Blended Learning

Lernen wir in Zukunft nur noch online?

Kommentar  von Susanne Heinz
Grade auch in der beruflichen Weiterbildung werden aktuell die Fragen diskutiert: Was bleibt aus dieser besonderen Corona-Zeit? Was geht? Und was kommt auf Lerner, Trainer und Personalentwickler zu? Der Artikel liefert einen Überblick.
E-Learning bedeutet für die Lehrer technische Plattformen zu nutzen und neue inhaltliche Konzepte zu entwickeln.
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Alle Beteiligten haben gerade eine Art Hochintensitätstraining durchlaufen. Uns fällt das Umschalten von der Offline- in die Online-Welt inzwischen gar nicht mehr so schwer. Neben technischen Hürden wurden vor allem mentale Vorbehalte, Blockaden und Unsicherheiten abgebaut – und zwar bei allen Beteiligten in der Trainingswelt.

Und schon zeichnet sich ein Trend ab, der inzwischen natürlich auch einen Namen hat und sich womöglich zum nächsten Buzzword in der Welt des Lernens entwickelt: "Hybrides Lernen". Das steht für die Kombination aus Online- und Präsenzformaten. Es ersetzt aber eigentlich nur einen bereits bekannten Begriff: das Blended Learning. Darunter fallen zahlreiche gemischte Lernformen, beispielsweise Präsenzunterricht kombiniert mit E-Learning. Doch Buzzword hin oder her: Diese Art des Lernens ist aktuell mehr denn je gefragt – natürlich auch in der betrieblichen Weiterbildung.

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Der Weg von der Präsenz- in die virtuelle Trainingswelt

Hatten im ersten Moment erst einmal andere Dinge Priorität, war trotzdem schnell klar: Ausbildung und Weiterbildung müssen weitergehen, egal was kommt, vielleicht sogar mehr denn je. Motiviert durch diese Überzeugung wurden in Windeseile viele Trainingsformate für die virtuelle Trainingswelt fit gemacht. Und wir alle durften hautnah miterleben, welche ungeahnten Möglichkeiten Weiterbildung in digitalen Räumen bietet. Gerade die so genannten "Breakout Rooms", also Gruppenräume in denen Teilnehmer online in Kleingruppen arbeiten können, wurden häufig genutzt.

Die Abfrage im Chatroom ersetzte Moderationskarten, die Optionen des Whiteboards sorgten für virtuelle Impulse. Die Dokumentation einer Trainingssession wurde dadurch kinderleicht, denn alle Dokumente können gesichert und in einem Protokoll am Ende des Trainings weitergereicht werden. Wer also bisher behauptete, das Lernen in Web-Trainings sei langweilig, zäh und alles andere als interaktiv, der durfte neue Erfahrungen machen.

Digitales Lernen: Mehr als eine Alternative

Der Umstieg auf digitale Lernformate und Lernmöglichkeiten ist längst nicht mehr nur als Alternative zu sehen. Diese Art des Lernens bringt für Personalentwickler, Trainer und Lernende einige positive Aspekte mit sich. Wenn digitales Lernen gut geplant, auf- und umgesetzt wird, gelingt es besser, die individuellen Wünsche und Erfordernisse der Lerner zu berücksichtigen.

Durch verschiedene Lernszenarien und On-Demand-Lernangebote können sich die Teilnehmer von Ort und Zeit frei an den Inhalten bedienen, die für sie gerade relevant und wichtig sind. Wer schon fortgeschrittene Kenntnisse in einem Thema hat, der steigt einfach an der passenden Stelle in seine Lernreise ein. Und wer noch am Anfang steht, der arbeitet sich zunächst mit passendem Material ein.

In Lerngruppen, moderierten Messenger-Gruppen, digitalen Barcamps und Austauschrunden wird dann vorhandenes Wissen ausgetauscht, miteinander agiert und voneinander gelernt. Ein lange ersehnter Nebeneffekt: Dem Wissensmanagement wird endlich Leben eingehaucht und es beschränkt sich nicht mehr nur auf ein Tool oder auf eine Plattform. Gerade diese Nachfrageorientierung braucht die berufliche Weiterbildung der Zukunft unbedingt. Wollen wir innovativ, schnell und veränderungs- und anpassungsfähig sein, brauchen wir diesen unkomplizierten Zugriff auf Lernmaterial und Wissen.

Wichtig dabei ist allerdings, dass das Material wirklich nützlich ist. Am besten wird es von den eigenen Kollegen, eventuell unter Anleitung eines Trainers, erstellt.

Herausforderungen der beruflichen Weiterbildung online

Online-Lernen funktioniert nicht eins zu eins wie Präsenz-Lernen. Das ist den meisten schon bewusst, aber das Wie oft nicht. Hier müssen besonders die grundlegenden Bedürfnisse des Menschen berücksichtigt werden: der Wunsch nach Austausch mit anderen, einer sinnvollen Didaktik, gezielten und aktiven Pausen. Verantwortliche Ausbilder, Weiterbildner und alle, die in diesem Bereich zu tun haben, sollten sich bei der Auswahl der Formate die Frage stellen:

Selbstbestimmtes Lernen

Apropos Lerner: Selbstbestimmung ist ein wichtiges Stichwort, wenn es um die Zukunft des Lernens geht. Wir alle müssen uns, ob selbstständig oder angestellt, aus der passiven Konsumentenrolle in Sachen Lernen befreien.

Wer darauf wartet, dass der Impuls von Vorgesetzten oder aus der Personalentwicklung kommt, der spielt mit seiner Zukunft.

Wer hingegen offen, neugierig und mutig ist, dem wird es gelingen, nicht nur im eigenen Fachgebiet weiterzukommen, sondern auch die sogenannten "Future Skills", wie digitale und nicht-digitale Schlüsselqualifikationen aufzubauen. Die Inhalte dafür sind im Netz längst vorhanden, meist völlig frei verfügbar und können daher auch von jedem genutzt werden. Was dafür jetzt zu tun ist? Das eigene Handwerkszeug, die eigenen Lernkompetenzen und die Fähigkeit online zu lernen, auf Vordermann bringen!

Das neue "Normal" in der Weiterbildung

Ich bin überzeugt davon, dass die berufliche Weiterbildung mehr und mehr online stattfinden wird. Das Schwungrad dafür ist in Gang gesetzt und wird sich nicht mehr aufhalten lassen. Doch auch der Präsenzanteil wird weiterhin Bestand haben, denn die Mischung macht hier den Erfolg. Unternehmen, denen es gelingt ihre Lernangebote sinnvoll anzureichern, zu verbessern, gleichzeitig die menschlichen Grundbedürfnisse beim Lernen zu beachten, sowie den Zugang zum Lernen immer unbürokratischer und einfacher zu gestalten, haben für den Erfolg in der Zukunft allerbeste Grundlagen geschaffen. (bw)