Medaillen, Jubel, Rekorde und dann noch ein musterhaftes Projektmanagement - die Olympischen Spiele 2012 in London wurden als erfolgreiche Veranstaltung gepriesen. Faktisch überzog das Projekt den Etat um 118 Prozent. Immer noch weniger als das Projekt Drei-Schluchten-Staudamm in China. Es lag 402 Prozent drüber.
Diese Beispiele führt der Unternehmensberater Roland Berger in der Studie "Keep your megaproject on track" an. Die Consultants haben knapp 1000 solcher Vorhaben analysiert. Ergebnis: Neun von zehn Megaprojekten sprengen Geld- und Zeitrahmen. Im Schnitt kosten sie 55 Prozent mehr als geplant.
Megaprojekte sind für Roland Berger beispielsweise Flughafen-, Straßenbau- und Schieneninfrastrukturprojekte, aber auch große Beschaffungsprogramme. Die Berater nennen sie "moderne Flaggschiffe der Industrie". Das Investitionsvolumen in den kommenden 15 Jahren kann Roland Berger nicht präzise beziffern, die Consultants sprechen von 30 - 75 Billionen Euro.
Schwierig ist das Umsetzen solcher hochkomplexen Megaprojekte schon deswegen, weil es meist kein vergleichbares Projekt aus der Vergangenheit gibt. Heiko Ammermann von Roland Berger spricht von einem "mehrdimensionalen Puzzle in einem sich ständig verändernden Umfeld", das Manager zu lösen haben.
Ein typischer Stolperstein: Fehler in Entscheidungsprozessen auf den niedrigeren Ebenen eines Projekts werden oft nicht über die Weisungskette kommuniziert. "Das führt zu einer zusätzlichen Fehlausrichtung der Puzzleteile des Projekts", sagt Ammermann.
Vier Faktoren entscheiden über den Projekterfolg
Insgesamt benennt Roland Berger vier Faktoren, die den Projekterfolg massiv beeinflussen:
Erstens die große erhebliche Komplexität solcher Projekte.
Zweitens ihr bahnbrechender Charakter, der zur Folge hat, dass kaum Standardverfahren zum Einsatz kommen und die jeweiligen individuellen Herausforderungen erst mit dem Fortschritt des Projekts ans Tageslicht kommen.
Drittens die Unvorhersehbarkeit von Umständen und Komplikationen, die sich weder vermeiden noch exakt vorausberechnen lassen.
Viertens kann sich die Dynamik der Akteure im Verlauf eines Projektes ändern.
Bessermachen soll es das Tool RADAR, das Roland Berger entwickelt hat. Das Kürzel steht für Rapid and Appropriate Decisions with Accurate Response. Das Wort Radar wird hier auch als Sinnbild dafür verwendet, dass Projektmanager folgende Punkte immer auf dem Schirm haben müssen: Technologie und Technik, Beschaffung, Regularien, Finance, Projektkontrolle, rechtliche Fragen, Marketing/Kommunikation und Gesundheits- sowie Umweltaspekte (HSSE). Dabei sind nicht nur Firmeninterna zu beobachten, sondern auch Interessen von Shareholdern und Stakeholdern und äußere Rahmenbedingungen, die sich ständig ändern können.
Das Dilemma der Projektmanager
Roland Berger ist bewusst, welches Dilemma Projektmanager zu bewältigen haben. Sie sollen schnell fundierte Entscheidungen treffen und können dabei nicht immer abwarten, bis sie alle Informationen über alle Aspekte einer Entscheidung durchgesehen haben.
Daher schreiben die Berater Big Data und Analyse- sowie Visualisierungs-Tools eine große Rolle zu. Sie sprechen sich für den Einsatz von Drohnen aus, um etwa Bauvorschritte beobachten zu können.
Herzstück des RADAR ist das sogenannte Executive Intelligence Office. Besetzt werden sollte es mit einer eher kleinen Gruppe aus Managern, die vor allem viel Erfahrung in der Umsetzung von Projekten mitbringen.