CIO-Agenda 2018

Life Science CIOs haben ganz andere Probleme

05.01.2018 von Christiane Pütter
Life Science-Konzerne wachsen durch Merger und Partnerschaften. Deshalb sind die CIOs vor allem mit IT-Business-Alignment beschäftigt. Die digitale Transformation besitzt noch nicht die höchste Priorität.
  • Werden alle Unternehmen zusammengenommen, genießt das Thema Digitalisierung zweithöchste Priorität, in Life Science-Konzernen steht es auf Platz fünf
  • Gartner rät Life Science-CIOs, Technologien für den Ausbau der Patienten- und Kundenkommunikation zu implementieren
  • 29 Prozent der Life Science-CIOs wollen in ERP (Enterprise Resource Planning) investieren, im Schnitt aller CIOs sagen das nur zehn Prozent

Unternehmen aus dem Life Science-Bereich zielen vor allem auf den Gewinn von Marktanteilen ab. Mittel erster Wahl sind Merger und Partnerschaften. Damit stellen sie ihre CIOs im Branchenvergleich an den Rand, wie der US-Marktforscher Gartner in der Studie "2018 CIO Agenda: Life Science Industry Insights" berichtet. Life-Science-Unternehmen kommen zum Beispiel aus den Branchen Medizin, Pharma, Biologie oder Agrar.

Life Science-Konzerne fokussieren sich stärker als andere Unternehmen auf das Marktwachstum und weniger stark auf Digitalisierung.
Foto: Gartner

Die Studie ist ein Unterkapitel einer allgemeinen Befragung zur Agenda von CIOs aus verschiedensten Branchen. Insgesamt hat Gartner knapp 3.200 IT-Entscheider befragt, davon 95 aus Life-Science-Unternehmen. Zwar nennen alle Studienteilnehmer Wachstum als oberstes Firmenziel. Aber während im Durchschnitt aller Antworten die Themen Digitales Business/digitale Transformation auf Rang zwei stehen, rutschen sie in der Life Science-Branchen auf Rang fünf.

Fast jeder fünfte Life Science-CIO (18 Prozent) sieht sein Unternehmen stark mit Themen wie Mergern und Konsolidierungen beschäftigt. Im Schnitt aller Befragten sagen das nur sieben Prozent. Das war im Vorjahr ähnlich.

Die Top CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.

Gartner berichtet, dass Life Science-CIOs deutlich seltener als ihre Kollegen aus anderen Sparten an den CEO berichten. Die Marktforscher sehen die IT-Chefs selbst in der Pflicht, das zu ändern und aktiv den Kontakt zur Firmenleitung aufzubauen.

Digitalisierung, Change und Innovation nicht die größten Herausforderungen

Auf die Frage nach den größten Herausforderungen in ihrer Rolle nannte eine relative Mehrheit (43 Prozent) der Life Science-CIOs das Sicherstellen von Business/IT-Alignment. Es folgen das Entwickeln von Talenten und Skills (40 Prozent) und Cyber-Sicherheit (30 Prozent). Die Themen Digitalisierung, Change und Innovation bleiben unter der 30-Prozent-Marke.

Die Marktforscher raten Life Science-CIOs, Technologien für den Ausbau der Patienten- und Kundenkommunikation zu implementieren. Bisher taucht dieser Punkt nicht in den Top Ten-Prioritäten dieser Branche auf. Unternehmen anderer Industrien setzen dagegen bereits Chief Customer Officer ein.

Nicht alles ist anders - Die Top-Technologien

In einem anderen Punkt zeigen sich wenig Branchenunterschiede: Gartner hat die CIOs nach ihren Top-Technologien befragt und alle Studienteilnehmer setzen BI/Analytics sowie Lösungen zur Digitalisierung/zum digitalen Marketing auf die ersten Plätze. Auch Cloud, Internet of Things (IoT), Mobility und Künstliche Intelligenz sind branchenübergreifend vergleichbar stark repräsentiert.

Auf der Einkaufsliste von Life Science-CIOs stehen ERP-Lösungen ganz oben.
Foto: Gartner

Das meiste Geld fließt in ERP

Auf die Frage, in welche Anwendungen künftig am stärksten investiert werden soll, weisen Life-Science-CIOs wiederum eine Besonderheit auf: Sie nennen überdurchschnittlich oft (29 Prozent) ERP (Enterprise Resource Planing). Im Schnitt aller Befragten sagen das nur zehn Prozent. Gartner empfiehlt Life Science-CIOs, ihre IT-Ausgaben auf die strategischen Unternehmensziele abzustimmen.

Die Marktforscher wollen kein Missverständnis aufkommen lassen: Zwar haben Life Science-CIOs stärker als ihre Kollegen um Alignment und um Gehör beim CEO zu kämpfen. Das heiße aber nicht, dass es in anderen Branchen bereits ideal laufe. Noch immer liege ein grundsätzliches Problem darin, dass Unternehmen ihre IT-Strategie separat von der Business-Strategie entwickeln. Nach wie vor schaffe das Ineffizienz in den Unternehmen.