In jedem zehnten Unternehmen hätten im vergangenen Jahr die Vorstandsvorsitzenden im deutschsprachigen Raum ihren Posten niedergelegt. Global lag die Rate mit 9,5 Prozent erstmals etwas niedriger. Besonders schlecht schnitten extern rekrutierte Manager ab: Sie bildeten 28 Prozent der weltweit abgelösten CEOs, im deutschsprachigen Raum gar 58 Prozent.
Die Underperformance eines Unternehmenslenkers zeichnete global für jeden dritten Wechsel verantwortlich. Zwar belegt die Studie global ein verlangsamtes Fluktuationstempo, aber noch immer gilt: Erfüllen Unternehmenslenker nicht die an sie gestellten Erwartungen, sitzen sie auf dem sprichwörtlich heißen Stuhl. Europa und speziell Deutschland sind besonders rigoros. Nahezu jeder zweite Vorstands-Wechsel im vergangenen Jahr erfolgte hier aufgrund mangelhafter Leistung. Damit lag die Entlassungsrate von Spitzenkräften in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt.
Steigende Fluktuation
Ungeduldige Investoren oder Fusionen führten dazu, dass die Fluktuation von Spitzenmanagern um etwa 170 Prozent gegenüber 1995 stieg. Besonders betroffen: die Branchen Versorgung & Energie, Gesundheit sowie der Rohstoffindustrie. Sichere Jobs gibt es dagegen in der Banken- und Finanzbranche, wobei auch hier Deutschland eine Ausnahme bildete.
Gravierende Unterschiede zeigen sich zwischen den einzelnen Ländern: Während Spitzenreiter Japan eine CEO-Fluktuationsrate von 13,8 Prozent aufweist, blieb sie in Europa konstant (9,7 Prozent), überstieg jedoch erstmals die Anzahl an Abgängen in Nordamerika (9,6 Prozent). Das gilt vor allem für den deutschsprachigen Raum mit 10,2 Prozent.
Mehr als ein Viertel aller Wechsel (28 Prozent) betrifft extern rekrutierte Spitzenmanager: der höchste Anteil, der in dieser Sparte seit Beginn der Studienreihe festgestellt wurde. Europäische Spitzenkräfte rangieren dabei noch vor denen der USA. Die Studie belegt damit, dass die CEOs, die aus dem eigenen Unternehmen kommen, seltener aus dem Amt gedrängt werden.
Verweildauer von Verantwortung abhängig
Je verantwortungsvoller die Position, desto kürzer die Verweildauer an der Unternehmensspitze: Auf diese Faustformel lassen sich die Ergebnisse der Studie bringen. Danach liegt die durchschnittliche Verweildauer 2003 global bei 7,6 Jahren. Nordamerika hält seine CEOs mit 8,4 Jahren am längsten, Europa bringt es auf nur rund 6,6 Jahre. Eine Ausnahme bildet dabei der deutschsprachige Raum. Hier bringen es Führungsspitzen auf durchschnittlich 7,9 Jahre Betriebszugehörigkeit.
Anscheinend gibt es auch einen Zusammenhang zwischen der Fluktuation und der Erfahrung der Manager. Unternehmenslenker, die zum Abdanken bewogen werden, waren bei ihrem Amtsantritt im Schnitt 49 Jahre alt. CEOs, die dagegen altersbedingt aus den Firmen ausscheiden, waren bei ihrem Amtsantritt durchschnittlich fünf Jahre älter.
Aufsichtsrat in der Pflicht
"Effektive Corporate Governance bedeutet nicht nur, sich von leistungsschwachen Unternehmenslenkern zu trennen, sondern zielt vor allem auf eine Verbesserung der Management Performance", sagt Klaus-Peter Gushurst, Managing Partner von Booz Allen Hamilton für den deutschsprachigen Raum. Zudem, so seine Forderung, sollten Aufsichtsräte bedeutend mehr Kraft in die Entwicklung geeigneter interner Nachfolger stecken: "Die Vorstellung eines fremden Retters ist Luxus, oder besser, ein teurer Mythos. Aufsichtsräte sollten mit CEOs eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, ihnen helfen, erfolgreich zu werden und mit ihnen eine reibungslose, interne Nachfolge planen."
Diese Rolle des Aufsichtsrates, so Gushurst, sei der nächste Meilenstein hin zu einer besseren Performance deutscher Unternehmen und warnt vor der Illusion, dass extern rekrutierte CEOs hier erfolgreicher seien.
Booz Allen Hamilton untersuchte die 2.500 weltweit größten Unternehmen sowie die Entlassungsgründe von 237 Vorständen. Im deutschsprachigen Raum analysierte die Beratung das Ausscheiden von 30 CEOs in 293 Top-Unternehmen. Analysiert wurde zum einen die Unternehmensleistung, zum anderen fanden öffentlichkeitswirksame Ereignisse, die in den Zeitraum der Kündigung fielen, Beachtung. Booz Allen Hamilton verglich die Daten mit vorhandenen Ergebnissen aus den Jahren 1995, 1998, 2000, 2001 und 2002.
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