Siemens CEO

Löscher fügt sich in seinen Rauswurf bei Siemens

30.07.2013
Ein vergleichbares Drama muss man in der deutschen Wirtschaftswelt lange suchen. Der Rauswurf von Konzernchef Löscher wirft ein Schlaglicht auf Siemens. Selbst Bundeskanzlerin Merkel wünscht sich, dass bei dem Industriegiganten rasch wieder Ruhe einkehrt.

Siemens-Chef Peter Löscher wehrt sich nicht gegen seinen Rauswurf. Der Noch-Vorstandsvorsitzende ließ am Montag Berichte zurückweisen, er bestehe im Fall seiner Abwahl am Mittwoch auf einem Rücktritt von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. "Es geht mir ausschließlich um das Wohl von Siemens und der 370 000 Siemensianer, die zurecht stolz auf ihr Unternehmen sind", sagte Löscher der "Bild"-Zeitung. Ein Siemens-Sprecher erklärte, es stimme nicht, dass Löscher seinen Vorstandsposten nur dann räumen wolle, wenn zugleich auch Cromme das Kontrollgremium verlasse.

Damit macht Löscher den Weg für seinen Nachfolger frei. Der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns hatte sich am Wochenende nach langen Beratungen auf die vorzeitige Ablösung des Österreichers geeinigt und die für Mittwoch geplante Abwahl in einer knappen Pflichtmitteilung verbreitet. Aus gut informierten Kreisen wurde berichtet, dass Finanzvorstand Joe Kaeser Löschers Nachfolge übernehmen soll. Der Konzern schweigt zu dieser Personalie allerdings nach wie vor.

Die Schockwellen des Führungsdramas erreichten auch Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wünscht sich ein Ende der Turbulenzen. Aus Sicht der Kanzlerin sei Siemens ein Flaggschiff der deutschen Wirtschaft, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. "Deshalb ist es ihr wichtig, dass dieses Weltunternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser gerät."

Löscher galt in den vergangenen Jahren als wichtiger Berater Merkels. Sie habe den Manager, seine Arbeit und seine Fachkompetenz immer sehr geschätzt: "Sie erinnert sich auch besonders an sein großes Engagement als Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft", sagte der Sprecher. Abseits des Dramas um den Rauswurf erholte sich am Montag der Aktienkurs des Konzerns ein Stück vom Schock der Gewinnwarnung, die am vergangenen Donnerstag das vorzeitige Ende der Karriere Löschers bei Siemens eingeläutet hatte.

Zwar ist Finanzvorstand Kaeser bislang nicht offiziell dafür auserkoren worden, die Aktienmärkte vergaben aber bereits Vorschusslorbeeren für den mutmaßlichen neuen Boss. Für Commerzbank-Analyst Ingo-Martin Schachel ist Kaeser der "logische Nachfolger". Auch andere Branchenexperten zeigten sich mit der vermutlichen Wahl des neuen Siemens-Chefs zufrieden.

Wunder erwartet sich die Börse von Kaeser allerdings nicht, denn die Baustellen des Konzerns blieben erhalten. Kaeser habe zwar die starke Unterstützung der Finanzmärkte, schreibt etwa die Bank JP Morgan. Er werde es dennoch schwer haben, die hohen Erwartungen des Marktes zu erfüllen - denn auch Kaeser habe weiter mit den Problemen zu kämpfen, die zu der Gewinnwarnung führten. Der Kurs der Siemens-Aktie war nach der Gewinnwarnung am Donnerstag zeitweise auf unter 78 Euro eingebrochen. Am Montag notierte das Papier am Mittag bei knapp unter 80 Euro.

Löscher war nach zahlreichen Misserfolgen bei Deutschlands größtem Elektrokonzern zunehmend in Bedrängnis geraten. Höhepunkt der Pannen-Serie war die zweite Gewinnwarnung in nicht einmal drei Monaten. Die Mehrheit im Aufsichtsrat für eine Abwahl Löschers gilt als sicher. Das Kontrollgremium, in dem je zehn Vertreter der Anteilseigner und zehn Vertreter der Arbeitnehmerseite sitzen, wird am Mittwoch, einen Tag vor Bekanntgabe der Quartalszahlen, über den Schritt entscheiden - und einen Nachfolger bestimmen. (dpa/rs)