Top 10 - Peter Schumann, Schenker

Logistiker für gute Laune

26.11.2009 von Horst Ellermann
Peter Schumann, CIO und Vorstandsmitglied der Schenker AG, hätte jeden Grund, schlecht gelaunt zu sein. Ist er aber nicht. Aus Prinzip.
Peter Schumann, DB Schenker

Schumann vertritt eine These, die verkürzt so lautet: "Gute Mitarbeiter sind auch gut gelaunt." Es gebe keinen Grund miesepetrig durch die Welt zu laufen, sagt der gebürtige Nürnberger. Krisen sind Chancen, Probleme nur Herausforderungen und Rückschläge prima Gedankenanreger. So steht das in allen Motivationsbüchern, von denen Schumann allerdings nach eigenen Angaben noch nie eins gelesen hat. Wozu auch? Der Mann ist intrinsisch motiviert.

Besser so. Denn zunächst einmal gäbe es bei Schenker jeden Grund, schlecht gelaunt zu sein: Die Logistikbranche spiegelt die Finanz- und Wirtschaftskrise eins zu eins wider. Die Bahntochter DB Schenker Rail will knapp 4000 ihrer mehr als 20.000 Stellen in Deutschland abbauen. DB Schenker Logistics, wo Schumann Vorstand für E-Solutions und IT-Management ist, kämpft ähnlich hart um den weltweiten Güteraustausch zu Land, Luft und See. Rund 62.000 Mitarbeiter an rund 1500 Standorten haben 2008 noch einen Gesamtumsatz von 14,7 Milliarden Euro erwirtschaftet - immerhin mehr als der gesamte Personenverkehr der Bahn. Aber das wird dieses Jahr um einen zweistelligen Prozentanteil zurückgehen.

Obendrein dreht sich das Personalkarussell. Die Unruhe seit Abgang des Bahn-CEO Hartmut Mehdorn setzt sich auch in den Tochterunternehmen fort. Schumanns Ex-Chef Norbert Bensel ist gerade Partner der Wiesbadener Unternehmensberatung TransCare geworden. In relativ regelmäßigen Abständen treffen neue DB-Personalmeldungen ein. Der neue Bahnchef Rüdiger Grube beklagt, dass die Systeme in den Paralleluniversen der Bahn nicht wirklich zusammenarbeiten. Schumann könnte angesichts solcher Klagen nervös werden. Wird er aber nicht.

Der 44-Jährige hat Erfolge vorzuweisen, die schon in die Zeit vor Schenker, also vor 2001 zurückreichen. Schumann war CIO bei Opel. Er hat seine berufliche Laufbahn 1985 bei Daimler in Stuttgart begonnen, wo er 1995 zum Abteilungsleiter der IT-Revision ernannt wurde. Die steile Karriere verleiht ihm ein gesundes Maß an Selbstvertrauen. Außerdem sieht er Anzeichen, dass die Talsohle der konjunkturellen Krise erreicht ist, jedenfalls in der Logistik: "Wir haben bei den Halbjahreszahlen zwar deutliche Bremsspuren gesehen, aber es gibt Anzeichen, dass der Boden erreicht ist", sagt Schumann.

"Nature-stoned"

CW: Sie haben mal in einem Anfall guter Laune gesagt: Gute Mitarbeiter sind auch gut gelaunt? Stimmt die Aussage so generell?

Schumann: Na ja, war vielleicht etwas pauschal. Was ich sagen wollte: Gute Mitarbeiter können sich selbst motivieren. Und motivierte Mitarbeiter erzielen auch häufig eine gute Leistung.

CW: Orientieren Sie sich an Motivationsbüchern?

Schumann: Nein. Ich orientiere mich an meiner Arbeit, nicht an irgendeinem Buch. Ich stelle mich auch nicht schreiend vor meine Mannschaft oder tanze auf der Bühne herum wie Steve Ballmer. Das sähe vermutlich lächerlich aus.

CW: Das heißt, Sie sind von Natur aus gut gelaunt. Nature-stoned sozusagen?

Schumann: Nature-stoned, klingt gut. Ja, das könnte sein. Sonst würde ich ja nicht in der IT arbeiten (lacht). Ich brauche wenig Motivation von außen. Es ist eh in einer solchen Position kaum noch jemand da, der Sie motiviert. Manchmal ist die Lage oder das Geschäftsumfeld eben nicht motivierend. Da ist man entweder gut in Selbstmotivation, oder man erreicht nichts. Selbstverständlich trägt aber auch das private Umfeld - Hobbys, Familie - stark zum persönlichen Wohlbefinden, der guten Laune und somit zur Motivation bei. Selbstmotivation gelingt aber natürlich nicht an jedem Tag in gleicher Weise. Auch ich habe schlechte Tage.

CW: Sehen Ihre Zahlen für 2009 sehr demotivierend aus?

Schumann: Wir unterscheiden uns da nicht von den anderen Logistikern. Auch wir sehen bei den Sendungszahlen oder Tonnagen zweistellige Rückgänge. Wobei es Anzeichen gibt, dass der Boden jetzt erreicht ist.

