Ob iPhone oder Smartphone mit Android, egal: Die Menschen starren ständig auf ihr Gerät, beim Essen, im Meeting, abends in der Kneipe und im Auto - eigentlich immer. Kann die Watch wieder kommunikativere Menschen mit besserem Benehmen aus uns machen? Sie könnte.
Der Verkaufsstart der Apple Watch startet am 24. April. Im Apple Online Store lässt sich die Smartwatch ab 9:01 Uhr des 10. April vorbestellen. Doch was wird die Apple Watch mit dem Besitzer dann machen? In einem Interview von Kevin Lynch, Vice President of Technology bei Apple, in der WIRED gab es hierzu eine interessante Aussage zu dieser Thematik: "Das Ziel war, die Leute von ihrem Smartphone zu befreien". Dieser Satz gilt für die Entwicklung der Apple Watch.
Ein Problem, dass Apple vorrangig mit dem iPhone erschaffen hat, soll mit der Watch wieder behoben werden. Natürlich will Apple mit der Watch Geld verdienen, daran ist ja nichts auszusetzen. Doch könnte dieser hehre Vorsatz tatsächlich gelingen? Dass wir inzwischen oft Geiseln unserer Smartphones sind, ist kaum mehr zu bezweifeln; einhergehend mit der Abnahme von Benimmregeln.
Apple Watch: Die Details der Smartwatch
Apple Watch Die Bedienung der Apple Watch erfolgt über die digitale Krone. Damit lässt sich scrollen, navigieren oder zoomen. Ein Druck auf die Krone führt zum Homescreen.
Apple Watch Die digitale Krone soll die von normalen Uhren gewohnte Bedienung auch auf der Apple Watch bieten.
Apple Watch Beim Touchscreen gibt es mit „Force Touch“ zudem eine Technologie, die leichtes Antippen von einem stärkerem Drücken unterscheiden kann.
Apple Watch Die „Taptic Engine“ der Apple Watch ermöglicht ein Tippen der Uhr auf das Handgelenk – beispielsweise um den Träger an etwas zu erinnern.
Apple Watch Auf dem Gehäuseboden schützt eine Keramikschicht mit Saphirlinsen einen Sensor, der LEDs mit Infrarotlicht und sichtbarem Licht sowie Fotodioden verwendet, um die Herzfrequenz zu messen.
Apple Watch Apple integriert den Prozessor und die Subsysteme im Modul S1. Die Platine ist von Kunstharz umgeben, um die Elektronik vor Witterungseinflüssen oder Stößen und Verschleiß zu schützen.
Apple Watch Der Ladevorgang erfolgt via induktiver Ladung über eine Art MagSafe. Freiliegende Kontakte für das Laden gibt es bei der Apple Watch nicht. Es muss laut Apple der Connector nur in die Nähe der Rückseite gebracht werden, der Magnet setzt sich automatisch richtig auf die Smartwatch.
Apple Watch Bei der Bedienung der Smartwatch hat sich Apple auch Gedanken zur Kommunikation mit Anderen gemacht. So kann man durch Drücken der Tasten neben der Krone Mini-Ansichten von eigenen Kontakten aufrufen und durch Tippen mit ihnen per SMS oder Anruf kommunizieren..
Apple Watch Zeichnen Außerdem kann man sich Fingerzeichnungen...
Apple Watch ...oder Klopfzeichen zusenden.
Apple Watch Herzschlag Auch den Herzschlag kann als visuelle Animation übertragen - sicherlich nicht nur zu Diagnosezwecken.
Apple Watch Handover Da mit Mikrofon und Lautsprecher ausgestattet, kann man mit der Smartwatch auch ohne Headset telefonieren. Bei längeren Gesprächen wechselt man dann nahtlos auf das verbundene iPhone.
