Wer hätte das gedacht: Google Wallet, Digita Wallet und andere Methoden, die auf dem kontaktlosen Bezahlen (NFC, Near Field Communication) aufsetzen, waren für einige Anbieter und Analysten schon die sicheren Totengräber des Bezahlens mit Bargeld und Kreditkarte. Doch klamm und heimlich ist ein neuer Konkurrent am Horizont aufgetaucht, der Smartphones und Kreditkarte miteinander kombiniert. Das könnte die schon totgesagte Kreditkarte nicht nur zu neuem Leben erwecken, sondern ihr erst ganze Märkte so richtig erschließen.
Zum Beispiel den in Deutschland. Denn anders als in den USA sind Kreditkarten hier noch keineswegs allgemein durchgesetzt. Das Misstrauen ist groß, und unzählige Betrugsgeschichten machen immer wieder die Runde, zu Recht oder zu Unrecht. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger (57 Prozent) bezahlen lieber bar, wenn sie etwas vor Ort einkaufen. Mit der neuen Technologie, die das unkomplizierte Bezahlen mit Kreditkarte auch bei kleinen Geschäften oder Dienstleistern erlaubt, könnte sich das ändern.
iPhone-Aufsatz für Kreditkarten von Square
Als Pionier bei der Einführung des neuen Terminals für Kreditkarten gilt das amerikanische Start-up Square. Bereits 2009 ist es mit einem Aufsatz für das iPhone herausgekommen, durch das praktisch überall – Netzverbindung vorausgesetzt – Kreditkarten durchgezogen werden können. Solche Geräte, die es inzwischen auch von anderen Anbietern gibt, kosten etwa 10 Euro oder werden kostenlos ausgegeben. Den Square-Aufsatz plus Software gibt es für iPhone, iPad und Android-Geräte.
Square und andere bekommen für jede getätigte Abbuchung einen Betrag von ungefähr 2,7 bis 2,9 Cent (US- oder EU-Währung), werden also nach dem klassischen Inkassoprinzip auf diesem Sektor bezahlt. Der Kunde unterschreibt mit dem Finger auf dem digitalen Gerät.
Square hat bereits die vierte Runde der Finanzierung durch Venture Capital hinter sich – zuletzt haben Investoren 200 Millionen Dollar angelegt. Das Unternehmen wird inzwischen mit der stattlichen Summe von 3,25 Milliarden Dollar bewertet, bei einem Jahresumsatz von 200 Millionen Dollar. Das Geschäftsmodell setzt auf viele kleine Unternehmen, die sich keine größeren Terminals und Verträge mit den etablierten Kartengesellschaften leisten können. Zunehmend spielen aber gewichtigere Partner eine Rolle: Square arbeitet in den USA zum Beispiel mit Starbucks und AT&T zusammen. Eine Expansion in Richtung ausländische Märkte ist geplant.
Herausforderer Sumup, Payleven und iZettl
Dort tummeln sich bereits lokale Anbieter, die das Geschäftsmodell nachahmen. In Deutschland sind das nach einem Bericht der FAZ zum Beispiel Sumup, Payleven und demnächst wohl das schwedische Unternehmen iZettle. An Sumup ist auch Tengelmann Ventures beteiligt.
Die klassischen Kreditkartenausgeber Visa und Mastercard sowie Paypal sehen in den Taschenterminals eine Chance, ihre Marktanteile und überhaupt das Bezahlen mit Karte oder via Paypal noch populärer zu machen. Das gilt auch für die USA, wo das ehemals stark verbreitete Bezahlen mit Scheck aus der Mode gekommen ist. Außerdem führen Visa und die anderen natürlich einen Abwehrkampf gegen Google Wallet und ähnliche Ansätze. Fast alle arbeiten intensiv mit den diversen Start-ups zusammen, und Visa ist sogar direkt an Square beteiligt.
Apple unterstützt Kreditkartenfraktion
Eine indirekte Unterstützung erhält die Kreditkarte durch Apple. Das am 19. September vorgestellte neue Apple-Tool "Passbook" verzichtet bisher darauf, den Weg eines Digital Wallet zu gehen. Es enthält Funktionen wie das Sammeln von Punkten aus Kundenkarten und man kann dort Coupons, Geschenkkarten oder Eintrittskarten abspeichern. Bezahlen aber ist damit (noch) nicht möglich. Offenbar geht man bei Apple davon aus, dass die Konsumenten im Moment lieber bar oder mit Kreditkarte bezahlen wollen.
Für die weitere Entwicklung und den Kampf um die Bezahlsysteme dürfte entscheidend werden, wie zuverlässig die neuen Technologien tatsächlich im täglichen Einsatz sind. NFC zum Beispiel gibt es schon seit über zehn Jahren, von einem Durchbruch ist diese Technologie aber noch immer weit entfernt.