Stockholm an einem Wochenende Anfang Juli. Rund 25 junge Frauen treffen auf eine Gruppe von Projektleiterinnen, Beraterinnen und Beratern sowie einer Partnerin von McKinsey. Die Unternehmensberatung hat zum Recruiting-Workshop „Mit Frauen rechnen“ eingeladen.
Die Atmosphäre ist locker, im Gegensatz zu einem Assesment-Center gibt es keinen Druck für die Teilnehmerinnen, sich besonders hervorheben zu müssen. "Wir wollen den Frauen in erster Linie die Möglichkeit bieten, die Arbeit von McKinsey näher kennenzulernen“, erklärt Alena Kretzberg, Projektleiterin bei McKinsey und Mit-Organisatorin der Veranstaltung. Zwar arbeiten die hier versammelten Frauen an einer typischen Fallstudie, doch eine Bootsfahrt zum königlichen Schloss oder ein Stadtbummel sorgen dafür, dass das Ereignis einen entspannten Eindruck hinterlässt.
"Wir wollen die Top-Leute haben, da können wir es uns nicht leisten, auf Frauen zu verzichten", sagt Alena
Kretzberg. Doch die Unternehmensberatung hat ein Problem: Die Damen bewerben sich nicht. Nur wenige, so die Erfahrung, kommen überhaupt auf die Idee, eine Karriere als Consultant zu machen. Noch spärlicher wird es im Bereich der IT-Beratung, wie sie das Business Technology Office (BTO) leistet. 14 Prozent seiner Truppe waren weiblich, als der ehemalige McKinsey-Deutschland-Chef Jürgen Kluge die "Women-Initiative" ausrief. Das war 2005. Auf 30 Prozent wolle man diese Zahl mittelfristig erhöhen.
Karrierebremsen abgeschafft
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, bauten die Personalverantwortlichen zunächst die klassischen Karrierebremsen für Frauen ab. Als erste Unternehmensberatung Deutschlands gründete McKinsey eine eigene Kinderkrippe und ermutigte die Frauen mithilfe flexibler Arbeitszeiten und der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit, trotz Kindern an ihrer beruflichen Karriere zu arbeiten. Parallel starteten die Spezialangebote für Hochschulabsolventinnen, um ihnen das Unternehmen schmackhaft zu machen.
Mit seinen Bemühungen um die Weiblichkeit steht McKinsey keineswegs alleine da. Das Thema ist längst in den Top-Etagen deutscher Konzerne angekommen. Frauen, so gibt Haniel-Chef Eckhard Cordes im Wirtschaftsmagazin "Capital" zu Protokoll, besäßen "Persönlichkeitskomponenten, die ihnen helfen, Konflikte besser zu lösen als Männer". Bertelsmann-Kollege Gunter Thielen ergänzt: "Es wäre falsch, wenn wir das Potenzial der Frauen dem Unternehmen vorenthalten würden. Dies können wir uns schlicht nicht leisten." Und auch Henkel-Vormann Ulrich Lehner ist überzeugt, dass mehr Managerinnen gut fürs Geschäft sind: Vielfalt bedeute "wirtschaftliche Stärke".
Da ist er also, der wahre Grund für die Frauenfreundlichkeit der Unternehmen. Wirtschaftlich sinnvoll sind die Bemühungen und keineswegs eine Renaissance des Geschlechterkampfes der siebziger Jahre. Vielfalt und Wirtschaftlichkeit sind auch die Ursachen für McKinseys Bemühen. Studienhintergrund, Nationalität und Geschlecht sind die drei Zutaten, um eine bunte Mischung in den Beraterteams zu erhalten. Denn es gilt als belegt: Gemischte Teams erzielen bessere Ergebnisse.
"Die Kollegen empfinden es als angenehm, wenn eine Frau dabei ist“, bestätigt Alena Kretzberg, die im BTO von McKinsey arbeitet. Auch für Klienten kann es von Vorteil sein, mit einer Frau zusammenzuarbeiten. Kretzberg: "Frauen bringen häufig andere Perspektiven bei der Problemlösung ein."
Wesentlich interessanter als die weichen Faktoren bleiben für McKinsey jedoch die harten Fakten: Immer mehr Frauen schließen ein Hochschulstudium ab (2006 lag die Quote bei 52 Prozent). Damit nicht genug, weisen sie meist auch noch die besseren Noten vor als ihre männlichen Kommilitonen.
"Natürlich wurde die "Women Initiative" innerhalb des Unternehmens anfangs stark diskutiert“, erinnert sich Projektleiterin Kretzberg. Dass eine Frau allein wegen ihres Geschlechts einen Job bei McKinsey bekommt, weist sie jedoch zurück. "Wir nehmen die Besten - egal ob Mann oder Frau." Und auch gezahlt wird dasselbe - die böse Vermutung, Frauen erhielten weniger Geld, kann McKinsey getrost verneinen.
McKinsey macht nur kleine Schritte
Auf eine Frauenquote von 17 Prozent hat es Deutschlands Top-Beratung mittlerweile geschafft. "Das ist vielleicht nur ein kleiner Schritt", so Kretzberg, „aber er geht in die richtige Richtung. Und das Schöne ist: Auch die Männer haben etwas davon. Sie können ihre Kinder in die Krippe bringen, in Vaterzeit gehen oder von zu Hause aus arbeiten, etwa wenn der Nachwuchs krank ist. Dieser Schwenk war für die Berater ganz einfach: Die Initiative wurde kurzerhand in "Women&Family" umgetauft.