Mehr Effizienz, reduzierte Kosten und gewonnene Zeit bei der Wartung. Das zählt auch im Ölbohrgeschäft. Vor allem, seitdem die Industrie nicht mehr so viel verdient wie einst.
Die Wartungskosten sollen runter
Beim dänischen Ölförderer Maersk Drilling setzt der CIO Jesper Hansen auf das Internet der Dinge. "Wir zapfen die schon vorhandenen Daten auf unserer Ölbohrplattform an, um unsere Wartungskosten erheblich zu senken", sagte er am Rande der Konferenz "Minds + Machines Europe 2017" des US-Mischkonzerns General Electric (GE) in Berlin. "Zudem wollen wir so unsere Öl-Bohrprozesse weiter optimieren."
Auf den Öl-Plattformen in der norwegischen Nordsee gibt es schon seit vielen Jahren 20.000 bis 40.000 Sensoren, deren Daten jedoch bisher "lediglich dazu genutzt wurden, um einen Alarm auszulösen, wenn etwas völlig schiefgegangen ist", so Hansen.
Asset-Performance-Management-Lösung
In Zukunft solle mit den Daten Geld verdient - oder besser eingespart - werden. Erprobt wird das Projekt nun seit Anfang des Jahres im Zusammenspiel mit "SeaStream Insight". Das ist die von GE entwickelte Predix-basierte Asset-Performance-Management-Lösung (APM) für maritime Zwecke. Predix ist die von General Electric entwickelte Cloud-Plattform (Platform-as-a-Service, PaaS), die speziell auf die Analyse von Industriedaten ausgerichtet ist.
Ihr Vorgehen haben die CEOs der beiden Firmen bei einem Gespräch Ende des vergangenen Jahres beschlossen. Auch jetzt würde zunächst nur ein Bruchteil der vorhandenen Daten genutzt, vor allem um frühzeitig später auftretende Fehler zu erkennen, die dann schnell vom Wartungsteam behoben werden können. Feste Wartungsintervalle gibt es damit nicht mehr.
Predictive Maintenance für den Öl-Bohrturm
"Predictive Maintenance für unseren Öl-Bohrturm ist am wichtigsten, denn das ist die Hauptkomponente der Bohrinsel", sagte CIO Hansen. Für die vorausschauende Wartung arbeiten Maersk und GE mit einem so genannten Digital Twin, einem virtuellen Abbild der Maschine, das als Software-Repräsentation auf dem Computer beziehungsweise in der Cloud zur Verfügung steht. GE verwaltet praktischerweise in seinem gesamten Portfolio bereits rund 800.000 digitale Zwillinge.
Gespeist von den bei GE vorhandenen allgemeinen Kontrolldaten über Bohrwerkzeuge kann das digitale Modell Daten-Abweichungen von der Normalität schnell erkennen und anzeigen. Verschleißwerte, Belastungen und Verbrauchszyklen kann es so einfach errechnen, Wartungen frühzeitig beauftragen, teure Reparaturen und vor allem Ausfälle werden weitestgehend vermieden.
"Wir stehen vor einem wichtigen Meilenstein"
CIO Hansen hat das Pilotprojekt zunächst auf einer Maersk-Öl-Bohrplattform vor der norwegischen Küste eingesetzt, jetzt folgt die zweite. "Wir stehen gerade vor einem wichtigen Meilenstein, weil wir jetzt die erste Datenanalyse zurückbekommen werden", sagte Hansen. "Es sieht aber so aus, dass wir damit eintretende Fehler drei Wochen bis drei Monate vorher prognostizieren können", sagte der CIO. "Das würde uns reichlich Zeit geben, die Wartung zu planen."
Auch wenn Maersk bis jetzt nur wenige der Sensoren nutzt, nach und nach sollen immer mehr Datenpunkte dazukommen. Das Pilotprojekt wird zeigen, dass und wie sich die Zusammenarbeit mit GE rechnet. Die Mitarbeiter von GE und Maersk hoffen auf eine Senkung ihrer allgemeinen Instandhaltungskosten um 20 Prozent.
GE-Lösung als Software-as-a-Service
Tim Schweikert, CEO des GE-Bereichs Marine Solutions, sagte zum Business-Modell: "Wir verkaufen unsere Lösung als Software-as-a-Service. Beide Seiten sollen etwas davon haben." Hansen rechnet mit einem Payback der Investitionen innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Jahren. Das liegt auch daran, dass im Ölbohrgeschäft auf See kostspielige Vermögenswerte verwendet werden, bei denen auch kurze Ausfallzeiten rasch teuer werden.
Warum hat Maersk nicht vorher schon auf Predictive Maintenance gesetzt? "Wir hatten in der Öl- und Gasindustrie stetiges Wachstum, uns ging es immer sehr gut. Doch mit dem Verfall des Ölpreises haben sich die Dinge komplett gedreht", sagte Hansen. In der heutigen Marktsituation werden Kostenfaktoren immer wichtiger. Jetzt versuchen die Konzerne, signifikant deutlich effizienter zu werden. "Die Wartungskosten spielen bei uns eine sehr große Rolle, es geht dabei um Millionen."
Nach dem ersten Treffen der CEOs von Maersk und GE kamen die Führungskräfte zu einem zweitägigen Workshop zusammen, auch um dieses Kostenproblem zu lösen. Bald wird das Ergebnis vorliegen, hoffen die Beteiligten.
Wem gehören die Daten?
In Folge des Pilotprojektes tauchten aber auch Probleme auf. Hansen: "Die Sensordaten lagen nicht in einem einheitlichen, validen Format vor, das wir einfach so nutzen konnten. Und eine weitere wichtige Frage, die im Zusammenhang mit Big Data und IoT oft zu hören ist, ist auch noch nicht vollständig geklärt. Hansen: "Wem gehören eigentlich die Daten? Uns oder den Verkäufern und Designern der von uns genutzten Maschinen? Darüber wird immer wieder diskutiert", sagt er.
Wenn der nächste Meilenstein genommen ist, sollen die Daten zusätzlicher Geräte angezapft und das Projekt auf weiterer Bohrinseln- und -Schiffe ausgeweitet werden. Die Mitarbeiter bei Maersk - vor allem diejenigen in der Wartung - müssten dann umlernen. CIO Hansen: "Wir müssen alte Denkweisen verändern und gut erklären, warum wir nicht mehr zu festen Zeiten warten, sondern uns beim Predictive Maintenance auf die von den Sensoren gelieferten Daten verlassen."
Dabei kommt es auch auf ein gutes User-Interface an. Schweikert: "Auch wenn die Technik perfekt sein mag. Wenn sie von den Mitarbeitern letztlich nicht akzeptiert wird, kann das Ganze leicht ein Fehlschlag werden."