Der Einsatz des Open-Source-Systems als Betriebs-Software von IBM-Großrechnern ist viel teurer als bisher angenommen. Das ist die Kernaussage der Studie der Giga Information Group . Daraus lassen sich eine Folgerung und eine Prognose ableiten.
Die Folgerung: Linux wird kritisiert, weil es jetzt ernst genommen wird. Bisher galt: Nette kleine Davids greift man nicht an. Ihre Schwächen übersieht man gnädig, weil sie eine sozial (und am Markt) wichtige Rolle spielen als Projektionsfläche von Wünschen nach dem Guten, Reinen und Wahren. Wenn sie mit ihrer putzigen kleinen Schleuder einem der Großen (sei es Microsoft , sonstwer oder der FC Bayern ) dann doch mal eins verpassen, kommt Begeisterung auf, man redet von einer Trendwende. Die Giga-Studie könnte das in Bezug auf Linux ändern: Nachdem dessen mutmaßlich überaus kostengünstige Verwendung als Großrechner-Betriebssystem mit der Systematik einer professionellen Technologiestudie kritisch untersucht wurde, ist es mit der Everybody's-Darling-Rolle vorbei. Denn das quelloffene Betriebssystem ist kein homöopathisches Allheilmittel für kostengeknechtete IT-Entscheider: Auch ohne Lizenzgebühren kommen erkleckliche Ausgabe für Migration, Integration und Schulung auf Linux-Anwender zu.
Die Prognose: Die Giga-Kritik bringt einen Reifungsprozess in Gang. Sie wird dazu führen, dass sich künftig mehr Analysten und Praktiker ernsthaft mit Linux beschäftigen. Dabei wird die Technologie samt der gesamten Open-Source-Idee ihren David-Nimbus verlieren, aber gleichzeitig und endgültig auch den Ruch des amateurhaft Selbstgestrickten.
Giga-Forscher David Mastrobattista hat ausgerechnet, was es kostet, Linux-Anwendungen auf IBM-Großrechner der "Z"-Serie zu verpflanzen. Inklusive Migration, Zusatz-Betriebs-Software sowie Support und Wartung kommt er pro Anwendung auf mehr als 80 000 Dollar im ersten Jahr. Das erschreckt nur diejenigen, die das Open-Source- bislang für ein No-Budget-System gehalten haben. Aber diese Leute betreiben keine Großrechner.
Wer jedoch darüber entscheiden muss, wie echtes Geld für echte IT angelegt wird, braucht noch viel mehr Zahlen, um auf deren Basis Entscheidungen pro oder contra Linux treffen zu können. Bisher ist das noch viel zu oft eine Glaubensfrage.