Um die Auswirkungen von Technologien auf Unternehmen, Volkswirtschaft und Gesellschaft zu beleuchten, hat das MGI in der aktuellen Studie "Tech for Good: Smoothing disruption, improving well-being" rund 600 Technologieanwendungen untersucht. Ziel war es herauszufinden, inwieweit diese unser Leben verbessern können. Das Ergebnis ist positiv: Die sechs Bereiche
Arbeitsplatzsicherheit,
materieller Lebensstandard,
Gesundheit,
Bildung,
ökologische Nachhaltigkeit und
Chancengleichheit
können demnach durch Technologieeinsatz klar verbessert werden. Mehr als die Hälfte der Anwendungsfälle (60 Prozent) basieren zumindest teilweise auf Künstlicher Intelligenz (KI). Die Palette reicht von Online-Schulungen und digitaler Arbeitsvermittlung über E-Payment-Lösungen, Online-Marktplätze für billigere Güter und Dienstleistungen, adaptive Lernanwendungen, saubere Technologien für ökologische Nachhaltigkeit bis hin zu Arzneimittelforschung und personalisierter Medizin für ein längeres und gesünderes Leben.
Den Chancen stehen allerdings auch signifikante Herausforderungen gegenüber. "Technologie an sich ist nicht gut oder schlecht, aber sie kann je nach Einsatzszenario zu positiven oder negativen Ergebnissen führen", heißt es in der Studie. Deshalb sei die ethische Herausforderung von größter Bedeutung, Politik und Wirtschaft müssten die Rahmenbedingungen für eine positive Ausgestaltung setzen.
KI-Einsatz setzt oftmals ethische Überlegungen voraus
Den größten Hebel liefert die künstlichen Intelligenz (KI), die ihre Wirkung allerdings in positiver wie in negativer Hinsicht entfalten kann. Deshalb ist die bereits laufende Ethikdebatte von großer Bedeutung: Können wir Maschinen beibringen, sich nach anerkannten human-ethischen Normen zu "verhalten"? Und wenn ja: Welche Normen sind das in einer Welt mit einer großen Vielfalt an Kulturen und Werten?
Schon heute ist sichtbar, wir unterschiedlich die Maßstäbe für KI-Nutzung in China und der westlichen Welt sind. Scoring-Systeme zur Bewertung sozialen Verhaltens einschließlich nicht autorisierte Gesichtserkennung auf offener Straße sind in China längst eingeführt. Auch in der Medizin sind technische Experimente möglich, die in Europa und den USA bislang nicht erlaubt sind.
Regierungen und Volkswirtschaften werden nicht umhinkommen, die Grenzen zwischen Recht und Unrecht in einer Machine-Learning-Welt zu ziehen. In den vergangenen Monaten haben viele Geldgeber, nicht zuletzt aus dem Silicon Valley, Mittel für Forschungsprogramme zum Umgang mit KI beigesteuert, die beispielsweise von den Topuniversitäten MIT, Harvard, Stanford oder der Universität Toronto vorangetrieben werden. Auch die Europäische Kommission und die International Telecommunication Union (ITU) der Vereinten Nationen arbeitet am Thema vertrauenswürdige KI und ihrem ethischen Einsatz.
Machine-Learning-Erfolg hängt von Trainingsdaten ab
Kulturelle Unterschiede und Wirtschaftssysteme können sich massiv auf die Ergebnisse von KI-Projekten niederschlagen, etwa wenn über Generationen erlernte Verhaltensweisen und auch Vorurteile in Form historischer Trainingsdaten an die KI weitergegeben wurden. Das oft diskutierte "Bias"-Problem zeigt, wie leicht falsch formulierte Problemstellungen und subjektiv ausgewählte Daten zu Verzerrungen und fehlerhaften Ergebnissen führen können.
Ein vielzitiertes Beispiel ist ein Machine-Learning-Tool, das Amazon zur Beurteilung von Bewerbern nutzen wollte und dann wieder abschaffte. Es vernachlässigte systematisch weibliche Interessenten, weil es ausschließlich mit den Daten von Männern trainiert worden war, die aus älteren Bewerbungen stammten. Ein anderes Beispiel betrifft das MIT, dessen Wissenschaftler im vergangenen Jahr herausfanden, dass die KI-basierenden Gesichtserkennungssysteme von Microsoft und IBM zu Fehlschlüssen kamen. Die zur Geschlechtererkennung eingesetzten Systeme lagen bei weißen Männern zu 99 Prozent richtig, bei farbigen Frauen aber nur zu 35 Prozent. Offensichtlich hatten die Trainingsdaten überwiegend aus Fotos weißer Männer bestanden.
Für den KI-Einsatz stellen sich also wichtige Fragen: Wie stellen wir sicher, dass die Outputs von KI-Systemen fair sind und die Realität abbilden? Nach welchen Kriterien wählen Unternehmen die Daten aus, mit denen ein Algorithmus trainiert werden soll? Und wie schaffen wir es, kulturelle, soziale oder auch religiöse Unterschiede so zu managen, dass wir zu validen KI-Ergebnissen kommen?
Diese Technologien verändern die Welt
"Daten und KI" ist die bedeutsamste Technologiekategorie, die uns - im Idealfall, nämlich optimal eingesetzt - eine bessere Zukunft bescheren kann. Weitere Technologien von großem Einfluss sind
Connectivity und Plattformen,
IoT,
Digitale Fabrik,
Neue Materialien und Biotech,
Clean Tech.
Daten und KI haben demnach auf alle sechs oben genannten Lebensbereiche Auswirkungen, vor allem aber auf den Gesundheits- und den Umweltschutzsektor sowie auf die Chancengleichheit. Den Bereich Connectivity und Plattformen definiert McKinsey großzügig: Das mobile Internet gehört dazu, Plattformen für die Vermittlung von Arbeitskräften, die Zusammenarbeit an Software-Entwicklungs- oder anderen Projekten, Handels-, Nachhaltigkeits-, Crowdsourcing- und sonstige Plattformen. Hier soll der größte Einfluss auf Bildung und Chancengleichheit liegen.
Für den Umweltschutz werden nahezu alle Technologiekategorien wichtig, vor allem aber Daten und KI sowie Clean Tech. Doch auch Robotics, das Internet of Things und neue Materialien, die beispielsweise Plastik ersetzen können, werden für Nachhaltigkeitsprojekte an Bedeutung gewinnen.