Jetzt stellen wir uns mal vor, alle Smartphone-Nutzer würden eine Apple Watch tragen. Was könnte sich ändern? Die Smartwatch wäre ein Filter für wirklich wichtige Nachrichten und Ereignisse, der ganze übrige digitale Schmutz belästigt einem nicht im Minutentakt; wenn man es denn hoffentlich so einstellt. Und vor allem muss bei jedem Vibrieren oder Bimmeln nicht das Smartphone aus der Tasche gezogen werden, wodurch man seinen Mitmenschen in diesem Moment deren Unwichtigkeit sehr offensichtlich zeigt.
Natürlich blickt man auch auf die Watch bei neuen Ereignissen, aber das ganze erfolgt wenigstens deutlich subtiler, und nur bei wichtigen Meldungen. Ein kurzer Blick auf die Uhr stört ein Gespräch, das Meeting oder den Mittagstisch viel weniger als ein kaum zu verheimlichender Griff zum Smartphone. Damit wäre schon viel gewonnen beim gegenseitigen Miteinander.
Reviews der Apple Watch - Das sagt die Presse
CNET, Scott Stein "The Apple Watch is the most ambitious, well-constructed smartwatch ever seen, but first-gen shortfalls make it feel more like a fashionable toy than a necessary tool."
Kantar, Carolina Milanesi "In my opinion, there is no learning curve with Apple Watch; there is a discovery curve. Users will find different ways to perform the same tasks and the Apple Watch will learn more about the user and adapt to them as time goes by, thus refining and enriching the user experience."
Bloomberg Business, Joshua Topolsky "You’ll want one, but You don’t need one. The company has succeeded in making the world's best smartwatch."
Re_code, Lauren Goode "Smartwatches are still unproven, but Apple has made a pretty strong case for them."
The Telegraph, Matt Warman "That’s not, however, to say that even Apple fans with £299 burning a hole in their pocket should rush out and buy this first generation Watch. It’s beautifully designed and frequently rather useful - but history suggests version two or three will be even better."
WSJ, Geoffrey A. Fowler "For now, the Apple Watch is for pioneers. I won’t pay the $1,000 it would cost for the model I tested, only to see a significant improvement roll in before too long. But I plan to pay $400 for the 42mm Sport version once it’s on sale. That’s worth paying for a front-row seat for what’s next in tech."
MensJournal, Marissa Stephenson "Now, after a week of testing, I can say that the Watch is useful, fun, inspiring — but it can also be a little frustrating, needy, and redundant with my ever-present iPhone. It certainly demands attention."
Mashable, Lance Ulanoff "Apple Watch does as much, maybe more, than competing smartwatches, but it doesn’t demand that you pay attention to it. It also succeeded in its most important task: Getting me to keep my iPhone in my pocket. That’s a pretty impressive feat. Is my life better because of it? It’s too soon to tell. But what I do know is that I thoroughly enjoy wearing it."
Spiegel Online, Matthias Kremp "Design, Material und Verarbeitung der Apple Watch sind makellos. Die neue Smartwatch sieht nicht nur gut aus, sie ist auch sehr angenehm zu tragen. Die Eingewöhnung an das neue System kann ein paar Tage dauern, zeigt dann aber seine Logik und funktioniert schnell und problemlos. Ihr volles Potenzial wird die Apple Watch aber erst ausspielen, wenn es mehr als die paar Drittanbieter-Apps gibt, die zum Test bereitstanden. Denn die Apple Watch ist ebenso wenig eine Armbanduhr wie ein Smartphone eine Taschenuhr ist."
Bild, Sven Stein "Die Uhr ist eine tolle Ergänzung zum iPhone, aber auch eine extrem teure. E-Mails, SMS, Termine, Navi, Twitter, BILD – die Watch macht die Nutzung komfortabel und das Smartphone kann bei vielen Alltagsaufgaben getrost in der Tasche bleiben. Und je mehr Apps veröffentlicht werden, umso praktischer wird die Watch. Aber: Die neue Bequemlichkeit hat einen hohen Preis, das getestete Modell kostet mehr als das derzeit teuerste iPhone!"
