Erich Kellerhals ist 74 Jahre alt. Aber das ist für den Mitbegründer und Minderheitsgesellschafter von Europas größter Elektronikmarktkette Media-Saturn kein Grund, einen Gang zurückzuschalten. Im Gegenteil: Zurzeit ist der Unternehmer dabei, in dem seit Jahren andauernden Kampf um die Macht bei Media-Saturn den Druck auf Mehrheitseigentümer Metro noch einmal zu erhöhen.
"Die Zeit drängt. Das Unternehmen leidet", sagte der 74-jährige Unternehmer in einem Interview des "Handelsblatts" (Mittwoch). "Wenn wir keine Lösung finden, geht es mit Media-Saturn weiter bergab." Kellerhals appellierte an alle Beteiligten: "Wir müssen einen Weg finden, den alle gehen können und wollen: Metro-Aktionäre, Metro-Vorstand und meine Familie."
Doch nicht irgendeinen Weg: Kellerhals ließ wenig Zweifel daran, dass er es am liebsten hätte, wenn die Metro sich aus dem Unternehmen zurückziehen würde. "Unsere Unternehmensphilosophien klaffen inzwischen weit auseinander", sagte er und schloss gleichzeitig den eigenen Rückzug aus dem Unternehmen aus: "Ich will meinen Einfluss im Unternehmen behalten." Die Metro hält zwar einen 78-Prozent-Anteil an der Elektronikkette. Doch verfügt Mitbegründer Kellerhals nach wie vor über ein Vetorecht in der Gesellschafterversammlung.
Kellerhals hatte bereits vor Wochen angekündigt, er wolle Media-Saturn mit Hilfe einer Investorengruppe von der Metro zurückkaufen. Nach "Handelsblatt"-Informationen lässt er sich dazu seit Ende 2013 von der US-Bank Morgan Stanley beraten. Doch Metro-Chef Olaf Koch hatte noch in der vergangenen Woche abgewunken. Erstens liege bislang kein Angebot vor, und zweitens wolle sich der Metro-Vorstand zurzeit eigentlich nicht von der Tochter trennen: "Wir sehen bei Media-Saturn großes Wertsteigerungspotenzial."
Tatsache ist: Der Metro-Tochter geht es im Moment nicht gut. Der Boom der Online-Konkurrenz hat die Elektronikmärkte kalt erwischt. Zwar versucht das Unternehmen inzwischen, mit einer Cross-Channel-Strategie, die Online-Handel und stationäre Angebote verbindet, verlorenen Boden gut zu machen. Doch von alter Stärke ist das Unternehmen weit entfernt. Deshalb wäre ein Verkauf wohl längst nicht mehr so lukrativ wie vor einigen Jahren.
Ob sich Kochs Wunsch, an Media-Saturn festzuhalten, erfüllen wird, ist trotzdem ungewiss. Denn die Idee, die Metro solle sich rasch von ihrer Beteiligung an Media-Saturn verabschieden, findet inzwischen etliche Befürworter.
Auch für Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment steht fest, "dass die Metro Media-Saturn verkaufen muss und zwar nicht irgendwann, sondern in den nächsten zwei bis drei Jahren". Das Marktsegment habe seinen Höhepunkt überschritten und stehe massiv unter Druck. Hier würden enorme Managementkapazitäten gebunden, obwohl der Konzern genug andere Baustellen habe, um die er sich kümmern müsse.
"Natürlich kriegt man derzeit nicht viel für Media-Saturn, aber die Frage ist, bekommt man in der Zukunft mehr", meinte Speich. Denn es könne ja sein, dass es dem Elektronikhändler bald noch schlechter gehe. Auf diese Möglichkeit deute das Beispiel der Elektronikkette Best Buy in den USA hin, wo die Marktentwicklung schon weiter sei. "Dort hat der Niedergang angehalten", warnte Speich.
Auch Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist für einen Rückzug der Metro. "Es wäre gut, wenn man den gordischen Knoten durchschlägt", sagte sie. Für sie wäre die beste Lösung ein Börsengang von Media-Saturn.
Der Metro-Konzern und Kellerhals liefern sich seit mehr als drei Jahren einen erbitterten Machtkampf. Damals versuchte die Metro, das Vetorecht des heute 74-jährigen in der Gesellschafterversammlung durch die Einrichtung eines Beirats zu untergraben, und provozierte damit einen Grabenkrieg mit dem Minderheitsgesellschafter, der Media-Saturn seitdem zu lähmen droht. Denn für Kellerhals ist Media-Saturn mehr als nur ein Investment, wie er dem "Handelsblatt" sagte: "Mein Herz hängt daran. Ich werde nicht aufgeben." (dpa/rs)