Die Idee war gut gemeint: Der IT-Direktor des Bundesinnenministeriums Martin Schallbruch bat die Initiative D21 darum, zum Konzept des Bundes-CIO Stellung zu nehmen, das er maßgeblich initiiert hatte. So brüteten dann die Mitgliedsunternehmen aus dem Verband über dem Konzept, besprachen sich, lobten, kritisierten. Der CIO für den Bund müsse her, sei wichtig für Interoperabilität in der Verwaltung und die Verankerung im BMI und Bundeskanzleramt sei richtig, allerdings habe man nachgeordnete große Bundesbehörden zu wenig berücksichtigt, die Kompetenzen des CTO würden möglicherweise nicht ausreichen und der Dialog des Bundes mit Ländern und Kommunen sei nicht so wirklich im Gange.
Und dann das Desaster, denn das Ursprungskonzept von McKinsey und Co wurde noch einmal grundlegend umgebaut. „Heute ist das ursprüngliche Konzept bis zur Unkenntlichkeit entstellt“, beschwert sich Thomas Langkabel vom IT-Dienstleister CSC im Namen der Initiative D21. Den Bundes-CIO gebe es nicht mehr, eine klare Stimme nach Außen und Innen sei nicht mehr möglich. Denn man habe einen starken Bundes-CIO auf dem Altar des Artikel 65 Grundgesetz geopfert, der die Ressorthoheit für die Ministerien festlegt. Und da es an Juristen in Bundesbehörden sicher nicht mangelt, wird dies auch zukünftig wohl sehr konservativ ausgelegt werden.
Jedes Ministerium soll also, so sieht es der aktuelle Plan vor, einen eigenen neuen CIO bekommen. Der ist jedoch nicht verpflichtet, den Weg des Bundes-CIOs mitzugehen und dessen avisierte übergeordnete Standards einzusetzen. In einem „Führungsrat“ sollen sich die Ressort-CIOs künftig treffen, um künftige IT-Strategien zu diskutieren und zu verabschieden. Das erinnert an IT-Steering-Commitees in der Industrie. Mit einem Unterschied: Im Bund hat niemand den Hut auf. Denn dem Führungsgremium, das eine Art Nachfolgemeeting für den IMKA (Anm. der. Red: Interministerieller Koordinierungsausschuss für die Informationstechnik in der Bundesverwaltung) ist, sitzt offenbar niemand vor. Das heißt: Einigt man sich nicht im Konsens, wird eben weiter gemacht wie bisher. „Ein fauler Kompromiss“, kommentierte Langkabel von der Initiative D21, „eigentlich nur alter Wein in alten Schläuchen.“
Der IT-Bundesverband Bitkom drückt es dann so aus: „Wir empfehlen, diese Position auf höchster politischer Ebene anzusiedeln, einer einzelnen Person zu übertragen … und mit klaren Entscheidungsbefugnissen über die Ressortgrenzen hinweg“, lautet das offizielle Statement. Der designierte Bundes-CIO Hans Bernhard Beus wird jedoch das Amt des Bundes-CIOs nebenbei mitmachen, im Bundesinnenministerium, in das er nach dem Ausscheiden von Johann Hahlen wieder zurückkehren wird, jedoch seinen üblichen Aufgaben als Staatssekretär nachkommen.
Um auch hier einen Vergleich aus der Industrie heranzuziehen, sei gesagt, dass das in großen Unternehmen durchaus nicht unüblich ist, einen Vorstand mit einigen Ressorts wie etwa Finanzen auch die IT zuzustecken. Der Unterschied ist allerdings, dass der Vorstand in einem Unternehmen die erste Hierarchiebene repräsentiert, ein Staatssekretär ist hingegen gewissermaßen ein Zuarbeiter des Bundes-Vorstands.
Brancheninsider sehen schon diesen Schritt als wichtigen Anfang an. Nach und nach, so deren Hoffnung, werde die Macht des Bundes-CIO schon ausgeweitet werden. Vielleicht wäre das der richtige Schritt, um künftig warnende Zeigefinger des Bundesrechnungshof vorzubeugen, die in diesem Jahre etwa für das Bundeswehr-Mega-Projekt Herkules Verschwendungen in Millionenhöhe anprangerte.