vermeidet damit, dass Google noch mehr Daten sammelt.
Orkut
Mit Orkut startete Google seine eigene Social Community. In Brasilien wurde es zum Erfolg, doch hierzulande dominieren MySpace und Konsorten.

Doch neben der Kür der Innovationen, wartet 2013 auch die Pflicht. Wie so viele treibt auch Google die Frage um, wie auf mobilen Endgeräten mit Werbung Geld verdient werden kann. Was sich am PC längst durchgesetzt und langsam monetisiert hatte, wurde auf den deutlich kleineren Bildschirmen im Mobilbereich zum Kampf. Visionär Page setzt nun bewusst auf die Technologie der Smartphones.

"Die Monetisierung der Geschäfte im Mobilbereich steht erst am Anfang", sagt Page. Er will vor allem auf die GPS-Technik und damit verbundene Möglichkeiten im Werbesegment setzen. "Für die Monetisierung ist es sehr hilfreich, dass das Telefon den Standort seines Besitzers kennt.", sagt er. Hier gebe es Potential.

Am Ende der Vision des Google-Chefs steht der Kunde als Suchobjekt: "Wir müssen begreifen, was unsere Kunden suchen wollen. Wir werden dazu Personen als Suchobjekte erster Klasse einführen." Konkret wünscht sich Page ein System, dass zum Beispiel die komplette Urlaubsplanung übernimmt. Dazu müsste die Technik die Vorlieben des Users kennen, über das Wetter, die Kosten des Flugtickets und des Hotel und so weiter Bescheid wissen. "Die Kombination all dessen, in einem einzigem Plan aufgelistet - das ist eine Suche, wie wir sie uns vorstellen", sagt Larry Page, der ganz offensichtlich nach zwei Jahren an der Konzernspitze erst am Anfang steht.

(Quelle: Wirtschaftswoche)