CW: Sie sind jetzt seit 2001 bei Schenker. Davor waren Sie CIO bei Opel und viele Jahre in verschiedenen Rollen bei Daimler. Sehnen Sie sich manchmal in die Autoindustrie zurück?

Schumann: Nicht unbedingt. Logistik ist spannend, genauso spannend wie Automobilindustrie. Und im Augenblick mit Einschränkungen auch etwas zukunftsträchtiger, jedenfalls so lange, bis die Überkapazitäten in der Autoproduktion abgebaut sind. Aber ich will nicht kategorisch ausschließen, dass ich noch einmal die Branche wechsle. Ich habe ja noch zirka 20 Jahre Berufsleben vor mir.

Gute Laune und Optimismus bewahren

Obendrein müssten sich seine Projekte langsam auszahlen, allen voran das Projekt Tango. Dahinter verbirgt sich das einheitliche Management von Sendungen in der Luft- und Seefracht aus allen DB-Schenker-Standorten sowie eine vollständige Transparenz über die gesamte Transportkette. Als Grundlage haben Schumann und sein Team einen weltweit einheitlichen Speditionsprozess mit den Fachabteilungen abgestimmt - von der Angebotskalkulation bis zur Rechnungslegung. Keine einfache Aufgabe.

Seit 2005 arbeitet das Projektieam bereits an der Einführung. Eigentlich sogar noch länger, denn ein Vorläuferprojekt mit gleichem Ziel war bereits fulminant gegen die Wand gefahren (siehe CIO-Magazin vom Juli). Derzeit greifen 3700 Nutzer in 87 Ländern auf Teilfunktionen von Tango zurück, seit Februar dieses Jahres wird die Software in Deutschland ausgerollt. Weitere Rollouts bereitet das 150 Mitarbeiter starke Projektteam gerade vor.

Tango gehört zu den strategisch wichtigsten IT-Projekten von DB Schenker und soll 32 lokale Softwaresysteme ersetzen. Bis 2011 werden die Arbeiten noch dauern. Ob das nicht ein wenig lang für ein Projekt sei? "Nein", antwortet Schumann. "Die Dauer ist für ein so großes Projekt überhaupt nicht außergewöhnlich." Es gebe bei Schenker mindestens ein Dutzend große Projekte, davon drei in der gleichen Größenordnung, die alle über mehrere Jahre laufen.

Vom Verantwortlichen verlangen derartige Projekte vor allem: Gute Laune und Optimismus bewahren, auch wenn das Projekt oder die ganze Branche in Depression abrutschen. Schumann hat sich nebst seiner intrinsischen Motivation gerade noch ein Hobby zugelegt, das ihm dabei hilft: Er reitet. Erste Erkenntnis dabei: "Wenn Sie schlecht drauf sind, ist Ihr Pferd auch schlecht drauf." Also versucht der Diplombetriebswirt, nicht nur im Unternehmen gute Laune zu versprühen, sondern auch im Sattel: "Ein Pferd müssen Sie unter anderem mit leichten Gewichtshilfen dazu bringen, in die richtige Richtung zu galoppieren", sinniert Schumann über die Parallelen in Unternehmens- und Pferdeführung. "Sonst geht das Pferd da hin, wo es selbst am liebsten hinwill oder es bleibt einfach stehen, wenn es die Signale nicht versteht."

Peter Schumann, DB Schenker

Position: Vorstand/CIO.

Branche: Transport (90.000 Mitarbeiter)

Ein CIO muss ... in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Business die Prozesse, Organisation und Systeme zum Wohle des Unternehmens verändern und dabei alle Beteiligten, Organisationseinheiten und Mitarbeiter im Sinne eines "Buy-ins" mitnehmen.

Er liest gerade ... Monty Roberts: "Die Sprache der Pferde".

Er ärgert sich … wenn Kollegen noch immer nicht verstehen, daß ein IT-Tool alleine - ohne die entsprechenden Veränderungen im Prozess und den Köpfen der Betroffenen - keinen Mehrwert bringt.

Wichtigstes Projekt: Tango

Beschreibung: Als globales, standardisiertes System ermöglicht Tango das einheitliche Management von Sendungen in der Luft- und Seefracht an allen DB-Schenker-Standorten weltweit sowie eine vollständige Transparenz über die gesamte Transportkette.

Projektbereiche: ERP; Branchensoftware; Business Intelligence; Datenqualität / -Management; Compliance; ECM; Dokumenten-Management; Archivierung; IT-Architektur; Logistik; SCM; Output-Management; Outsourcing; Anwendungsentwicklung

Herausforderungen: Die Einführung einer standardisierten Applikation mit einem einheitlichen weltweiten Workflow erfordert ein aktives Change Management in den Ländern. Dies ist und war nur in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen aus den anderen Fachbereichen zu lösen, da diese Änderung der operationellen Prozesse nicht durch die IT umgesetzt werden kann.

IT-Umgebung: Unix/Oracle/Java

Zeitrahmen: 2005 bis 2011.

Projektmitarbeiter: 150 (IT-Mitarbeiter insgesamt: 2000)

Projektbudget: 60 Mio Euro (IT-Budget allg: 400 Mio Euro)