Und denken wir an all die Autofahrer, die ihre Griffel nicht vom Smartphone lassen können. Wer hat sich nicht schon über Verkehrsteilnehmer an der Ampel geärgert, die bei grün nicht losfahren, weil mal wieder auf das Smartphone statt das Lichtsignal geschaut wird. Über Menschen, die bei voller Fahrt mit dem Smartphone rum hantieren, sprechen wir besser mal gar nicht; das ist eh unverantwortlich.
Ob man während der Fahrt allerdings auf die Smartwatch schauen darf, steht rechtlich noch auf einen anderen Stern. Aber wenn die Apple Watch - oder auch jede andere Smartwatch - auch nur ein bisschen "bessere" Menschen wieder aus uns macht und während der Fahrt die Hände wieder vermehrt am Steuer bleiben, so wäre der Nutzen und Sinn der Watch doch mehr als gefunden.
Die Watch als unbewusste Anstandsdame?
Wird die Apple Watch also dafür sorgen, dass ihre Träger den Mitmenschen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken? Zu hoffen wäre es. Denn geht man offenen Auges durch die Stadt, beobachtet die Leute im Cafe oder Restaurant, sieht bei Rot über die Straße laufende Menschen, scannt Kollegen in Meetings oder Konferenzen ab, schaut sich in U-Bahnen oder Straßenverkehr um und reflektiert sich auch mal selbst, so sieht man immer eines: Menschen, die auf ihr Smartphone starren.
Es werden E-Mails gecheckt, ständig tippseln wir vermutlich äußerst wichtige Sachen in diverse Messenger, kommentieren noch wichtigere Facebook-Einträge, gucken in Twitter, was gerade so in der Welt passiert. Und ist gerade tatsächlich mal nichts, dann wirft man schnell eine Spiele-App an, scannt die Sprit-Preise und ruft ohne großen Sinn eine App nach der anderen auf. Was bitte soll man sonst auch machen?
Und vibriert oder bimmelt mal eine Zeitlang nichts, dann schaut man trotzdem auf das Smartphone. Was ist da los, hat man kein Netz? Auf Facebook, Twitter, WhatsApp, iMessage & Co. hätte doch längst wieder etwas passieren müssen? Das zwanghafte "Always on" und ja nichts verpassen hat schon groteske Züge angenommen.
Ist jemand alleine unterwegs oder sitzt einsam zuhause, dann ist das ja völlig ok; es interessiert sowieso keinen, was man so macht. Doch schauen Sie sich mal um, wenn Leute in der Kantine oder im Restaurant gemeinsam an einem Tisch sitzen und essen. Irgendeiner hat immer das Smartphone in der Hand, total wichtig, wieso soll man auch mit dem Tischnachbarn sprechen - ist doch lästig. Selbst in Meetings, wenn jemand eine Präsentation hält, beobachtet man Menschen, die mal lieber auf ihr Smartphone glotzen. Besser kann man dem Vortragenden sein Desinteresse und Respektlosigkeit nicht zeigen.
In jeglicher Situation wird heutzutage ständig auf das Smartphone geschaut und es liegt immer vor einem auf dem Tisch. Wie dumm und deplatziert muss sich da jemand vorkommen, der sich gerne mit dem Menschen gegenüber unterhält und ihm dabei seine Aufmerksamkeit widmet? Also jemand mit Kinderstube und einfache Benimmregeln beherrschend? Irgendwie ziemlich dumm… Oder ist Ihnen das noch nicht passiert, dass der Gegenüber im Gespräch mal kurz wieder zum Smartphone greift und eine ach so wichtige Sache checken muss?
Ob die Apple Watch oder eine Smartwatch all die aufgezählten Unsitten wirklich wieder verbannen kann, ist natürlich mehr als fraglich. Aber man kann es sich ja mal wünschen.