Vorbei die Zeiten, als dem Lieferketten-Manager keiner reinredete. Künftig muss auch das Supply Chain Management (SCM) stärker auf Kosten und Effizienz achten. Für diese Mühe gibt es auch mehr Ehre: SCM-Manager sitzen immer öfter mit am Tisch, wenn die Führungsriege weitreichende Entscheidungen trifft. Das behaupten zumindest die Analysten von Manufacturing Insights, einer IDC-Tochter.
Die Experten bewerten den Status Quo und zeigen Trends für die Zukunft auf.
Wie Firmen heute SCM betreiben
1. Anwendungen für die Lieferkette müssen schnell und einfach zu integrieren sein. Der Ruf nach Prozess-Optimierung bringt es mit sich, dass der Integrierbarkeit von Supply-Chain-Applikationen mehr Bedeutung beigemessen wird als den Funktionalitäten. Dabei fließen nicht nur Kosten für externe Berater in die Rechnung ein, sondern auch die Arbeitszeit der Angestellten.
2. Erst das Business, dann die RFID. Der Hype um Chips und Tags hat sich gelegt. Heute lautet die Frage: Welches Business-Problem muss ich lösen, und ist RFID dafür wirklich das Richtige? Manchmal sind Barcodes die bessere Lösung. Wie die Analysten von Manufacturing Insights beobachten, verlangt die Industrie Use-Cases.
3. Hauseigene RFID-Projekte bewähren sich. Nach den Erfahrungen der Analysten schneiden Kollaborations-Projekte schlechter ab als hausgemachte RFID-Projekte.
4. Beim Outsourcing ist der Billige nicht immer der Bessere. Obwohl China, Indien, Vietnam und Süd-Amerika als Provider im Rennen bleiben, sehen sich immer mehr Industrie-Firmen im eigenen Land um. Der Grund: Es geht nicht nur um Kostensenken, sondern auch um das Optimieren von Lieferzeiten und um Fragen von Qualität und kulturellem Verständnis.
Die sechs SCM-Trends
Für die nächsten ein bis zwei Jahre stellen die Analysten Folgendes in Aussicht:
1. Nachhaltigkeit rückt auf der Agenda nach oben, auch hinsichtlich der Zulieferer. Dabei geht es nicht nur um "Green IT" und weniger Verpackungsmaterial, sondern zum Beispiel auch um möglichst kurze Transportwege. Problem: In vielen Bereichen gibt es noch keine verbindlichen Guidelines.
2. Outsourcing zwingt die Unternehmen, ihre Kernkompetenzen zu überdenken. Weil die Budgets für die IT knapper werden, müssen sich die Entscheider intensiver mit der Frage auseinandersetzen, welche Aufgaben sie ausgelagern können. Die Analysten hatten eigentlich erwartet, dass dieser Prozess im Bereich Lieferketten-Management bereits früher einsetzt.
3. Im Risiko-Management liegt der Schlüssel zum Erfolg weltweiter Lieferketten. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und immer größerer Netzwerke wird das Bewusstsein für Risiko-Management wachsen. Das heißt auch, dass mehr Geld dafür bereitgestellt wird.
4. Lieferketten-Manager halten Puffer im Lager, um im Zweifelsfall nicht blank dazustehen. Auch, wenn es der optimalen Lagerausnutzung widerspricht - wer nicht in Lieferengpässe geraten will, muss in manchen Fällen Puffer im Lager halten. Das mag aus Sicht eines BWLers unklug erscheinen. Die Analysten von Manufacturing Insights gehen dennoch davon aus, dass Lieferketten-Manager solche Situationen von Fall zu Fall pragmatisch regeln.
5. Supply Chain Management bringt den entscheidenden Vorteil im globalen Wettbewerb. Aus den genannten Faktoren leiten die Analysten die steigende Bedeutung vom SCM ab. Sie erwarten daher, dass Lieferketten-Manager immer öfter in strategische Unternehmens-Entscheidungen einbezogen werden.
Six Sigma im Supply Chain Management
6. Auf lange Sicht wird sich die Lieferkette an Six Sigma ausrichten. Auch, wenn damit noch nicht im nächsten Jahr zu rechnen ist - Supply Chain Manager werden längerfristig nicht darum herumkommen, ihre Arbeit an der Qualitätsmanagement-Methode Six Sigma zu orientieren.
Simon Ellis, Analyst bei der IDC-Tochter Manufacturing Insights, führt seine Thesen in dem Bericht "2008 Supply Chain Predictions - an interim report card" aus.