Wie man Zielgruppen beobachtet

Leitfaden Social-Media-Monitoring

07.12.2011 von Hartmut  Wiehr
Mit dem Web verlieren Kunden ihre Anonymität. Das ist gut für Hersteller und Händler. Ihr Marketing wird immer zielgenauer. Solange die Kunden mitspielen.

Mit Social Media und dem Internet verändern sich herkömmliche Marketingmethoden. Bisher war es so: Ein Kunde, der einen Laden betritt, sich für ein oder mehrere Produkte interessiert, schließlich etwas kauft und bezahlt, ist eine unbekannte Person. Zumindest solange er bar bezahlt – Ware gegen gutes echtes Geld. Danke und auf Wiedersehen irgendwann.

Social Media explodieren. Das können sich auch kleinere Retail-Unternehmen zu Nutze machen. Der Leitfaden "Social Media-Monitoring" will dabei helfen.
Foto: ECC Handel

Bezahlt der Kunde mit Kreditkarte oder lässt er sich die Ware nach Hause liefern, verbleibt er schon weniger anonym. Noch besser ist es natürlich vom Standpunkt des Händlers aus, wenn er einen möglichst umfassenden "Footprint“ hinterlässt: Name, Adresse, Alter, Geschlecht, verheiratet, geschieden oder ledig, besondere Präferenzen, Beruf, Einkommen, soziale Schicht usw.usf.

Retailer, die auch im Internet aktiv sind, haben da schon mehr Zugriff auf solche schönen Daten als ihre reinen Ladenkollegen. Noch verlockender vom Verkäuferstandpunkt aus ist es, wenn der/die gegenwärtige oder der/die zukünftige Kunde/Kundin Mitglied eines sozialen Netzwerks im World Wide Web ist. Denn dann hinterlässt man noch mehr Spuren, die eine Einsortierung in Verkaufsstrategien und eine regelmäßige Beackerung per "personalisierter“ Ansprache erlauben. Wer zum Beispiel ein- oder zweimal etwas beim Online-Shop Amazon eingekauft hat, weiß Bescheid um die Folgen.

Unter diesen Gesichtspunkten werden Social Media immer wichtiger. So kommen das Kölner Institut ECC Handel und die Hamburger PR-Agentur "Clever and Smart“ nicht ganz überraschend zu folgender Erkenntnis über "Social-Media-Monitoring“ als Instrument zur Marktforschung: "Zu wissen, was die Bedürfnisse der eigenen Kunden sind, ist seit jeher ein Erfolgsfaktor des Handels und des Dienstleistungsgewerbes. Oftmals sind hierfür jedoch aufwändige Konsumentenbefragungen notwendig. Um herausfinden, welche Themen die eigene Zielgruppe bewegen, kann jedoch auch Social-Media-Monitoring hilfreich sein.“

Auch ohne hohen finanziellen und zeitlichen Ressourcen-Einsatz ließen sich auf diese Weise interessante Erkenntnisse über die eigene Zielgruppe identifizieren. Der Leitfaden "Social-Media-Monitoring - So beobachten Sie ihre Zielgruppe im Internet“ will dabei helfen, die Kunden und Interessenten zu durchleuchten. Er wurde vom Bundeswirtschaftsministerium finanziell unterstützt und ist kostenlos erhältlich.

Die Rolle von Bewertungsseiten und Foren

Der Leitfaden geht davon aus, dass die offenen Diskussionen der Kunden über Marken und Produkte auf Bewertungsseiten oder in Foren die "Grundlage für Produkt- und Dienstleistungsinnovationen“ bilden können. Wenn die Kunden sich dort so zu Wort melden, dass sie sich zum Beispiel eine andere Preisgestaltung, ein verändertes Sortiment im Geschäft, Zusatzleistungen oder weitere Produktfunktionen wünschen, sind die Händler in der Lage, sehr schnell zu reagieren.

Zum einen könnten Händler und Hersteller diese Kundenwünsche direkt umsetzen und sich so zeitnah auf die Bedürfnisse der Konsumenten einstellen. Weiter heißt es in dem Bericht: "Und zum anderen können die Unternehmen die Interaktivität des sozialen Webs direkt nutzen und Rückfragen an die Konsumenten stellen, um auf diese Weise weitere wertvolle Informationen zu sammeln, die das Verständnis der eigenen Zielgruppe erhöhen und über den direkten Austausch die Kundenbindung fördern.“

Achtung - der Retailer hört mit!
Foto: ECC Handel

Hierbei gehe es nicht nur darum, das Internet nach den eigenen Unternehmensnamen oder den angebotenen Produkte zu durchsuchen. Gefordert – und durch das Web auch möglich – sei der proaktive Kontakt zu den Kunden und Interessenten. Denn über diese weiß man inzwischen sehr viel – und man kann sie direkt ansprechen. Ganz anders als ehedem, wenn der anonyme König Kunde den Laden wieder verlassen hatte.

Second Life - längst vergessen

Ob die Kunden im Internet wirklich so gläsern sein wollen, wie es die Retailer gerne hätten, ist dabei noch gar nicht so sicher. Viele weigern sich, ihre Identität preis zu geben oder verwenden falsche Namen und Angaben. Die Retailer sollten überlegen, welche direkten Vorteile sie den Kunden anbieten können, wenn diese ihre Meinung frei heraus öffentlich machen in Foren und Bewertungsseiten. Vielleicht haben Facebook und andere Social Media Sites ja auch ihren Zenit schon überschritten. Wer erinnert sich heute noch an den einstigen Überflieger "Second Life“?