Litauens Regierung hat vor Sicherheitslücken und eingebauten Zensurfunktionen in chinesischen Mobiltelefonen gewarnt. Nach Angaben des staatlichen Zentrums für Cybersicherheit in Vilnius sind bei einer Untersuchung von drei 5G-Smartphones der Hersteller Huawei, Xiaomi und OnePlus (Huawei P40 5G, das Xiaomi Mi 10T 5G sowie um das OnePlus 8T 5G) vier zentrale Cybersicherheitsrisiken festgestellt worden. Zwei davon seien mit vorinstallierten Apps verknüpft und die anderen beiden mit dem Risiko des Verlusts personenbezogener Daten und möglicher Einschränkungen der Meinungsfreiheit, teilte die dem Verteidigungsministerium des baltischen EU- und Nato-Landes unterstellte Behörde mit.
Die schwersten Vorwürfe richtete das Cybersicherheits-Zentrum NKSC (Nacionalinio Kibernetinio Saugumo Centro) gegen Xiaomi. Bei Huawei bemängelten die Litauer, dass der App-Store auch auf Quellen verlinke, die von der Agentur als unsicher eingestuft werden. Bei dem OnePlus-Gerät fand das NKSC keine Mängel.
Bei der Analyse des Xiaomi-Geräts sei etwa festgestellt worden, dass es technisch die Fähigkeit besitze, die darauf heruntergeladenen Inhalte zu zensieren. Demnach könne es Begriffe wie "Freies Tibet" oder "Demokratiebewegung" erkennen und blockieren, hieß es in der Mitteilung. Diese Funktion sei bei in Europa verkauften Handys deaktiviert, könne aber jederzeit auch aus der Ferne eingeschaltet werden. Bei Huawei-Telefonen gebe es Bedenken in Verbindung mit dem offiziellen App-Store, der zu unsicheren Anbietern weiterleite. Bei OnePlus dagegen seien keine Sicherheitslücken entdeckt worden.
Die Regierung in Vilnius riet den litauischen Verbrauchern, den Kauf von Mobiltelefonen der chinesischen Hersteller zu vermeiden und bereits verwendete Geräte nicht mehr zu nutzen.
Auch in Deutschland sorgen die Warnungen für Beunruhigung. "Die Entdeckungen der Behörden in Litauen sind alarmierend", sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, dem "Handelsblatt". Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) müsse den Hinweisen "umgehend" nachgehen und das Ausmaß der Gefährdung bewerten. "Insbesondere muss geklärt werden, ob diese Geräte die entsprechende Zensur auch jeweils an chinesische Stellen melden."
Huawei wies nach einem Bericht der Agentur BNS die Bedenken zurück. "Benutzerdaten werden niemals außerhalb des Huawei-Geräts verarbeitet", teilte der litauische Vertreter des chinesischen Tech-Konzerns mit.
Ein Sprecher von Xiaomi erklärte, die Geräte seines Unternehmens zensierten keine Kommunikation mit oder von ihren Nutzern. "Xiaomi hat und wird niemals persönliche Aktivitäten seiner Smartphone-Nutzer einschränken oder unterbinden, wie beispielsweise das Suchen, Anrufen, Surfen im Internet oder die Verwendung von Drittanbieter-Kommunikationssoftware." Das Unternehmen respektiere und schütze die gesetzlichen Rechte seiner Nutzer in vollem Umfang und erfülle auch die Bestimmungen der europäischen Datenschutzgrundverordnung.
Nach Angaben der Behörde wurden die drei Hersteller für die Studie ausgewählt, weil in öffentlichen Datenbanken Cybersicherheitsrisiken in deren Produkten identifiziert worden waren. In Litauen selbst haben rund 200 öffentliche Stellen deren Mobiltelefone mit dem schnellen Mobilfunkstandard 5G erworben.
Zwischen Litauen und China war es in den vergangenen Monaten zu diplomatischen Spannungen gekommen. Hintergrund war die Entscheidung der Regierung in Vilnius, engere Beziehungen zu Taiwan aufzunehmen. (dpa/rw)