Fast jedes Unternehmen hierzulande bereitet Daten in einem Data Warehouse auf. 86 Prozent der Firmen tun das laut einer aktuellen Befragung des Business Application Research Centers (BARC) unter 200 Entscheidungsträgern. Data Warehouses sind also weit verbreitet. Aber lohnt sich ihr Einsatz? Die weiteren Ergebnisse der Studie klingen derart ernüchternd, dass massive Zweifel berechtigt erscheinen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass offensichtlich jedes zweite Projekt scheitert. Viele Firmen erreichen ihre Ziele schlichtweg nicht. Primäres Ziel ist mit weitem Abstand die Stärkung des Vertrauens in die Daten. 82 Prozent der Anwender bezeichnen das als äußerst wichtig. Aber nur 51 Prozent geben an, dieses Ziel mit Hilfe eines Data Warehouses erreicht oder sogar übertroffen zu sein.
51 Prozent – das klingt durchwachsen, wenn nicht schlichtweg schlecht. Dabei ist es laut Studie der beste Zielerreichungswert überhaupt. Lediglich etwa zwei Fünftel erfreuen sich dank Data Warehouse an der gewünschten Unterstützung von Planungsprozessen, einem ausreichend schnellen Berichtswesen und einer flexiblen Berichterstellung für Fachanwender. Nur 36 Prozent erreichen die Ziele höhere Kundenzufriedenheit und Steuerung operativer Prozesse. Dabei werden alle Ziele außer dem Vertrauen in die Daten von maximal einem Viertel der Befragten überhaupt als solche formuliert.
Zielerreichung ist absolut unbefriedigend
„Die Zielerreichung von Data-Warehouse-Projekten kann absolut nicht als befriedigend bezeichnet werden“, kommentiert BARC-Geschäftsführer Carsten Bange. „Auch die genannten Herausforderungen hinsichtlich Datenqualität, Agilität, Integration wichtiger Fachbereiche oder übergreifender Auswertbarkeit werden Anwender weiter am Konzept hin und wieder zweifeln lassen und Betreibern große Kopfschmerzen bereiten.“
Völlig vernichtend fällt das BARC-Fazit indes nicht aus. „Trotz aller Mängel und Herausforderungen von Data-Warehouse-Systemen schneiden die Alternativen, wie informelle Organisation von Daten oder die Nutzung der operativen Systeme in vielen Aspekten schlechter ab“, so Bange weiter.
Warehouse-Alternativen noch schlechter
Fast alle Befragten betrachten das Data Warehouse als wichtig oder sogar kritisch für ihr Unternehmen. Neben oder anstatt eines Data Warehouse nutzen 52 Prozent informelle Datenbestände, ein Viertel hat unabhängige Data Marts aufgebaut. 92 Prozent verwenden klassische Datenbanken. Die Hälfte der Unternehmen setzt analyseoptimierte Datenbanksysteme ein, wobei zwei Fünftel einen Mischansatz aus klassisch und analyseorientierten Datenbanken bevorzugen. Nur 8 Prozent arbeiten ausschließlich mit Analytischen Datenbanken.
Mehr als die Hälfte der Befragten aus den IT-Abteilungen gibt an, dass das Datenvolumen ihrer Nutzdaten im Data Warehouse mehr als ein Terabyte beträgt. 96 Prozent der Befragten sagen, dass die Daten für Berichtswesen und Analyse gestiegen sind. In über 70 Prozent der Unternehmen haben weniger als 20 Prozent der Mitarbeiter Zugriff auf die Daten aus dem Data Warehouse. Es gibt aber auch eine kleine Gruppe von Unternehmen, die mit mehr als 75 Prozent der Mitarbeiter intensiv Data Warehousing betreibt. Eine Zunahme der Nutzerzahlen wird erwartet – insbesondere in Unternehmen der IT-Branche, der verarbeitenden Industrie sowie in Chemie- und Pharmaunternehmen.
IT-Abteilung versus Fachbereich
Die größten Herausforderungen werden von IT-Seite anders bewertet als von den Anwendern in den Fachbereichen, wie die Studie zeigt. Jeweils rund 55 Prozent der IT-Verantwortlichen nennen hier Datenqualität sowie die Umsetzungsgeschwindigkeit von Anforderungen. Den Fachbereichen brennt die Agilität deutlich mehr unter den Nägeln und wird von 63 Prozent genannt, die Datenqualität hingegen nur von 51 Prozent.
Ferner nennen 39 Prozent der Befragten aus der IT die fehlende Integration von Fachbereichen und 42 Prozent der Befragten aus den Fachbereichen die Abfrage-Performance. Daneben werden fehlende fach- und prozessübergreifende Auswertungen als dringliches Problem betrachtet. Als derzeit relevante Trendthemen nennen drei Viertel das Stammdatenmanagement, 63 Prozent den Zugriff über mobile Endgeräte und 58 Prozent die Echtzeit-Verarbeitung von Daten.
Die teilweise überaus haarigen Befunde der Befragung dürften die aktuell ohnehin hitzige Debatte darüber weiter anfachen, ob Data Warehouse noch zeitgemäß sind. „In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die den Aufbau und Einsatz von Data Warehouses in Frage stellen und nicht mehr als sinnvoll erachten“, heißt es in der Studie.
Die immer dynamischer werdenden Anforderungen an das Geschäftsleben erlaubten es demnach nicht mehr, die Zeit für eine strukturierte Sammlung und Aufbereitung von Kennzahlen für Entscheidungen in gesicherten, aber dadurch auch langwierigen Prozessen aufzubringen. „Zu unflexibel, zu teuer und zu langsam sind die immer wieder vorgebrachten und sicherlich auch teilweise zutreffenden Kritikpunkte für Data Warehouse-Systeme“, so BARC. Als Pro-Argumente sprechen hingegen unter anderem Qualitätssicherung der Daten und das Streben nach effektiver Data Governance erst einmal für das Konzept Data Warehouse.
Ratschläge für erfolgreiche Data Warehouse-Projekte
Wie aber gelingt es den Anwendern, diese Ziele auch wirklich zu erreichen? BARC hat einige Empfehlungen für den Erfolg von Data Warehouse-Projekten zusammengestellt. So sollten tunlichst realistische Ziele angesetzt werden. Datenqualität und Agilität gehören weit oben auf die Agenda. „Wesentlichen Einfluss haben das Systemdesign mit Datenmodell und Datenlogistik, aber auch die Organisation, insbesondere die Prozesse zur Erfassung, Priorisierung und Umsetzung neuer Anforderungen“, schreibt BARC. Der richtige Werkzeugeinsatz könne die Umsetzungsgeschwindigkeit erhöhen. Möglichkeiten für Anwender, eigene Datenbereiche in „Sandboxes“ temporär zu betreiben, eigene Berichte in Ad-hoc-Berichtswerkzeugen umzusetzen oder eigene Datenquellen lokal integrieren zu können, erhöhen nach Ansicht von BARC die Umsetzungsgeschwindigkeit bestimmter Anforderungen.
Hinsichtlich Performance und Skalierbarkeit sollte außerdem vor allem auf die Entwicklung der Datenmengen geachtet werden. „Systeme sollten von Anfang an auf Erweiterungsfähigkeit ausgelegt sein, zum Beispiel durch entsprechende Datenbankarchitekturen mit Parallelisierung oder modular wachsenden Storage-Systemen“, so die Analysten. Im Zweifel vergrößerten sich die Datenmengen im Data Warehouse schneller, als zu Beginn von Projekten gedacht. Ferner rät BARC dazu, Silo-Architekturen aufzulösen, ein einheitliches Stammdatenmanagement zu schaffen, Analytische Datenbanken zu evaluieren und die Nutzerbasis zu verbreitern. Denn Data-Warehouse-Technologie könne nicht nur für den Bereich Finance/Controlling und für den Vertrieb, sondern auch für alle anderen Fachbereiche eine wichtige Basis der Steuerung sein.
Die Studie „Data Warehousing 2011 – Status Quo, Herausforderungen und Nutzen“ ist bei BARC erhältlich. Sie wurde gesponsort von pmOne und HP.